Orangentage
kocht ein Mittagessen für euch und ihr kommt im Schneckentempo!«
Darek löste sich von der Wand und kam zögernd auf sie zu. Im Inneren des Wohnzimmers hörte er wieder die weiche Stimme von Anton, jetzt sprach er aber zu leise, man konnte seine Worte nicht verstehen.
»Und Ema?«, fragte Marta, als Darek vor ihr stand. »Wo bleibt sie?«
Mit einer Kopfbewegung deutete er zur StraÃe. Er hatte keine Lust, zu antworten. Selbst Marta anzuschauen, war für ihn anstrengend genug. Ihre Anwesenheit ging ihm auf die Nerven, ihre Speisen mochte er nicht und ihr Ton rief bei ihm aufsässige Reaktionen hervor. Sie war erwachsen, und gegenüber Erwachsenen verhielt er sich meistens höflich, dennoch war er versucht, ihr den Mittelfinger zu zeigen. Wahrscheinlich würde sie ihn noch nicht einmal beim Vater verpetzen. Eher würde sie alles daransetzen, allein mit ihm fertigzuwerden. Er überlegte, ob er sie, wenn es darauf ankäme, niederringen könnte. Sie war kleiner als er, schlank, hatte keine nennenswerte Muskulatur, konnte aber ganz schön wütend werden. Darek wusste, dass Wut in Schlägereien nützlicher als körperliche Stärke sein konnte.
»Wie warâs in der Schule?«, fragte sie.
»Das geht dich nichts an«, gab er kurz und bündig zurück.
Marta wollte etwas einwenden, dann aber bemerkte sie seinen zerrissenen Pullover und fasste ihn am Ãrmel. »Was hast du angestellt?«
»Dieselbe Antwort wie vorher«, sagte er und befreite sich mit einem Ruck aus ihrem Griff.
»Warte nur, bis dein Vater das sieht! Glaubst du, er kann es sich gerade jetzt leisten, Geld für neue Klamotten auszugeben?«
»Wieso sollte er mir neue Klamotten kaufen?« Darek verzog den Mund. »Ich flick den schon wieder zusammen. Bei einem zerrissenen Pulli geht das, bei einer versoffenen Lederjacke wohl kaum.«
»Werd nicht frech!«
»Jedes Mal, wenn ich die Wahrheit sage, behauptest du, dass ich frech werde. Soll ich also lügen? Ist Lügen artig?«
Sie kniff ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und presste die Zähne so stark aufeinander, dass ihre Kiefermuskeln hervortraten. Man merkte ihr an, wie gern sie ihm eine Ohrfeige verpasst hätte. Oder besser gleich zehn. Er setzte sein ganzes Talent ein, um sie zu provozieren. Mit jeder Begegnung, mit jedem Gespräch erhöhte sich die Spannung zwischen ihnen. Darek war sicher, dass der Augenblick des Kurzschlusses nicht mehr weit war. Er hatte sogar schon seinen Racheplan ausgearbeitet: Falls er von ihr eine Ohrfeige kriegen sollte, würde er nicht zurückschlagen, damit sie sich mies fühlte. Er wünschte, sie würde sich elend fühlen. So elend, dass sie nie wieder einen Fuà über ihre Schwelle setzte. Sollte sie ruhig im Postamt versauern â da störte sie ihn nicht. Aber sie hatte absolut kein Recht, bei ihnen zu Hause herumzulaufen, den Küchenschrank zu öffnen, die Töpfe auf den Herd zu stellen und sich Mutters Schürze umzubinden! Einmal ertappte Darek sie dabei, wie sie sich den Tee in die Tasse mit dem goldenen Schwan goss, die er Mutter zum Geburtstag geschenkt hatte. Er sprang auf und nahm ihr die Tasse so schnell weg, dass Marta es nicht schaffte, den Schnabel der Kanne aufzurichten, und ihm die Hand verbrühte. Nie wieder rührte sie die Schwantasse an, und er verarztete die Verbrennung bewusst nicht, damit sie sich noch möglichst lange daran erinnerte.
»Ich muss gehen«, sagte sie mit einem Blick auf die Uhr. »Das Fleisch und die Knödel sind im Backofen. Macht die SoÃe ganz langsam warm, sonst gerinnt sie. Dann schmeckt sie nicht gut.«
»Dann?« Darek prustete vor Lachen. »Sie schmeckt schon jetzt ätzend.«
»Woher willst du das wissen? Du hast sie doch noch gar nicht probiert.«
»Ich brauche den Dünnschiss nicht zu probieren! Mir wird speiübel, wenn ich ihn nur angucke!« Trotz des kämpferischen Tons passte er auf, dass er nicht zu laut sprach, damit der Vater durch das offene Fenster ihn nicht hören konnte. »Nichts von dem FraÃ, den du uns je aufgetischt hast, war genieÃbar!«
Marta warf ihm einen wütenden Blick zu. Ihre Wangen wurden rot, ihr Atem ging schneller und unter ihrer Bluse hoben und senkten sich ihre Brüste. Darek war sich sicher, dass nicht die Natur sie geformt hatte, sondern schlaue Unterwäsche dafür sorgte. Marta machte noch
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