Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
gebeten,
das Gespräch auf den Nachmittag zu verschieben, doch der hatte das konsequent
abgelehnt.
„Was haben Sie erwartet?“, wollte Keßler wissen. „Sie müssten
doch mittlerweile die Launen von Herrn Superwichtig kennen.“
„Sie haben Recht. Aber Sie wissen ja: die Hoffnung stirbt
zuletzt. Irgendwann muss der Typ doch mal bessere Laune haben. Bis später!“
Verena kochte, als sie sich auf den Weg in Bents Büro machte
und die Tür hinter sich schloss.
Das Arbeitszimmer des Polizeirats lag in demselben
Gebäudetrakt des ehemaligen Klostergebäudes wie Verenas Büro.
Den Augustiner-Eremiten, die einst in dem verwinkelten Bau
beteten und arbeiteten, dürfte die Düsternis willkommen gewesen sein , ging es ihr durch den Kopf. Die
kleinen Fenster ließen nur wenig Licht in den Gang.
Hinter dicken Mauern fällt die Besinnung leichter , dachte Verena, als sie das
Treppenhaus erreichte. Von hier aus gelangte sie in den ersten Stock.
Bent saß hinter seinem Schreibtisch und war gerade dabei, seinen
PC zu starten, als sie an die Bürotür klopfte.
„Ja, bitte!“ hörte sie seine Stimme und trat ein. Die
Holzvertäfelung an den Wänden verlieh dem Raum eine erhabene Atmosphäre. Bent
wirkte vor dieser Kulisse wie ein Patriarch, der Hof hielt und darauf wartete,
seinen Untertanen Befehle und Anweisungen zu erteilen.
„Frau Sonnenberg, kommen wir gleich zur Sache. Es geht um den
Fall Baumert.“
Verena rückte einen der beiden vor dem Schreibtisch
platzierten Stühle zurecht, um sich zu setzen.
„Das wird nicht notwendig sein!“, raunzte Bent sie an. „Wir
sind schnell mit dem Thema durch.“
Verena hatte verstanden. Bent genügte es nicht, sie in sein
Büro zu zitieren. Mit seiner Verweigerung, Verena Platz nehmen zu lassen,
unterstrich er seinen bedingungslosen Machtanspruch und wollte sie seine
Abneigung spüren lassen.
„Was haben Sie bisher in dem Fall?“ Bent schaute Verena
scharf an.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. Bent kannte
sie gut genug, um zu wissen, dass er nur darauf wartete, die nächste verbale
Attacke gegen sie zu starten. Und dazu wollte sie ihm partout keine
Veranlassung geben.
„Wir waren bis eben in der Rechtsmedizin. Die Obduktion läuft
allerdings noch und der Bericht liegt noch nicht vor. Dr. Bamberger hat seinen
Bericht für heute Abend, spätestens morgen früh, zugesagt.“
Verena machte eine Pause, doch Bent tippte irgendetwas in
sein Smartphone.
„Die KTU hat bisher nichts Verwertbares ergeben. Am Tatort
ließen sich weder Fingerabrücke, noch DNA-Spuren nachweisen.“
„Sie wollen mir sagen, dass Sie nichts haben. Richtig?“
„Das kann man so nicht …“.
Bent unterbrach Verena schroff: „Unsinn! Sie haben nichts!
Und wenn Sie mich fragen, werden Sie auch nichts finden!“
Er hatte sein Smartphone in die Innentasche seines Sakkos gesteckt
und war aufgestanden. Dann drehte er sich um und schaute, ihr den Rücken
zugekehrt, aus dem Fenster.
„Frau Sonnenberg, ich halte Sie für unfähig! Aber das wissen
Sie ja bereits!“
Er sprach jetzt leiser und betont langsam, um die Wichtigkeit
seiner Aussage zu unterstreichen.
„Machen Sie dem Pathologen Dampf und lassen Sie sich generell
etwas einfallen! - Wir brauchen Ergebnisse! Ich erwarte bis morgen Mittag ihren
Bericht.“
Bent nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz, öffnete eine
Schublade und kramte einen Schnellhefter hervor.
„Das war´s! Sie können gehen. Und - machen Sie die Tür hinter
sich zu. Danke!“
Verena stand noch einen kurzen Moment da, bevor sie sich
umdrehte und den Raum verließ. Die Vorwürfe Bents hatten sie hart getroffen und
als sie den Flur in Richtung ihres Büros verließ, musste sie mit aller Kraft
ein paar Tränen unterdrücken.
Den Gefallen tue ich Dir nicht, Bent! , dachte sie.
Was hatte er nur gegen sie? Sie hatte bisher noch keine
Antwort auf die Frage gefunden. Allerdings spürte Sie immer deutlicher, dass
sie diesem Druck nicht mehr lange gewachsen war. Bent ließ keine Gelegenheit
aus, sie zu demütigen und ihr Steine in den Weg zu legen.
*
„Mögen Sie auch einen Kaffee?“ Keßler stand vor der
Kaffeemaschine, als Verena in das Büro zurückkehrte.
„Ja, bitte! Den kann ich jetzt gut vertragen.“
„Was war denn los? Was wollte Bent von Ihnen?“, fragte Keßler
neugierig und reichte ihr den Kaffee. „Sie waren ja mal gerade fünf Minuten
fort.“
Verena ignorierte den letzten Satz Keßlers. Sie nahm einen
kräftigen Schluck, bevor
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