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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Unser Täter ist jung. Schätze mal zwischen fünfundzwanzig und dreißig.“
    „Wieso bist du da so sicher?“
    „Weil er sich schon viel eher an den Leutchen hier gerächt hätte. Er war noch zu jung. Ich glaube, er hat erst in einem gewissen Alter von etwas erfahren, was ihn so getroffen haben muss, dass er sich an die Fersen der Nachfahren geheftet hat.“
    „Und die wissen nicht einmal etwas von den Schandtaten ihrer Väter.“
    „Dafür werden sie es jetzt erfahren. Sofern wir ihn kriegen und er uns von seiner Motivation erzählt.“
    „Freut mich, dass du so positiv eingestellt bist“, bemerkte Juri sarkastisch.
    Sam konnte sich vorstellen, dass der Mörder selbst durch die Forschungen dieser Ärzte jemand Nahestehendes verloren hatte. Vielleicht sogar einen oder beide Elternteile, weshalb er bescheiden und im Verborgenen aufgewachsen war, wie eine Veilchenorchidee.
    „Okay, was wäre, wenn einer oder zwei von denen ihren Namen gewechselt haben und Brenner sie deshalb nicht finden konnte?“
    „Dann sind sie höchstwahrscheinlich noch am Leben und wir werden sie nie finden, aber der Täter dann auch nicht.“
    Die Frage war, wie er herausgefunden hatte, wann die beiden Ärzte Steiner und Rewe verreisen und wo sie absteigen würden. Dafür gab es mehrere Möglichkeiten: Die Klinik, die Praxis, die Ehefrauen … oder hatte er direkt Kontakt mit ihnen aufgenommen? War es das, woran Steiner sich erinnert hatte, überlegte Sam.
    Als Erstes riefen sie Frau Steiner an. Dieses Mal war sie gleich freundlich und zuvorkommend, aber sie hatte keine verdächtigen Anrufe in letzter Zeit erhalten.
    Die Sekretärin, die die Buchführung und Terminplanung machte, konnte ihnen auch nichts sagen. Sprechstundenhilfen hatte es insgesamt drei in der Praxis von Dr. Steiner gegeben. Alle drei hatten Patienten in einem gewissen Zeitraum für die Terminplanung mitgeteilt, dass Dr. Steiner in der fraglichen Zeit auf einem Kongress sein würde. Er hatte sich nach dem Kongress noch eine Auszeit gönnen wollen, wie jetzt herauskam, die in die Kongresszeit eingeplant war. Zwei Mitarbeiterinnen hatten Patienten gegenüber erwähnt, dass Dr. Steiner nach Paris zu einem Kongress für Augenärzte fahren würde und sehr wahrscheinlich im George V absteigen würde, wie er es immer tat. Wem gegenüber sie das erwähnt hatten, konnten sie nicht mehr sagen. Fakt war, es war gesagt worden. Insofern hätte sich der Mörder über die Praxis die Information holen können.
    In der Frauenklinik, die Dr. Rewe leitete, wechselte das Personal schichtweise. Wer, wann und wie was gesagt hatte, war ebenfalls nicht mehr nachzuvollziehen.
    Wie sich herausstellte, waren beide Ärzte Gewohnheitstiere. Sie fuhren jedes Jahr etwa zur selben Zeit auf die Kongresse und stiegen in denselben Hotels ab. Normalerweise fuhren sie allein. Wären sie selbst Opfer geworden, wenn sie ohne Begleitung gewesen wären?
    Sam betrachtete wieder das Foto, ohne wirklich etwas zu sehen, bis nach einer Weile die Gesichter zu einer gräulichen Masse verschwammen. Wer von ihnen war noch am Leben? Machte es überhaupt Sinn, das ganze Augenmerk auf Berlin zu richten, nur weil dort einer der größten Ärztekongresse stattfand? Was war, wenn mit Steiner der letzte der Bauern gefallen war?
    „Geh ins Bett, Sam“, hörte er Juri sagen, der es sich liegend auf Sams Couch gemütlich gemacht hatte und nur noch mit einem halb offenen Auge fernsah.
    Schwerfällig erhob sich Sam und schlurfte in sein Schlafzimmer. Er zog sich aus und legte sich ins Bett. Durch die Ritzen der Fenster hörte er den Wind und die Äste der Bäume bewegten sich hinter den geschlossenen Jalousien wie im chinesischen Schattentheater. Eine Weile beobachtete er das Schauspiel, dann suchte er eine bequemere Schlafstellung. Er wälzte sich hin und her. Aber der erlösende Schlaf wollte einfach nicht über ihn kommen. Er schloss die Augen und sah plötzlich Linas Mutter vor sich.
    Consuela hatte die gleichen Augen wie Lina. Das war ihm allerdings erst bei ihrem letzten Treffen aufgefallen. ,Tod ’ und sein Name hatten dort auf dem Zettel gestanden. Eines natürlichen Todes werde ich wohl eher nicht sterben, dachte er. Es sei denn ein plötzlicher Herzinfarkt oder eine fortgeschrittene Krebserkrankung, von der er noch nichts wusste, würde ihn von heute auf morgen dahinraffen. Aber daran glaubte er nicht. Hatte es vielleicht etwas mit dem derzeitigen Fall zu tun?
    Sie hatten einen ziemlich gewieften Täter

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