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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Tränen versiegten augenblicklich.
    Lea atmete erleichtert auf. In ein paar Minuten würde Maria eh vergessen haben, dass sie sie hier gesehen hatte.  Sie ging mit ihr zum Auto, holte die halb geschmolzene Milka Schokolade aus dem Handschuhfach und drückte sie ihr in die Hand. „Hier lass es dir schmecken.“
    Maria setzte sich auf die kleine Steinmauer, die die dahinterliegenden Blumenbeete vom Parkplatz abgrenzte, und riss gierig das Papier auf. Innerhalb von zwei Sekunden war sie von oben bis unten mit Schokolade vollgeschmiert.
    Lea ging zurück ins Esszimmer und setzte sich zufrieden an den Tisch.
    Ihr Vater sah inzwischen ähnlich wie Maria aus. Das Tiramisu hatte ihm einen unregelmäßigen Bart rund um den schmalen eingefallenen Mund gezaubert und ihre Mutter versuchte den alten Mann sauber zu wischen, während er vor sich hinschimpfte.
    Lea beobachtete ihren Vater, er war mal ein herrischer, tyrannischer Mann gewesen, der nie jemanden um Rat gefragt hatte, der seine Kinder bei jedem Ungehorsam mit dem Gürtel verprügelt hatte, bis sie nicht mehr aufstehen konnten, sodass sie schon bei seinem Anblick in die Hose pinkelten. Dieser Mann saß nun wie ein kleines hilfloses Kind im Rollstuhl, trug Windeln und seiberte sich voll. Was für eine Ironie.
     
     

37.
     
     
     
    BERLIN  Sam und Juri saßen in einem Konferenzraum des Interkontihotels im dritten Stock zusammen mit Maik Schenker, dem MKLWirsch und Fräulein Beauchamp, die ein I-Phone in die Mitte des Tisches platzierte und leise sagte: „Er kann’s nicht lassen.“
    „Das habe ich gehört“, dröhnte es aus dem Handy.
    „Haben Sie ihre OP gut überstanden, Brenner?“, fragte Sam, amüsiert darüber, dass sein Chef sich keine Ruhe zu gönnen schien.
    „Nun legen Sie schon los, O’Connor“, antwortete Brenner barsch.
    An einer Wand waren die Tatortfotos aller drei Morde gepinnt und auf dem Tisch lagen die jeweiligen Autopsieberichte und das Gedicht.
    Die Leiche war dieses Mal nicht mit einem Leinentuch zugedeckt gewesen. Sam zog daraus den Schluss, dass diesem Mord etwas sehr Persönliches anhing. Auch sonst hatte er stark den Eindruck, dass es eine Beziehung zwischen Täter und Opfer gegeben hatte.
    Im Labor hatte man, wie schon erwartet, festgestellt, dass dieses Gedicht ebenfalls mit Blut der Blutgruppe A+ geschrieben worden war, außerdem befanden sich die Fingerabdrücke von Rafael Rodriguez auf dem Zettel, der ihn genau wie Dr. Rewe in die Hand genommen hatte, um zu sehen, was darauf stand und keinen Gedanken daran verschwendet hatte, ob er Spuren hinterlassen könnte.
    Sam berichtete über den Tathergang der beiden anderen Morde und dann las Juri das Gedicht laut vor.
     
    Die Zeit gibt das Leben, doch nimmt sie es auch
    Es wächst, reift heran und bläht auf den Bauch.
    Zum richtigen Zeitpunkt hat es keine Not.
    Doch war es zu früh, ergreift es den Tod.
    Der Zeiten Gesetz verändert man nicht
    Verkürzt und verändert es Leben zerbricht.
    Die wimmernden Schatten, die daraus entstehen
    Sie irren umher, von keinem gesehen.
     
    Der MKL kratzte sich am Hinterkopf, Maik sah abwechselnd mit fragendem Blick zu Juri und Sam, während Estelle Beauchamp ihre Brille abnahm und sich den Nasenrücken rieb. Sie sah auch ohne Brille ganz reizend aus, stellte Sam fest.
    „O.k. unser Täter ist von seinen herkömmlichen Versen abgewichen und hat uns dieses Mal ein vollständiges Gedicht geliefert. Was ist Ihre Meinung dazu?“ Sam sah in die Runde von einem zum anderen. Keine Antwort. Alle blickten ihn erwartungsvoll an, als wäre er der rettende Anker. „Ich glaube, es geht hier um eine Schwangerschaft, etwas, das in einem Bauch heranwächst, ihn aufbläht. Alles ist gut, solange die Zeit eingehalten wird. Die neun Monate, denke ich mal … doch war es zu früh, ergreift es den Tod. Eine Frühgeburt? Denn die Gesetze der Schwangerschaft ändert man nicht. Vielleicht spricht er auch von einer Abtreibung. Genau das, was er im Grunde genommen mit seinem dritten Opfer gemacht hat, bei dem er den Fötus gewaltsam aus dem Mutterleib gerissen hat.“ Juri und er hatten lange gemeinsam über den Zeilen gesessen und gegrübelt, bis sie zu diesem Ergebnis gekommen waren, das er gerade vorgetragen hatte.
    Fräulein Beauchamp nickte Sam anerkennend zu, was Juri mit Genugtuung registrierte.
    „Und was sollen die anderen Verse bedeuten?“, fragte der MKL.
    Auf dem Tisch lagen die drei Verse der ersten Opfer in einer Schutzhülle und ein kaum noch leserlicher

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