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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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widerwillig auf das glanzlose Braun seiner Haare, welches das Sonnenlicht zu schlucken schien, ein untrügliches Zei chen für eine Tönung oder Schlimmeres. Nur an den Schläfen hätte er das Zeug sorgfältiger auftragen sollen, da schimmerte es grau.
    Georg drehte sich zu ihr um: »Hey!« Er hob zweimal kurz hintereinander die Augenbrauen. »Frag ihn bitte, was sein Spruch mit Milena, Emil und dem Geschenk bedeuten sollte.«
    Eva übersetzte.
    »Na, was wohl? Dass sie mir und der ganzen Welt ein Geschenk mit ihrem Double, dem kleinen Emil, gemacht hat!« Sergio stieß einen tiefen Rülpser hervor. Wo ist mein Weinglas geblieben? Ich brauche noch mehr Alkohol, dachte Eva, bevor sie Georg Sergios Antwort mitteilte.
    »Sergio! Was würde deine Frau sagen, wenn der große trombatore noch irgendwo ein Kind hätte?«
    Nur ein Versuchsballon, noch tappte sie im Dunklen.
    »Habe ich ja nicht!«
    »Woher weißt du das? Wenn du in den letzten Jahren so gut aufgepasst hast wie bei mir damals, könntest du doch noch das eine oder andere Kind gezeugt haben.«
    Sergio schüttelte heftig den Kopf. »Nein!« Nun grinste er völlig überzeugt. Du hast wahrscheinlich verdammt oft nur Glück gehabt, du Idiot, dachte Eva und streckte ihre Hand aus. Automatisch gab er ihr seine leere Flasche. Wie früher bei seiner Mutti. Eva verbarg den Träger seiner DNA lässig hinter ihrem Rücken. Gib mir dein benutztes Taschentuch, spuck mir dein olles Kaugummi oder den Knor pel aus dem Kotelett in die Hand, la mamma nimmt es dir ab, la mamma bringt das in Ordnung.
    »Wir sollten wieder in den Garten zurückgehen, Georg«, sagte sie, »die große Logikerin weiß jetzt, wie sie es anfangen muss. Außerdem ist sie blau.«
    »Ihr Assistent auch.«
    »Tolles Ermittlerteam, wir können uns gratulieren.«
    Und zu Sergio auf Italienisch: »Okay, ich habe nur Spaß gemacht, lass uns schauen, wie weit der Fisch ist. Ich hasse verkohlten Tintenfisch vom Grill.«
    Als Eva eine Stunde später vom Tisch aufstand, fühlte sie sich kaum mehr betrunken, dafür aber herrlich satt. Der grandiose Geschmack von Fisch und Petersilie, Olivenöl und Weißbrot würde hoffentlich noch lange auf ihrer Zunge und unter ihrem Gaumen haften. Sie sah, wie zufrieden Georg mal wieder sein ledernes Notizbuch tätschelte, in das er mit ihrer Hilfe ein paar Rezepte notiert hatte. Fischsuppe à la Rossini, Pollo in Potacchio, ein Huhn mit Zwiebeln und peperoncini , von dem nur noch abgenagte Knochen auf dem Tisch lagen, der berühmte Reiskuchen – eine reiche Ausbeute.
    Barbara, das Bambi mit den dunkel geschminkten Augen, saß auf dem Rattansofa, die grün lackierten Zehennägel um die Kante des kleinen Tisches gekrallt. Sie tippte etwas in ihr Handy ein und blickte nicht auf, als Eva vorbeiging. Ihr Daumen schien ein zusätzliches Gelenk zu haben, so schnell und wendig bewegte er sich auf den Tasten.
    »Barbara!«, rief eine weibliche Stimme vom Grill her über. »Hol deinem Vater mal eben seine Pillen aus dem Auto!«
    » Vaffanculo!«, murmelte die Gerufene und tippte unge rührt weiter. Vaffanculo, Sergio, dachte Eva, sie ist die Toch ter deines Freundes, du kennst überhaupt keine Grenzen mehr.
    Sie erwischte ihn im Haus, als er gerade aus dem Badezimmer kam. Er eilte hinaus, ganz eindeutig wollte er nicht mit ihr alleine sein, doch Eva hielt mit ihm Schritt. »Hier bei dir ist es wirklich wunderschön, Sergio!«, setzte sie an. »Emil liebt es und Helga auch, die beiden würden sich sofort für ein paar Tage einquartieren, da muss ich sie gar nicht erst fragen. Ich glaube, du weißt inzwischen, warum wir hier sind?«
    »No!?« Er blieb stehen.
    »Tja, wie soll ich anfangen? Er spricht nicht gern darüber, aber Georg hat Geldsorgen, auch in Deutschland ist die Krise schon lange angekommen.« Sie bemühte sich um einen ernsten Ton, dann lachte sie, als ob es ihr peinlich wäre. »Und sie geht auch nicht wieder …«
    Die Krise! Die kannte Sergio, er hatte ja selbst schon seinen Verkaufsstand an der Promenade in Pesaro schließen müssen. Die Leute kauften einfach nicht mehr so oft Fisch wie früher. Er blieb stehen, behielt dennoch seinen scheelen Blick.
    »Ich muss auch aufpassen, es reicht gerade so zum Leben«, bekräftigte er.
    »Es geht um Emil. Georg hat die ersten zehn Jahre rührend für ihn gesorgt, obwohl er nicht sein Vater ist. Da hat sich einiges angehäuft.«
    Sergios Blick war verwirrt. »Non è il padre, lui!?«
    Seine Augen schossen von Evas rechtem Auge zu

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