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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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zwar die Motten los, aber wer weiß, was das Gift mit mir macht«, sagte sie. »Außerdem tun die ja nichts.«
    Kein Wunder also, dass ich eine eigene Wohnung herbeigesehnt hatte. Und ich genoss es sehr! Ich genoss es, mich auf mein Sofa zu kuscheln, und staunte beim Aufstehen jedes Mal über die Sauberkeit meiner Kleidung, die nicht mit Katzenhaaren übersät war. Und ich genoss es, das Waschbecken zu wischen und es beim nächsten Gang auf die Toilette immer noch sauber vorzufinden, weil zwischenzeitlich niemand dort seine Malpinsel ausgewaschen oder sich selbst die Haare geschnitten hatte. Und zu meiner neuen Wohnung und meiner neuen Arbeit bekam ich also auch noch – endlich! – einen Freund. Und dieser Freund würde bald – endlich! – mein Ehemann werden.
    »Hallo, Schatz«, rief ich.
    »Hallo, Möhrchen«, antwortete er aus dem Wohnzimmer.
    Ich hängte meinen Mantel auf, stellte meine Schuhe in das Schuhregal, nicht ohne vorher einmal mit einem bereitliegenden weichen Lappen über das schwarze Leder zu wischen, legte meine Tasche in die oberste Schublade der Kommode in der Diele, dann ging ich mir die Hände waschen – nach dem Bahnfahren immer besonders wichtig – und anschließend ins Wohnzimmer.
    Jens saß vor dem Fernseher. Er hatte schon seine Arbeitsklamotten – Anzug, Hemd, Krawatte – getauscht gegen eine Chinohose und einen dunkelblauen Sweater, was mir gut an ihm gefiel, auch wenn ein Hemd seinen Bauch, den er in den letzten Jahren angesetzt hatte, etwas mehr kaschierte. Mein süßer Knuddelbär! Als ich mich neben ihn setzte und meinen Kopf an seine Schulter lehnte, merkte ich erst, wie mich dieser ganze Tag mitgenommen hatte. Ich stöhnte leise.
    Jens bemerkte sofort, dass was nicht stimmte. »Was ist los, Möhrchen?«, fragte er und legte den Arm um mich. »Lief die Präsentation nicht gut?«
    »Es gab keine Präsentation.«
    »Was? Wieso nicht?«
    Ich fing an zu schluchzen.
    »Aber was ist denn?«
    »Meine Eltern …«
    »Was haben die schon wieder gemacht?«
    »Sie haben demonstriert. Gegen den Flughafenausbau.«
    »Wie kommen die denn auf diese schwachsinnige Idee?«
    »Na ja, das wäre ja noch in Ordnung gewesen, wenn wir nicht diesen Termin gehabt hätten. Mit dem Hauptinvestor des Flughafenausbaus. Gunther Bogert.«
    »Bogert war da?«
    »Ja, er war da. Und dann …« Ich brauchte einige Anläufe, um Jens die ganze Geschichte zwischen meinen Schluchzern zu erzählen.
    »Und das Schlimmste ist«, heulte ich, »dass ich noch nicht mal meinen Eltern alleine die Schuld geben kann. Ich habe echt Mist gebaut!« Ich warf mich in seinen Arm.
    » Wie hat dein Chef deinen Vater noch mal genannt?«, fragte Jens ungläubig.
    »Das ist doch jetzt egal!«
    Ich heulte auf, um ihm meine Misere deutlich zu machen, und endlich sagte er mit sanfter Stimme: »Ach, Möhrchen, das ist einfach dumm gelaufen.« Dann setzte er spitz hinzu: »Wie immer, wenn deine Eltern mitmischen.« Er streichelte mir über die Wange. »Du konntest doch nichts dafür.«
    »Erzähl das mal meinem Chef.«
    »Ist er sauer?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Hat er dir irgendwie gedroht oder so?«
    »Na ja«, schniefte ich. »Er hat schon gesagt, dass ich mir einen solchen Fehler nicht leisten kann.«
    »Hat er dich gefeuert?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Na, da hast du aber Glück gehabt«, stellte Jens fest. »Wenn ich dein Chef wäre, wärst du so gut wie erledigt.« Ich schaute ihn verdutzt an, aber er schob schnell hinterher: »Aber er wäre ja verrückt, wenn er dich gehen lassen würde.«
    Ich schnäuzte mich in ein Taschentuch. »Ich muss es halt irgendwie wiedergutmachen. Aber ich weiß überhaupt nicht, wie …«
    »Dir wird schon was einfallen. Was gibt es eigentlich zum Abendessen?«
    Ich kochte uns Spaghetti aglio, olio e peperoncini – nur ohne Knoblauch, wegen der Kunden, und mit nur einem halben Peperoncino, weil Jens nichts Scharfes mochte. Er trank sein Glas Wein dazu, während ich Wasser nahm. Als mein Handy klingelte, ignorierte ich es.
    Später hörte ich die Mailbox ab. Es war Ellen, die wissen wollte, was los gewesen war. Dann riefen noch meine Eltern an, was ich an der Nummer auf dem Display erkannte, aber ich ging wiederum nicht dran. Ich hatte heute keine Kraft mehr, ihnen alles zu erklären. Außerdem würden wir uns am nächsten Tag sowieso wieder sehen, bei der Trauung meiner Kusine Anja, die Daniel, den Vater ihrer Tochter Mia, heiraten würde. Diese Vorstellung gefiel mir überhaupt nicht. Meine

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