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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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blutverschmierter Papierstreifen, den man nach der Obduktion aus der Gebärmutter des letzten Opfers gefischt hatte.
    „Diese Teilchen ergeben wiederum ein Gedicht für sich, wobei wir glauben, dass immer noch ein Puzzleteilchen fehlt. Ein Mord zwischen Anna Galanis und Jasmin Rewe. Bisher haben wir nichts finden können, was nicht heißt, dass er nicht begangen worden ist. Ich denke nur, dass Deutschland, Spanien und Frankreich nicht infrage kommen. Die Engländer ermitteln gerne für sich, vielleicht sollten wir dort mal anfragen, oder auch in Übersee. Amerika, Südamerika, Afrika oder Asien. Jedenfalls haben wir Folgendes, wenn wir die vier Verse zusammenfügen.“ Sam gab Juri ein Zeichen und der las laut vor:
     
    Verlassen und leer muss werden der Leib
    ob alt, ob jung, ob Mann ob Weib.
    Doch wem gilt das Forschen, das Streben der Welt?
    Ob Spender, Empfänger, es heilt keine Zeit
    Gesunde zu Krüppeln, verstummt ist ihr Schrei
    Der Tod als Erlösung, er machte sie frei.
    Das Weiß der Götter mit Blut so befleckt
    Der Strom des Todes die Erde bedeckt.
     
    „Ich verstehe nur Bahnhof“, platzte der MKL hervor. „Was lässt Sie vermuten, dass da noch ein Mord fehlt?“
    Juri erklärte es ihm geduldig und erntete weiterhin fragende Blicke. Den MKL hatte er schon von der ersten Minute an auf dem Kieker gehabt. Ein überheblicher, arroganter Sack, dachte er.
    Aus dem iPhone war nun ein leises Klackern zu hören. Peter Brenner schien auf irgendetwas herumzutrommeln.
    „Es gibt eine Verbindung zwischen den Eltern beziehungsweise Großeltern der Opfer, wie bei Anna Galanis. Dazu können wir sagen: Der eine war Hautarzt, der andere Orthopäde. Einem Opfer wurde die Haut abgezogen, dem anderen die Wirbelsäule durchschnitten. Die Großmutter des ersten Opfers hat in Auschwitz ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem entging sie dem Prozess und eröffnete später in Heidelberg eine Praxis. Ihrer Enkeltochter wurde lediglich eine tödliche Injektion ins Herz gespritzt, genauso wie den anderen beiden Opfern. Eine Tötungsart, die in den KZs häufig angewandt wurde. Dann haben wir hier den Brief eines Arztes, sein Name war Ernst Ritter.“ Sam reichte den Brief zuerst an Fräulein Beauchamp weiter. „Er hatte diesen Brief angeblich 1960 am Strand von Rio geschrieben, abgeschickt wurde er jedoch aus Israel, genauer gesagt aus Jerusalem. Dort verliert sich seine Spur, aber wie wir wissen, war der israelische Geheimdienst hinter Kriegsverbrechern her, hat ihnen in Jerusalem den Prozess gemacht und sie hingerichtet. Das sind natürlich nur Vermutungen, aber …“
    „Bisschen weit hergeholt, meinen Sie nicht?“, unterbrach ihn Wirsch. „Sie wollen uns doch wohl nicht erzählen, dass irgendein jüdischer Rächer nach fast 70 Jahren noch unterwegs ist. Entschuldigen Sie Herr O’Connor, aber bei allem Respekt, so einen Bullshit habe ich schon lange nicht mehr gehört. Die Überlebenden des Holocausts sind heute, wenn sie noch am Leben sind, um die siebzig oder achtzig Jahre alt.“
    „Halten Sie den Mund, Wirsch.“ Brenners Stimme klang durch den Lautsprecher äußerst rau und genervt. Doch der MKL ließ sich nicht den Mund verbieten.
    „Und wo sind die Väter jetzt?“
    „Beide verstorben.“
    „Das macht Sinn.“ Der MKL schüttelte missbilligend den Kopf.
    „Er rächt sich an den Nachkommen“, warf Maik ein.
    „Ja, sehr dramatisch.“
    „Ist der Vater von Rafael Rodriguez auch Arzt?“, fragte Fräulein Beauchamp dazwischen.
    „Das haben wir noch nicht in Erfahrung gebracht“, antwortete Sam und sah ihr länger als nötig in die Augen, woraufhin Estelle Beauchamp leicht errötete.
    „Alles deutet doch darauf hin, dass er seine Frau selbst umgebracht hat und die anderen wahrscheinlich auch“, erwiderte Wirsch. „Er hat kein Alibi und seine Fingerabdrücke sind auf dem Gedicht.“
    „Er war zum Zeitpunkt des zweiten Mordes nicht in Paris“, sagte Sam gereizt. „Eine Tatsache, die allen hier am Tisch Sitzenden bekannt sein sollte.“
    „Vielleicht hat er einen Komplizen. Ganz klar ist, dass die beiden anderen Tatorte sehr sauber hinterlassen wurden. Sie tragen eindeutig eine andere Handschrift. Der Letzte war ja das reinste Gemetzel. Ein bis zur Unkenntlichkeit eingeschlagenes Gesicht, ausgekugelte Arme, aufgeschnittener Unterleib, entrissener Fötus … Die Wut eines durchgeknallten, vielleicht betrogenen Ehemanns?“
    Sam überflog noch einmal den Autopsiebericht. Es fehlte etwas. Eine Pause

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