Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
Vom Netzwerk:
fahren?«
    »Perugia!«
    »Perugia, da müssen Sie ja nur auf die Autobahn Richtung Cesena und dann einfach auf die E45, die ist ab Monte Castello neu ausgebaut, in zwei Stunden sind Sie da!« Sie wünschte gute Fahrt.
    »Danke«, sagte Eva zu ihr auf Italienisch, »aber wir müssen seine Mutter noch vorher zum Zug bringen.« Sie zeigte auf Georg.
    »’elga, certo! «
    ’elga, ’elga. Meinen Namen kennt hier niemand, dachte Eva.
    Gemeinsam machten sie sich auf in Richtung Pool, schon von Weitem sahen sie eine blaue Gestalt auf einer der Liegen sitzen und meditieren.
    Georg griff sich an den Kopf. »Holt ihr sie, ich packe das Auto«, sagte er und kehrte um. Als Emil und Eva dicht vor Helga standen, schlug sie die Augen auf und lächelte.
    »Meine Geldbörse ist irgendwo bei mir, ganz nah.«
    »Sollten wir nicht doch noch mal gründlich in ihrem Zimmer suchen?«, fragte Eva Georg.
    »Lass mal, das gehört zu ihrer Taktik, ich kenne sie!«
    Ab Cesena fuhren sie auf die E45, am Himmel zeigten sich immer mehr Wolken, die Autobahn hatte einiges an Schlaglöchern zu bieten, es herrschte kaum Verkehr. Die bewaldeten Hügel wechselten sich mit Feldern ab, bald wurden die Wälder dichter und die Hügel höher, der Straßenbelag besser. Das Licht der Tunnel, in die sie in immer kürzeren Abständen fuhren, überzog das Innere des Autos mit einem matten Gelb. Im Wagen war es ruhig. Emil schaute aus dem Fenster, seine Haare rochen nach Chlor. Helga saß mit geradem Rücken und untergeschlagenen Beinen auf dem Vordersitz, ihr Kopf lehnte aufrecht an der Nackenstütze. Eva meinte, sie über dem Motorengeräusch leise schnarchen zu hören. Ihre klobige Gucci-Brieftasche lag gut sichtbar auf dem Armaturenbrett, Helga hatte sie kurz nach Forlì mit einem erstaunten »Da bist du ja!« zwischen den Sitzen hervorgezogen.
    Georg drehte am Radio herum, der Empfang wurde durch die vielen Berge gestört, schließlich legte er eine CD ein. Klaviermusik, angenehm dahinfließend, beruhigend wie ein breiter Fluss.
    »Noch neunzig Kilometer«, sagte er zu Eva. »In etwas mehr als einer Stunde müssten wir da sein. Wie sieht es mit einem Hotel für uns aus?«
    »Ich habe gestern keins mehr gefunden, in dem noch drei Zimmer frei sind. Es bleibt bei dreien, oder?«
    »Ja klar, du glaubst doch nicht, dass …«, mit einem kurzen Seitenblick vergewisserte er sich, dass Helga noch schlief, »dass die Dame hier heute noch weiterfährt!«
    »Die sind entweder alle ausgebucht, zu weit draußen oder indiskutabel. Und nirgends gibt es Parkplätze. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen.«
    »Nimm einfach das beste Hotel, das dir einfällt.«
    »Mir fällt da nichts mehr ein, unser Studium liegt schon achtzehn Jahre zurück. Wir haben damals in einer billigen Studentenbude gehaust und nicht nach teuren Hotels Ausschau gehalten.«
    Eva starrte auf ihr Tablet, auf dem sich die Seite des zuletzt aufgerufenen Hotels weder vor- noch zurückblättern ließ. Der Internetempfang verabschiedete sich immer mal wieder. Doch schon bald wichen die Berge zurück, waren jetzt nur noch als Hügelketten rechts und links in einiger Entfernung zu sehen. Die Sonne kam hinter den Wolken hervor und ließ die Felder der Ebene grün und weizengelb aufleuchten. Kling! machte es auf dem Sitz neben Eva. Sie hatten wieder ein Netz. Eine SMS von Jannis. Was wollte der denn? 1. Rom ist genial. 2. Die Mädchen sind hübsch. 3. Die Cafés sind cool. 4. Wünschte, du wärst hier. 5. Vergiss die Punkte 1 bis 3 und 5.
    Sei nicht so nett zu mir, du kleiner Idiot, dachte sie, doch sie grinste noch eine ganze Weile aus dem Fenster hinaus. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte, außer einer großen Sehnsucht, mit Georg ebenso unbeschwert lachen zu können wie mit Jannis, vielleicht.
    Sie griff nach Georgs Kladde, die aus der Tasche am Sitz vor ihr ragte, und blätterte ein wenig darin herum. Wenn Helga darin lesen durfte, warum nicht auch sie? Handgeschriebene Rezepte, Zeichnungen, ein paar aus Zeitschriften ausgeschnittene Fotos. Dazwischen plötzlich ein langer Text, erstaunt las Eva die ordentlich geschriebenen Zeilen:
    Cádiz, 15. Januar
    Der Schmerz und die Trauer fressen sich in meinen Körper. Er tut mir weh, verweigert sich und seine Aufgaben. Er will nicht essen, will nicht schlafen, entzündet sich überall.
    Immer wieder dieselben Gedanken: Ich hoffe inständig, dass das fünf Jahre andauernde warme Bad der Mutterliebe Emil eine ausreichende Grundlage gegeben hat, um ihn in

Weitere Kostenlose Bücher