Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
und drehte
sich noch einmal um.
„Wann waren Sie eigentlich das letzte Mal in
Australien, Herr Dr. Nagy?“
Nagy wirkte konsterniert, als er antwortete:
„Das liegt schon eine ganze Weile zurück …“
„Das wüssten wir schon sehr gerne ein
bisschen genauer. Aber Sie haben ja noch bis morgen Zeit, sich das zu
überlegen. Vielleicht fällt es Ihnen ja bis dahin wieder ein?“
21
+++ Dienstag, 18. September - 19.43 Uhr · Polizeipr ä sidium M ü nchen
+++
Zurück in ihrem Büro in der Ettstraße
stellten Verena und Keßler Überlegungen an, wie sie mit der Situation umgehen
sollten. In welche Richtung sollten sie ermitteln? Gab es Anhaltspunkte, die
von ihnen übersehen wurden? Gab es Zeugen, die sie vielleicht noch nicht
befragt hatten? Bisher gab es nur die eine Spur, die ins Kloster Auethal und zu
Vergil Nagy führte. Der hatte für die Tatzeit kein Alibi. Wenn seine Angaben
stimmten, war er zum ermittelten Todeszeitpunkt des ersten Opfers sogar am
Tatort. Keßler stand am Flipchart und schrieb einen dritten Namen unter die
bereits aufgeführten Namen Florian Baumertund Jürgen Böttger.
Ulrich Steinhagen
Verena beobachte ihn dabei und meinte: „Wenn das so weitergeht,
wird der Platz auf dem Papier bald nicht mehr ausreichen.“
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Es war Dr. Bamberger,
der ihr mitteilte, wie das dritte Opfer zu Tode gekommen war.
„Sie sagen, es war wieder das Gift der Kegelschnecke? Wieder
mit einem Injektor verabreicht? - Und ein Irrtum ist ausgeschlossen?“
Verena war sichtlich angespannt.
„Sie können sich sicher vorstellen, dass ich mir ein anderes
Ergebnis gewünscht hätte? Trotzdem vielen Dank für die schnelle Bearbeitung,
Doc!“, seufzte sie und legte den Telefonhörer auf.
Keßler, der das Gespräch mitverfolgt hatte, legte den Marker
beiseite und schaute neugierig in Verenas Richtung.
„Hat man vielleicht noch andere Hinweise, Spuren oder
irgendetwas gefunden?“
„Leider nicht. Es ist genau so, wie bei den beiden anderen.
Injektion im seitlichen Halsbereich und Todesursache Atemstillstand mit
anschließendem Herzversagen. Der Bericht geht gleich mit der Hauspost raus. - Keßler,
ich fürchte, wir haben ein ernsthaftes Problem! Wir haben mittlerweile drei
Tote und wissen nichts über den oder die Täter. Ich habe die Befürchtung, dass
wir dabei sind, uns zu verzetteln.“
„Wie meinen Sie das?“
„Schauen Sie, es kann durchaus sein, dass die Morde zwar
etwas mit dem Kloster Auethal zu tun haben, aber nicht mit dem
Missbrauchsskandal in den 80erJahren in Verbindung stehen. Wenn das so sein
sollte, ergibt sich ein vollkommen neues Bild. Diesen Aspekt dürfen wir nicht aus
den Augen verlieren.“
Kaum hatte sie den Satz beendet, klingelte erneut das
Telefon. Verena schaute kurz auf das Display. Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte
sich, als den Namen las.
„Keßler, reden Sie mit ihm. Es ist Bent. Sagen Sie ihm, ich
sei gerade nicht am Platz!“
Verena unterstrich ihre Worte mit energischen Gesten, die
Keßler dazu aufforderten, keine Zeit zu verlieren.
Er meldetet sich mit: „Adrian Keßler.“
Thomas Bent war offensichtlich so erregt, dass seine Worte
deutlich aus dem kleinen Lautsprecher des Telefonhörers drangen und sehr gut
von Verena zu verstehen waren, obwohl Keßler auf der anderen Seite des
Schreibtisches stand. Um sein Gehör zu schonen, hielt er den Hörer mit einigem
Abstand in Kopfhöhe. Nach wenigen Sekunden endete die Tirade des Polizeirats
und Keßler antwortete: „Ich werde es ihr ausrichten.“
Keßler reichte Verena den Hörer, schüttelte den Kopf und
schaute sie dabei mitleidig an. „Sie sollen in sein Büro kommen.“
Verena legte den Telefonhörer auf und antwortete mit einem
gequälten Lächeln: „Ich weiß, Keßler. Ich habe jedes Wort verstanden. Ich frage
mich, warum der überhaupt ein Telefon benutzt. Bei der Lautstärke braucht er
das eigentlich nicht.“
„Chefin, wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, warten Sie
lieber noch einen Moment, bevor Sie zu Ihm rübergehen. Vielleicht regt er sich
noch ab.“
„Das glaube ich eher nicht. Ist aber nett von Ihnen gemeint,
Keßler.“
„Soll ich Sie begleiten?“
Verena fragte überrascht: „Was ist denn los mit Ihnen? So
kenne ich Sie ja gar nicht.“
„Ach, wissen Sie, ich finde das einfach extrem ungerecht. Da
rackert man von morgens bis abends und versucht, einen guten Job zu machen. Und
dann macht dieser Bent mit zwei Sätzen die ganze Motivation
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