Orks vs. Zwerge 2 - Fluch der Dunkelheit
vor.«
»Manchmal kann man es sich nicht aussuchen.«
Bresch runzelte irritiert die Stirn. »Bist du sicher?«
NEUNZEHN
Waldschatten
D er Wald lichtete sich allmählich. Das galt leider nicht für die Wolken. Die Regenfälle hatten in den letzten zwei Tagen an Heftigkeit zugenommen, und der Wind ähnelte mehr und mehr einem ausgewachsenen Sturm. Geistersturm. Das war das Wort, das die Aerc immer häufiger murmelten. Es half nicht gerade, dass Modrath und Sekesh das Wort ebenfalls verwendeten, wenn sie zum Himmel sahen. Oder in die Tiefen des Waldes, was Modrath anging.
Verstohlen musterte Krendar den schweigenden Wald. Das Schweigen war es, das ihm auf die Nerven ging. Seit Modrath sie darauf hingewiesen hatte, konnte er es nicht mehr ignorieren. Der Wald schwieg. Sicher, es gab Geräusche. Das Pfeifen des Winds in den Baumkronen, das Rauschen der Blätter unter immer neuen Wogen stetigen Regens, hier und da das leise Knarren nassen Leders, das Schmatzen eines Stiefels oder den leisen Fluch eines Kriegers. Aber die Geräusche, die Krendar mit einem Wald verband, die Geräusche des Lebens fehlten. Nicht immer – es gab Zeiten, in denen Insekten durch das Unterholz summten, irgendwo ein Vogel einige zaghafte Laute von sich gab oder schimpfend tiefer im Wald verschwand. Das waren die Momente, in denen Mäuse durch das welke Farndickicht neben dem Pfad huschten und ein Knacken tiefer im Wald verriet, dass dort auch größere Tiere lebten. Doch diese Momente waren seltener, als es Krendar lieb war. Zugegeben, er kannte sich nicht mit Wäldern aus. Auf dem Gebiet seines Stamms, der Roterdedörfer, waren Wälder selten. Es gab Gehölze, lichte Laubwälder an Wasserläufen, einzelne Baumgruppen, aber nicht – das hier. Nicht diese bemoosten Riesen, bei denen drei Aerc nicht reichen würden, um sie zu umfassen.
Was es jedoch gab, war Stille. Diese Momente, in denen alle Grillen verstummten, in denen die kleinen Nager im Gras erstarrten und nicht zu atmen wagten, in denen sogar die ewig vorlauten Trukkavögel schwiegen. Das waren die Momente, in denen ein Herdenwächter wach sein musste, denn es bedeutete stets eines: Ein Raubtier schlich durch den Wald, ein Jäger, der so furchterregend war, dass sich das Leben um ihn versteckte und erst wieder zu atmen wagte, wenn er vorübergezogen war.
Das war die Stille, die sie zu begleiten schien. Krendar war sich nicht sicher, ob die anderen Aerc sie wirklich bemerkt hatten. Doch das Land der Felsenbären lag in einer steinigen Steppe weit nördlich von hier, in der eine Baumgruppe schon Wald genannt wurde, wenn man durch sie hindurch nicht das andere Ende sehen konnte. Wenn Krendar das richtig verstanden hatte. Sekesh dagegen hatte nur trocken gelacht, als er sie auf ihre Heimat angesprochen hatte. Im Land der Ayubo schien es so wenig Holz zu geben, dass es als Kostbarkeit galt. Sand herrschte dort. Und Sand war, wie Sekesh bemerkt hatte, noch stiller als dieser Wald.
Nur Modrath teilte die Bedenken des jungen Broca. Ein Umstand, der nicht gerade zu Krendars Beruhigung beitrug. Ein Oger mit Bedenken war immer ein schlechtes Zeichen. Nichtsdestotrotz hatte die bedrückende Stimmung auch die anderen Krieger erfasst. Der Wald zerrte an ihren Nerven, und jeder Tag verstärkte die Anspannung noch, die über dem schweigenden Zug der Aerc lag.
Prakosh hatte das Marschtempo erhöht. Seit die Zwerge verschwunden waren, gab es nichts mehr, was ihn bremsen konnte, und es schien, als hätte ihn dieser Verlust wachgerüttelt. Sie hatten eine Fracht, die den Stämmen wertvoller war als jeder Wühler, und der Raut schien jetzt alles daran setzen zu wollen, die Herzen der Toten ins Stammesland zu bringen, bevor der Sturm sie eingeholt hatte.
Was die Menschen in Krendars Obhut anging, so schien er sie vergessen zu haben. Auf jeden Fall war es ihm vollkommen egal, ob sie das Tempo der Aerc mithielten oder nicht. Noch taten sie es, auch wenn die Männer die Welpen inzwischen tragen mussten. Viel länger würden sie das nicht mehr tun können, selbst mit Hilfe der Pranokk-Wurzeln, die sie in ihre Mahlzeiten mischten. Nicht nur, weil Krendars Vorrat langsam zur Neige ging.
Sekeshs Warnungen wurden eindringlicher: Auch der stärkste Aerc-Krieger konnte Pranokk nicht länger als einige Tage nehmen. Pranokk vertrieb die Müdigkeit, sorgte dafür, dass man den Schmerz nicht spürte und verlieh neue Kräfte. Aber das gab es nicht geschenkt. Die Wurzel schob all das nur auf, doch es ging nicht
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