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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Begegnung an Krebs, ich weiß nicht mal, an was für einem. Irgendetwas wollte er wohl an mir wiedergut machen.«
    Helga nickte und tupfte sich mit ihrer Serviette den Mund ab.
    »Mit dem Geld im Rücken hatte er nicht das Gefühl, von seiner sehr gut verdienenden Frau abhängig zu sein, der er ja, trotz Kind, die Karriere ermöglicht hat. Nicht wahr, Emil?« Helga tätschelte seine Hand. »Und nimm doch mal die Kappe ab, wir sind in einem Restaurant!« Emil schüttelte den Kopf. Eva nickte ihm zu. Lass sie ruhig auf, die Chammis sind wichtiger als deine Oma. Sie nahm einen klei nen Happen von ihrer Dinkeltorte, die köstlich schmeckte.
    Helga verzog keine Miene. »Emil-Schatz, vergiss das mit der Kappe, holst du uns ein bisschen Brot vom Buffet, bist du so lieb? Aber nimm die Brotzange, nicht die Finger!« Emil legte seine Kuchengabel, mit der er versonnen in sei nem Schlangenkuchen herumgepickert hatte, hin, nahm den leeren Brotkorb und zockelte los zum Buffet, auf dem auch bruschette mit Olivenpaste und eine Auswahl verschiedener Wurstsorten angerichtet waren.
    Schnell beugte sich Helga zu Eva hinüber: »Wenn Georg mal jemand Neues kennenlernen sollte, muss sie ja nicht unbedingt wieder Geld haben, sondern könnte sich stattdessen mal um ihn kümmern.« Eva starrte ihr in die Augen, ihre waren genauso graublau und hell wie die von Georg, betont von einem reptiliengrünen Lidschatten. Ahnt sie etwas von Georg und mir?, fragte sie sich.
    »Ich habe deine Schwester geliebt, Eva, und das weißt du!« Helga legte theatralisch die Hand auf ihr tief gebräuntes Dekolleté. »Aber sie war immer die Hauptperson, alles drehte sich um sie, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie drehte hier, sie drehte dort, und Georg hat ihr fünf Jahre lang das Kind hinterhergetragen. So war es doch.« Sie lächelte Emil zu, der sich mit dem gefüllten Brotkorb zwischen den Tischen hindurchschlängelte. »Und deswegen war das mit der Erbschaft doppelt wichtig für ihn!«
    »Der Mann am anderen Tisch hat gerade gesagt, dass in der Wurst echte Leber von echten Tieren drin ist. Und faraona bedeutet Perlhuhn, und dass die ganz winzig klein sind und man manchmal noch kleinere Vögel, die Wachteln heißen, in sie hineinstopft! Ab heute esse ich kein Fleisch von Tieren mehr! Nur noch Salami.«
    »Mach das, wie du denkst, mein Schatz. Keiner zwingt dich«, sagte Helga zerstreut.
    »Hat er denn eine Neue?«, fragte Eva leise, damit Emil sie nicht hörte.
    »Ach, na ja, mir erzählt er ja nichts. Aber der Name dieser Nachbarin aus dem zweiten Stock, dieser Jenny, der fiel in letzter Zeit ziemlich häufig. Ich glaube, sie gefällt ihm. Sie ist dunkel, klein und fraulich. Dafür schwärmt er nun mal.« Helga nickte ihren Worten hinterher und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Weinglas, dem einzigen Alkohol auf dem Tisch heute Abend. Ein Stich der Eifersucht fuhr Eva zwischen die Rippen. Jenny, die Nachbarin. Diesmal ging es etwas schneller mit der Nachbarin als vor elf Jahren, wahrscheinlich hatte er schon längst eine Affäre mit ihr und war gestern Abend nur von der Sehnsucht nach ein bisschen Knutschen gepackt worden. Sie stocherte mit der Gabel in den Dinkelkörnern auf ihrem Teller.
    »Schmeckt es dir nicht?!« Georg beugte sich über ihre Schulter und legte seine Kamera auf den Tisch. » Tortino di farro , ein altes Rezept. Und die grünen Linsen, die müsst ihr unbedingt probieren, die wachsen auf einer Hochebene hier in der Nähe, die besten, zartesten in ganz Italien! Ich weiß, ich bin unhöflich, aber dieses Restaurant ist eine Offenbarung, alleine die ganzen alten Sachen hier an der Wand.« Er zeigte auf die schwarz angelaufenen Pfannen, Trichter und Töpfe, die über ihnen hingen. »Und in der Küche sind sie total nett! Jetzt kann ich in Ruhe essen.«
    »Hat dir keiner was geschenkt? Holzlöffel, Hauklötze, Forken oder Messer?«, fragte Eva.
    »Nein, aber ich habe denen gesagt, ich schicke dich gleich noch mal vorbei. Dann raff bitte zusammen, was du kriegen kannst, ja?!« Er setzte sich neben sie und streichelte mit seiner kräftigen Hand über ihren Oberschenkel, der notdürftig von dem neuen roten Kleid verdeckt war. Lass sie liegen, lass sie liegen, bat Eva inständig. Doch Georg musste ja sein Besteck nehmen. Musste sein Wasserglas nehmen, musste seine Stoffserviette auseinanderfalten.
    »Als was hast du mich angekündigt?« Eva sah, wie Helgas Ohren über den Tisch krochen, während sie scheinbar unbeteiligt ihre Kürbiscremesoße mit

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