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Orient-Express (German Edition)

Orient-Express (German Edition)

Titel: Orient-Express (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dos Passos
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sah ich zum letzten Mal an diesem Tag den Ararat. Ich saß auf meinem Koffer, die Zähne in die süße, tropfende Melone gegraben, drei Streifen Wassermelonenrot vor dem intensiven Indigo des Himmels.

4. Eriwan
     
    Lange, schnurgerade, grasüberwucherte Straßen, erfüllt von einem widerlichen Gestank von Mist und Kloake. Halbnackte Kinder mit eingefallenen Wangen und aufgedunsenen Hungerbäuchen kauern wie verwundete Tiere in Eingängen und Mauernischen. Über grauen Mauern hier und da ein tragender Apfelbaum. Darüber der makellose Türkishimmel, in dem man von jeder kleinen Erhebung aus das ferne weiße Schimmern des Ararat sehen kann. Man sagt, obwohl ich es selbst nicht gesehen habe, dass jeden Tag ein Leichenkarren herumfährt, der die Toten von der Straße aufliest. Aus den Dörfern werden entsetzliche Geschichten berichtet, dass die Leute dort, weil sie nichts zu essen haben, frische Gräber plündern und die Toten verzehren. Doch auf dem Boulevard, dem schäbigen Mittelpunkt von Eriwan, schlendern die Leute umher, vergleichsweise gut genährt und gekleidet. In den Läden gibt es viel Obst, auf den Basaren gibt es Fleisch und Käse und unansehnliches grobes Schwarzbrot. Die Russen haben ein Kino eingerichtet und ein armenisches Theater gegenüber der orthodoxen Kirche, das mit grellen Plakaten auf sich aufmerksam macht.
    Dort begegnete der Sajjid einem persischen Ladenbesitzer. Dieser Mann, ein Muslim, berichtete, dass die meisten mohammedanischen Einwohner von Eriwan von Armeniern massakriert und vertrieben worden seien. Wir kauften eine Wassermelone, die wir an Ort und Stelle aßen, während der Sajjid und der Perser auf Turki zwanglos miteinander plauderten. Ich schnappte das Wort Amerikai auf und mehrmals das Wort Ararat und fragte den Sajjid, worum es ging. «Der Mann hier sagt, dass ein Amerikaner, ein amerikanischer Journalist, im letzten Jahr auf den Ararat gestiegen und dort gestorben ist. Er wurde von einem Armenier vergiftet. Dieser Mann hier war sein Diener.»
    Ich wollte noch nähere Einzelheiten erfahren, doch in dem Moment betraten mehrere Leute das Geschäft. «Er wird jetzt nichts mehr erzählen», sagte der Sajjid geheimnisvoll. Den Rest der Geschichte haben wir nicht erfahren.
    Gegenüber vom Bahnhof ist eine verfallene braune Mauer, in ihrem Schatten liegen Männer, Kinder, eine Frau, Lumpenbündel, die sich wie im Fieber krümmen. Wir fragen jemanden, was mit ihnen los ist. «Nichts, sie sterben.» Ein halbnackter Junge, die schmutzige Haut graugrün, kommt mit einem Stück Brot in der Hand aus dem Bahnhof, wankt wie benommen in Richtung Mauer. Dort sinkt er nieder, zu schwach, um die Hand zum Mund zu führen. Ein alter Mann mit einem Stock in der Hand humpelt langsam herbei. Er hat blutunterlaufene Augen, die aus einer unbeschreiblichen Matte von Haar und Bart herausschauen. Er steht eine Weile über dem Jungen und greift dann, auf seinen Stock gestützt, nach dem Brot und verschwindet um die Ecke hinter den Bahnhof. Der Junge wimmert leise vor sich hin, liegt nur reglos da, den Kopf auf einen Stein gestützt. Über der Mauer, vor dem violetten Nachmittagshimmel, steht der Ararat weiß und kühl und glatt wie die Vision einer anderen Welt.

5. Basch-Nuraschin
     
    Gestern Abend verließen wir Eriwan in einem privaten und eigens gereinigten Güterwagen, der nach langen Verhandlungen mit dem Bahnhofsvorsteher und anderen Beamten und reichlich Bakschisch aufgetrieben worden war. Der Sajjid setzte sich als diplomatischer Kurier grandios und sehr wirkungsvoll in Szene. Nachdem wir schließlich eingestiegen waren und darauf warteten, dass der Zug sich vielleicht zur Abfahrt entschließen würde, erklärte mir der Sajjid, dass man in Russland und im Orient ganz allgemein durch mürrisches und grobes Auftreten am besten führe. Versprach ihm, die Perlen seiner Weisheit zu beherzigen. Außerdem versicherte er sich der Dienste eines Laternenschwenkers namens Ismail, eines Muslim, der eifrig Wasser und Melonen beschaffte und sogar ein paar schrumpelige Gurken auftrieb. Wir ließen dem Lokomotivführer zwei Dosen Sardinen bringen und dem Schaffner ein Päckchen Tee. Und nachdem wir unsere Position im Zug derart gesichert glaubten, schlossen wir unsere Türen, öffneten die kleinen Fenster und bereiteten unsere übliche Mahlzeit aus Tee, Käse, Brot und Kaviar, und ein paar Stunden später fuhr der Zug tatsächlich ab.
    Am Morgen gab es einen Halt in einem fruchtbaren, aber schilfbestandenen Tal

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