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Orient-Express (German Edition)

Orient-Express (German Edition)

Titel: Orient-Express (German Edition)
Autoren: John Dos Passos
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Hier ist noch ein weiterer Gesang über das Reisen, der sein gesamtes Werk charakterisiert, Ausdruck der Qualen und Freuden einer Generation von Eisenbahnnarren, Schiffsnarren, Flugzeugnarren.
     
    Ich habe Durst
    Verflucht
    Verflucht noch mal
    Verflucht noch mal
    Ich möchte das Feuille d’Avis de Neuchâtel oder den
        Correo de Pamplona lesen
    Mitten auf dem Atlantik fühlt man sich nicht wohler als in
       einem Redaktionsbüro
    Wie ein eingesperrtes Eichhörnchen drehe ich meine Runden im
       Käfig der Meridiane
    Da, schau mal, ein Russe, der sympathisch wirkt
    Wohin soll’s denn gehen
    Auch er weiß nicht, wo er mit seinem Gepäck einmal landen wird
    In Léopoldville, in der Sedjerah bei Nazareth, bei
       Mr Junod oder bei meinem alten Freund Perl
    Im Kongo in Bessarabien auf Samoa
    Ich kenne alle Fahrpläne
    Alle Züge und ihre Anschlüsse
    Ankunfts- und Abfahrtszeiten
    Alle Dampfer alle Tarife und alle Gebühren
    Egal wohin
    Ich habe Adressen
    Lebe von meiner Schreibmaschine
    An Bord der Volturno reise ich von Amerika zurück,
       für 35 Francs von New York nach Rotterdam
     
    Für Blaise Cendrars spielt Amerika anscheinend eine besondere Rolle, in den USA zog er den entspannteren Süden und Westen den bibelschweren Bergen von Neu-England vor. Hier ist ein Gedicht über den Mississippi, für das Old Kentucky die vielen Krokodile geliefert haben muss, immer noch eine gute Ergänzung der wunderbaren alten Ansichten von Raddampfern, mit einem Neger am Sicherheitsventil.
     
    An dieser Stelle ist der Fluss fast so breit wie ein See
    Zwischen zwei sumpfigen Böschungen wälzt er seine
       gelblich schlammigen Wasser
    Wasserpflanzen, die übergehen in Baumwollplantagen
    Da und dort tauchen Städte auf oder Dörfer, die sich
       mit ihren Fabriken in kleine Buchten verkrochen haben
    Mit ihren hohen schwarzen Kaminen und langen Stegen
    Mit ihren langen Stegen auf Pfählen
    Die sich weit ins Wasser vorwagen
     
    Drückende Hitze
    Die Bordglocke läutet zum Lunch
    Die Passagiere präsentieren sich in karierten Anzügen, mit
       buntschreienden Krawatten und glitzernden Westen
    Die zu den scharfen Cocktails und ätzenden Saucen passen
     
    Es gibt viele Krokodile
    Die jungen munter und quicklebendig
    Die alten lassen sich mit ihren grünbemoosten Rücken treiben
     
    Die üppige Vegetation verweist auf die Nähe der Tropen
    Riesenbambus, Palmen, Tulpen- und Lorbeerbäume, Zedern
    Der Fluss ist jetzt doppelt so breit
    Gespickt mit schwimmenden Inseln, von denen, sobald sich das
       Schiff ihnen nähert, ganze Schwärme von
       Wasservögeln aufstieben
    Dampfschiffe, Segelschiffe, Kähne, Wasserfahrzeuge aller
       Art und riesige Floße
    Gelber Dampf steigt aus den überhitzten Fluten des Stroms
     
    Zu Hunderten tummeln sich nun die Krokodile um uns herum
    Man hört das trockene Zuknallen ihres Gebisses und
       erkennt ihr grimmiges Auge
    Die Passagiere machen sich einen Spaß daraus,
       mit Präzisionsgewehren auf sie zu schießen
    Wenn einem erfahrenen Schützen das Kunststück gelingt,
       ein Tier zu töten oder tödlich zu verwunden
    Stürzen sich seine Artgenossen auf das Opfer und reißen es
    Wild in Stücke
    Mit leisen Schreien, die wie das Gewimmer eines
       Neugeborenen klingen.
     
    In Kodak (Dokumentarfilm) finden sich Gedichte über New York, Alaska, Florida, über die Jagd auf Wildenten und Auerhähne in Birkenwäldern bei Winnipeg, über eine neblige Nacht in Vancouver, über eine Dschunke in einem Pazifikhafen, die japanisches Porzellan und Schwalbennester, Bambussprossen und Ingwer geladen hat, über Sterne, die wie Zucker schmelzen am Himmel über einer Insel, an der Kapitän Cook vorbeikam, über Elefantenjagd in einem Dschungel, über den prasselnder Regen niedergeht, und am Ende eine Liste von Menüs, mit Leguan und grüner Schildkröte, Lachs und Haifischflossen, Spanferkel mit gebackenen Bananen, Flusskrebsen mit Chilipfeffer, Brotbaumfrüchten, gebratenen Austern und Guaven, datiert Auf Reisen 1887 – 1923 . 1887 ist Cendrars’ Geburtsjahr.
    Neunzehn elastische Gedichte . Paris ist, ob wir wollen oder nicht, bis heute ein Zentrum von Unruhe, hier wird unser Jahrhundert aufgebaut und eingerissen. Von hier hat sich das Esperanto einer sich als «modern» begreifenden Kunst in alle Himmelsrichtungen ausgebreitet. Blaise Cendrars ist ein wandernder Pariser, dem diese und viele andere Dialekte sehr vertraut sind. Er ist so etwas wie ein Medizinmann,
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