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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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bereits in der Zeit mit mir auf den Strich gegangen.«
    »Kit, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Wie du aus eigener Erfahrung weißt, gibt es in einem solchen Fall nichts zu sagen. Ich hatte Schuldgefühle, war wütend, dass sie ihr Leben vergeudet, und verbittert darüber, dass ihr das Heroin wichtiger gewesen war als ich. Ich verlor den Glauben an den Menschen. Dieses ganze Gerede von wegen ›das Richtige tun‹ oder ›Liebe überwindet alle Probleme‹ … Es gab kein Happy End, nur die Leiche einer jungen Frau und das Wrack eines unglücklichen Mannes.«
    »Du meinst, du musstest akzeptieren, dass du nicht alles unter Kontrolle hattest? Dass es manchmal egal ist, wie viel Mühe man sich gibt und wie viel Liebe man investiert? Dass am Ende doch das Gleiche herauskommt? Das habe ich in den vergangenen Monaten gelernt«, sagte Julia mit leiser Stimme.
    »Ja. Ich habe Jahre gebraucht, um auch das Gegenteil zu lernen: dass die Mühe sich manchmal doch lohnt und man den Glauben nicht verlieren darf. Unmittelbar nach der Geschichte damals hatte ich wohl so etwas wie einen Zusammenbruch. «
    »Und da hat Annie dir geholfen?«
    »Ja. Sie war großartig, hat mich sofort nach Edinburgh mitgenommen und sich um mich gekümmert wie in einem Kitschroman. Sie hat mir wieder und wieder erklärt, dass Milla seit jeher seelisch labil war, dass ich nicht mehr hätte tun können und ich mich nicht für das Geschehene verantwortlich fühlen dürfe. Natürlich habe ich nicht auf sie gehört und bin
weiter den Weg der Selbstzerfleischung gegangen. Eines ist sicher, Julia« – er sah ihr in die Augen – »in puncto Selbstmitleid und Wut stehe ich dir in nichts nach.«
    »Selbstmitleid würde ich das nicht nennen, Kit. Schließlich bist du durch die Hölle gegangen. Wie kam es, dass die Wut aufhörte?«
    »Vor ein paar Jahren hatte ich so etwas wie ein Erweckungserlebnis. Auf meinen Reisen habe ich mal drei Monate lang in einem Lager an der thailändischen Grenze birmesischen Kindern Englisch beigebracht«, erzählte er. »Die Situation dort ist mir wirklich zu Herzen gegangen. Die meisten von ihnen besaßen nur die Kleidung, die sie am Leib trugen. Ihre Eltern waren verschwunden, in Birma erschossen oder in Thailand unterwegs, um Arbeit zu finden, die Kinder im Niemandsland gestrandet. Die thailändische Regierung wollte sie nicht ins Land lassen, und wenn sie nach Hause zurückkehrten, begaben sie sich in Lebensgefahr. Sie hatten im wörtlichen Sinn keine Zukunft. Trotzdem waren sie so dankbar für die kleinsten Dinge, die man ihnen gab. Ein neuer Fußball bedeutete für sie ein Ticket zum WM-Finale. Sie hatten Hoffnungen und Zukunftsträume und gaben nie auf. Ich weiß, es ist ein Klischee, doch der Anblick dieser Kinder versetzte mir den Tritt in den Hintern, den ich brauchte. Damals wurde mir klar, dass ich die vergangenen zehn Jahre mit Selbstmitleid vergeudet hatte. Wenn sie es schafften, optimistisch in die Zukunft zu blicken und an das Gute im Menschen zu glauben, konnte ich das in meiner privilegierten Stellung doch sicher auch, oder?«
    »Als ich ein Mädchen war …«, sagte Julia nach kurzem Schweigen, »hat meine Mutter mir ein Spiel beigebracht, bei dem man an das denken muss, was man hat, nicht an das, was man nicht hat.«

    »Ja. Genau so sahen diese birmesischen Kinder das Leben.« Plötzlich lächelte Kit. »Wir sind schon ein Pärchen, was?« Er suchte nach Worten. »Tut mir leid, wenn mein Verhalten in den vergangenen Tagen dazu beigetragen hat, dein Misstrauen gegenüber der Menschheit zu verstärken. Ich schwöre dir, ich wollte dich nur schützen.«
    »Ist okay, Kit. Ich glaube dir«, versicherte ihm Julia.
    »Siehst du?«, meinte Kit mit einem Achselzucken. »Das ist der Unterschied zwischen dir und mir: Ich wäre früher nicht bereit gewesen, mir eine Erklärung anzuhören, und hätte sie sofort beiseitegewischt. Aber jetzt bin ich anders. Besonders bei dir, Julia.«
    »Kit, geh nicht so hart mit dir selbst ins Gericht. Du hast dich schließlich um Annie gekümmert, als sie dich brauchte.«
    »Ja, ich glaube, ich bin auf dem richtigen Weg. Zumindest …«, Kit schwieg kurz, »… ist dies das erste Mal, dass ich das Bedürfnis verspüre, einer Frau mein Verhalten zu erklären, bevor sie in den Sonnenuntergang verschwindet.«
    »Ich weiß es zu schätzen, Kit.«
    »Willst du wirklich weg, Julia? Bitte bleib hier.«
    Julia brauchte ein paar Sekunden, um zu verdauen, was Kit gerade gesagt hatte.

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