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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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betrachten. Seine Haare, die er sich auf meinen Wunsch hat schneiden lassen, damit ich seine Augen besser sehen kann, sträuben sich gegen die Versuche des Friseurs, sie zu bändigen; eine Locke ist ihm in die Stirn gerutscht. Ein Arm ruht entspannt über seinem Kopf.
    Ich liebe es, ihn am Morgen beim Schlafen zu beobachten, und die Gelegenheit dazu bietet sich mir oft, weil ich normalerweise als Erste aufwache. Das ist die Zeit ganz für mich, in der ich meine Ängste wegschieben und mich ganz auf Kit konzentrieren kann. Er weiß nichts von diesen Momenten und ahnt nicht, dass ich mir alle Einzelheiten seines Gesichts einpräge.
    Es ist noch nicht lange her, dass ich lernen musste, wie wichtig das ist. Das Gesicht meines Mannes habe ich nicht mehr vor Augen – lediglich die groben Linien; die Einzelheiten beginnen zu verschwimmen.
    Wenn ich Kit lange genug angeschaut habe, lehne ich mich zurück und sehe mich in dem Raum um, in dem so viele Generationen von Crawfords die Nächte verbracht haben. Vermutlich hat er sich nicht verändert seit damals, als Olivia Crawford ihn vor fast siebzig Jahren in ihrer Hochzeitsnacht betrat. Die früher einmal prächtige, handbemalte
chinesische Tapete ist von warmem, buttrigem Gelb zu einem düster-gräulichen Ton verblasst. Die Schmetterlinge und Blumen, die sie zieren, sind nun Schattenbilder ihrer selbst.
    Die schwere Mahagonifrisierkommode mit dem dreiteiligen Spiegel steht an einer Wand. Sie ist so hässlich, dass sie bei der Versteigerung niemand wollte, also habe ich sie wieder an ihren alten Platz gestellt. Manchmal male ich mir aus, wie Olivia davor sitzt und die Schminke auflegt, die eine junge Frau damals tragen musste, während Elsie ihr die Haare frisiert.
    Ich schlüpfe leise aus dem Bett, um Kit nicht zu stören. Der Teppich unter meinen Füßen ist abgetreten, doch an den Rändern kann man noch erkennen, wie dick er einst war.
    Ich gehe zum Bad mit dem rissigen Linoleum und der Wanne, in der sich hinter dem stumpfen Wasserhahn grüne Kalkspuren befinden.
    Beim Anziehen lächle ich, einfach nur, weil ich in Wharton Park sein darf. In seiner Pflegebedürftigkeit und Unberechenbarkeit erinnert das Anwesen mich an ein Kleinkind, das nicht genug Aufmerksamkeit von seiner Mutter erhält, aber so reizend ist, dass niemand sich seinem Charme entziehen kann.
    Während ich auf Zehenspitzen zurück ins Schlafzimmer und nach unten schleiche, um den Wasserkessel aufzusetzen, spüre ich, wie sehr es mir bei Kit gefällt. Und wie sehr ich das Gefühl habe, zu Hause zu sein.
     
    Julia blickte in der warmen Morgensonne von der Terrasse in Wharton Park auf den Garten hinunter. Der Juni war ihr Lieblingsmonat, weil die Blumen in dieser Jahreszeit zu ihrer ganzen Schönheit erblühten und die Blätter an den Bäumen im Park in den unterschiedlichsten Grüntönen leuchteten, die sich deutlich von dem klaren blauen Himmel des englischen Sommers abhoben.

    Sie ging, den Kaffee in der Hand, zu den bröckeligen Stufen, die zum Garten – Adrienne Crawfords Schöpfung – hinabführten, wo ihr der süßliche Duft des entlang der Terrasse gepflanzten Jasmin in die Nase stieg. Er war wie der übrige Garten jahrelang vernachlässigt worden. Lediglich der Rasen wurde hin und wieder von dem Gärtner gemäht, der sich allein um viel zu große Flächen kümmern musste, als dass er sich Gedanken über das Zurückschneiden einzelner Pflanzen hätte machen können. Die Rosen in den Beeten rund um den Springbrunnen wucherten wild mit riesigen rosafarbenen Blüten vor sich hin.
    Gabriel hatte Blumen geliebt …
    Julia lächelte traurig bei dem Gedanken daran, wie er in ihr Arbeitszimmer gelaufen kam, in der Hand einen Strauß aus welkenden wilden Orchideen und Lavendel, die Agnes und er bei einem Spaziergang in der Umgebung gepflückt hatten.
    » Pour toi, Maman. « Er hatte sie ihr stolz überreicht, damit Julia sie in eine Vase steckte.
    Sie konnte sich vorstellen, wie gut es Gabriel in Wharton Park gefallen hätte. Er war wie seine Mutter gern draußen gewesen, und manchmal hatte sie ihm Geschichten von dem schönen Haus in England erzählt, das sie ihm eines Tages zeigen wollte.
    Julia stieß einen tiefen Seufzer aus. Das würde nun nie geschehen.
    Es reizte sie, diesem wunderbaren Hort der Ruhe die Schönheit zurückzugeben, die er früher besessen hatte.
    »Großvater Bill würde sich im Grab umdrehen«, teilte sie dem Putto mit, der ziemlich lustlos auf dem Springbrunnen hockte, aus dem kein

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