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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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aber gehorsam seine Nase über den Korb. »Puuh«, rief er, »ich fühle mich wie im Wald!«
    Eva übersetzte dem älteren Besitzer hinter der Theke Emils Ausruf und ließ sich zwei rot gesprenkelte Knacker geben, die sie sofort aßen. Ein junger Mann in blütenweißen Kochklamotten kam aus dem Hinterzimmer, er war nicht sehr groß, sah aber mit der langen Schürze und den aufgekrempelten Ärmeln seiner Jacke kompetent und gleichzeitig attraktiv aus. Ein bisschen ähnelte er dem bekannten englischen Koch, von dem Eva jede Menge Kochbücher zu Hause hatte, aus denen sie aber nie kochte. »Wenn ihr reservieren wollt, heute Abend haben wir in unserer Osteria unser Buffet. Im La Lumera, gleich nebenan. Wir verwenden nur unsere eigenen Produkte, alles hausgemacht!« Eva nickte zögerlich, doch der Koch hatte sich schon Emil zugewandt. »Weißt du, was das ist?«, fragte er ihn auf Italienisch und hielt ihm auf der flachen Hand ein dreieckiges Stück Fleisch an einer Schnur unter die Nase. Es sah aus wie ein Stück Speck, an dem grünlicher Kräuterstaub haftete, der es leicht schimmelig wirken ließ.
    Emil schaute Eva fragend an. »Das nennt man barbozzo , und das hier budellacci! «, gab der Koch die Antwort. Er ließ etwas durch die Luft sausen, das wie ein dicker Peitschenriemen aussah.
    »Und was ist da drin?«, fragte Eva.
    » Barbozzo ist eine gepökelte, lange gereifte Schweine backe, budellacci sind geräucherte und gewürzte Kutteln. Probieren?!« Er lachte sie mit seinen warmen braunen Augen an und hielt ihr die sehr dünne Wurst hin. Eva über setzte nicht, worum es sich handelte, als sie selbst abbiss und auch Emil kosten ließ.
    »Budellatschi«, wiederholte Emil kauend, »ich glaube, die leckere Budellatschi würde Papa sofort fotografieren.«
    »Wir kommen um acht, mit vier Leuten, wenn das möglich ist«, sagte Eva. Emil hatte recht, diesen Laden musste Georg unbedingt sehen, und wenn die Osteria nur halb so urig eingerichtet war wie der Verkaufsraum, würden sie einen wunderbaren Abend verbringen und viele von den hier ausgestellten Spezialitäten probieren können.
    »Das freut mich, dass du noch mal wiederkommst! Ich werde es notieren«, sagte der Koch und reichte ihr die Hand.
    »Wir werden uns wohl nicht sehen, denn du stehst ja in der Küche …«, gab Eva zu bedenken und merkte plötzlich, dass er mit ihr flirtete.
    »Für die Frau mit der wunderschönen Stimme werde ich heute auch mal im Service vorbeischauen!«
    »Oh!« Eva spürte, wie sie rot wurde. Diese jungen, charmanten Typen hatten es in letzter Zeit auf sie abgesehen. Was war los? Irgendetwas schien sie auszustrahlen. Jetzt aber raus hier. Sie bezahlte die beiden Knacker und die angebissene Kuttelwurst und verließ mit Emil den Laden.
    »Eva, weißt du, warum ich heute die Kappe aufhabe und in diesem Urlaub nie verlieren darf?«, fragte Emil, während sie den Corso entlangliefen.
    »Nein!« Eva blieb stehen.
    »Ich habe hier die Fotos von meinen Chammis drin.«
    »Lass sehen!« Tatsächlich klebten die Bilder der Chamäleons Sandy und Theo unter dem Schirm seiner Baseballkappe. »Findest du das doof?«, fragte er leise. Eva merkte, dass unbedingt ein Lachen aus ihr herauswollte, doch damit wäre sie für immer in der Todesschublade der Verachtung bei Emil gelandet.
    »Nein! Überhaupt nicht. So sind sie immer bei dir.« Sie setzte ihm die Kappe wieder auf den Kopf. »Jetzt weiß ich auch, warum sie dir so wichtig ist und du so wütend über den alten Mann aus Neuseeland geworden bist. Und nun gehen wir ins Hotel und sagen Georg, dass wir heute Abend noch nicht nach Rom fahren können.« Bei diesem Satz war ihr überhaupt nicht mehr nach Lachen zumute. Wie würde es wohl sein, ihm nach der vergangenen Nacht wieder in die Augen zu schauen? War irgendetwas geklärt worden? Der Corso Vannucci kam ihr mit einem Mal schäbig vor, die Sätze, die Georg gesagt hatte, pathetisch. Sie war sicher, er würde sich kaum mehr an seine Worte erinnern.
    Die Luft in der Suite war abgestanden, die Vorhänge noch immer zugezogen, es roch nach vergorenem Alkohol, Schlaf und Männerschweiß. Georg saß in Boxershorts auf der Bett kante und lächelte ihnen schwach entgegen. »Sorry.«
    Gott sei Dank sieht er in diesem Schummerlicht und auf die Entfernung die Fältchen um meine Augen nicht, dachte Eva.
    »Es war mega, Papa!«, rief Emil. »Die Bahn war der Hammer, die fuhr von alleine, ich habe vorne gestanden, und es war ein Gefühl, als ob ich sie lenken

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