Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
ergaben. Um keine Zeit zu verlieren, machte sie sich
auf den Weg zurück ins Büro und bat Keßler darum, mit einem der Kollegen
zurückzufahren.
*
Verena saß konzentriert vor dem Bildschirm ihres Computers,
als Keßler das Büro betrat.
„Das Gespräch mit dem Küster war nicht besonders ergiebig.“,
rief er Verena zu und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
Verena reagierte zunächst gar nicht auf die Bemerkung
Keßlers, bis sie nach einem Augenblick antwortete, immer noch wie gebannt auf
ihren Bildschirm starrend: „Das ist ja interessant. - Was haben Sie gesagt,
Keßler?“
„Dass wir uns das Gespräch mit dem Küster hätten schenken
können!“
Er reagierte verärgert, weil Verena ihm nicht ihre
Aufmerksamkeit schenkte.
„Wenn ich Ihnen sage, Keßler, was ich gefunden habe, werden Sie
staunen.“, triumphierte Verena.
„Na, da bin ich aber gespannt.“
„Unsere Kartei zeigt mir, dass einer unserer beiden Pfarrer straffällig
war. Ist das nicht interessant?“
„Bitte? Welcher denn?“
„Der zweite, Jürgen Böttger, wurde am 11.10.1984 wegen Verbreitung
von Kinder- und Jugendpornographie zu einer fünfmonatigen Strafe verurteilt,
die später in eine Bewährungsstrafe umgewandelt wurde.“
„Das ist ja ein Ding!“
„Ja, das meine ich auch. Damals, also 1984 bis 1985, ging es
um öffentlich bekannt gewordene Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen.
Dabei geriet auch das Kloster Auethal und das dazugehörige Klosterinternat in
den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Hier steht weiter, dass noch während der
laufenden Ermittlungen der damalige Prior der Abtei und der Leiter der Schule
zurücktreten mussten. Später wurden diese dann allerdings wieder eingesetzt. Es
gab eine kircheninterne Visitation , die ergab, dass beiden kein
Fehlverhalten vorgeworfen werden konnte. Der einzige, der gehen musste, war
Jürgen Böttger. Ihn versetzte man als Pfarrer nach Landsberg. Bis Oktober 1984
hatte er als Lehrer an der Klosterschule gearbeitet.“
„Moment mal! Kloster Auethal ? Da klingelt es aber bei
mir!“
„Genau, das Jesuitenkloster mit dem schönen Wappen!“
Verena ging zum Flipchart und tippte mit Zeigefinger auf das
Wappen, das ihr Kollege Reisinger dort als Zeichnung hinterlassen hatte. Jetzt
hielt es auch Keßler nicht mehr auf seinem Stuhl aus. Er stand auf und kam zum
Flipchart herüber.
„Sie wollen sagen, dass die Verbindung zwischen Baumert und
Böttger das Kloster Auethal ist? - Ich wusste doch, dass uns das Wappen
weiterbringen würde! Doch wir wissen immer noch nicht, was
mysteriöse Kürzel VN bedeutet.“
„Immer langsam, Keßler!
Ein Schritt nach dem anderen. Und - so nebenbei: wir wissen auch nicht, wer die
Hinweise im Kalender hinterlassen hat. Im Moment spekulieren wir. Vermutlich
war es der Pfarrer mit großer Sicherheit selbst, aber das ist eben nur eine
Vermutung.“
Verena atmete tief ein
und machte eine kurze Pause.
„Entscheidend ist doch,
dass wir mit dem Kloster ein Bindeglied haben. Jetzt müssen wir herausfinden,
was dahintersteckt. Und aus diesem Grund, mein lieber Keßler, fahren wir beide
zum Kloster Auethal.“
13
+++ Donnerstag, 13. September - 17.05 Uhr · Kloster Auethal +++
Die Straße nach Auethal schien sich endlos durch die schroffe
Landschaft am Rande der Alpen zu schlängeln. Verena saß gedankenversunken auf
dem Beifahrersitz neben Keßler. Ihr Blick glitt über die grandiose Landschaft,
die plötzlich vor ihnen durch die Kuppel der Basilika des Klosters unterbrochen
wurde und sich vor dem Bergwald und den schroffen Felsen majestätisch erhob. Der
gotische Bau war vor langer Zeit so errichtet worden, dass die monumentale Kuppel
als weithin sichtbares Zeichen des Heiligtums von Wanderern und Reisenden vom
Tal her gut zu sehen war. Vor diesem Festungskonstrukt standen noch immer zwei
Wach- und Zollhäuschen, verbunden durch einen Torbogen. Durch die Toreinfahrt
schlängelte sich eine Kopfsteinpflastergasse, die hinter dem Tor im Innenhof
der mittelalterlichen Klosteranlage endete.
„Sehen Sie das Wappen?“, wollte Keßler von Verena wissen.
Sie beugte sich nach vorne, den Blick nach oben gerichtet,
und konnte gut das rote Wappen erkennen.
„Ja, das ist es. Die beiden Bischofsstäbe auf rotem Grund.
Aber darunter steht noch etwas. Omnia Ad Maiorem Die Gloriam .“
Verena legte ihre Stirn in Falten.
„Keßler, Sie als Einser-Lateiner, wissen doch sicher, was das
heißt, oder?“
Ohne ihren Blick zu erwidern
Weitere Kostenlose Bücher