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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Land der zehn Prozent Aufklärungsrate viel leichteres Spiel hätten.
    In Leas Fall investigierte die Polizei zwar, aber Nelly hatte ihm bereits gesagt, dass die Chancen den Täter zu fassen realistisch gesehen gleich Null waren. Keine Zeugen, keine nennenswerten Spuren, niemand der in dieser Nacht bei einer Kontrolle verdächtig erschienen war. Die Polizei hatte es hier täglich mit etwa zwanzig Morden zu tun. Das waren im Monat an die sechshundert, von denen laut Statistik zehn Prozent gelöst wurden, und das waren meist Fälle in denen Familienmitglieder oder Ex-Liebhaber involviert waren. Bei Auftragsmorden dagegen wurde der Täter nie gefasst. Hier in Kolumbien wurden solche Aufträge schon vergeben, wenn jemand seine Rechnungen oder seine Schulden nicht beglich, sprich, schon bei Lappalien wurde hier zu drastischen Mitteln gegriffen.
    Sam hatte das Land mit dem Wilden Westen verglichen, woraufhin Nelly gelacht hatte und meinte, er hätte es auf den Punkt gebracht. Er müsste mal sehen, wenn hier ein wichtiges Fußballendspiel lief, dann schwangen sich Mann und Frau aufs Pferd und ritten durch die Stadt. Gefährlich wurde es, wenn sie zu viel Feuerwasser intus hatten, dann konnte es schon mal zu einer Schießerei kommen.
    Aber wer sollte den Auftrag gegeben haben, Lea umzubringen? Und vor allem warum? In Sam kam eine dunkle Ahnung hoch.
    Juris Handy gab die Melodie von „Psycho“ von sich und Sam schüttelte nur den Kopf über seinen verspielten Partner. Es war Juan Carlos, der ihm bestätigte, dass Rafael gerade einen Parkplatz vor dem Hotel suchte.
    Sie zahlten schnell ihre Rechnung und fuhren hoch auf Juris Zimmer. Das Zimmer im zweiten Stock mit Blick auf den Pool, die Tennisplätze und ein Restaurant mit mehreren spitzen Reetdächern, die wie mexikanische Hüte aussahen, war sehr einfach gehalten.
    Bevor sich Sam in den Sessel fallen ließ, holte er zwei Handys aus seiner Hosentasche und legte sie auf den Tisch.
    „Hey, sag bloß du hast dir ein neues Handy zugelegt. Meinst du nicht, das ist zu kompliziert für dich.“ Juri hatte Leas Handy in der Hand und grinste sich einen weg.
    „Es gehört Lea. Ich hab es unter dem Sitz von Rafaels Wagen gefunden. Frag nicht weiter. Ich werde dir jetzt nicht erklären, wie ich dazu gekommen bin.“
    „Und was willst du damit?“
    „Geduld, Kleiner. Geduld.“
    Es klopfte an der Tür. Davor stand ein junges Mädchen mit einem puppenhaften Gesicht, einem sehr weit ausgeschnittenen Top, einer knallengen Jeans und High Heels. Juri zeigte auf seine Uhr, flüsterte ihr etwas zu, was mit einem Kichern beantwortet wurde, und schloss dann wieder die Tür.
    „Was war das?“
    „Das Zimmermädchen.“
    „Das Zimmermädchen?“
    „Ich sagte dir doch, die sind hier wahnsinnig attraktiv.“
    Juri und sein Zwang, ständig irgendwelche Frauen flach zu legen, war wirklich krankhaft. Sam brachte ein kleines Lächeln zustande. „Spricht sie denn Englisch?“
    „Sagen wir es mal so: Wir sprechen eine Sprache.“
    Sam sah auf die Uhr, steckte sich die Handys wieder in die Tasche und ließ Juri allein auf seinem Hotelzimmer zurück. Eigentlich würde er auch viel lieber im Hotel wohnen, dachte er und nahm sich vor, genau das in spätestens zwei Tagen zu machen. Vorher gab es jedoch noch einiges zu klären.
     
    Nathalia Bernal kam zu spät. So spät, dass Sam dachte, sie würde gar nicht mehr auftauchen. Als sie ihn sah, lächelte sie kurz und setzte sich dann wie ein verschrecktes Kind ihm gegenüber. Ihre Tasche hielt sie fest umklammert auf ihrem Schoß fest.
    Sam bot ihr etwas zu Essen und zu Trinken an, aber sie lehnte ab. „Schön, dass Sie gekommen sind.“
    „Warum wollten Sie mich sprechen?“
    „Ich habe Sie beobachtet. Sie haben Angst um Lea.“
    „Ja, natürlich habe ich das.“
    „Ich meine nicht wegen des Unfalls. Ich hatte das Gefühl, dass Sie sie vor jemanden beschützen wollen. Aus diesem Grund sitzen Sie auch Tag und Nacht an ihrem Bett.“
    Nathalia sah auf ihre kleinen zierlichen Fingerchen, die perfekt manikürt waren. Ein Attribut, das er hier bei den meisten Frauen gesehen hatte.
    „Vor wem oder vor was wollen Sie Lea beschützen?“, fragte er leise.
     
    Nathalia war der kleine Disput zwischen ihrem Chef und dem Fremden im Zimmer von Lea nicht entgangen. Und obwohl die beiden nicht ihre Sprache sprachen, war ihr Eindruck gewesen, dass sie sich nicht besonders gut verstanden. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie dem Mann vor ihr vertrauen konnte.

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