Orks vs. Zwerge
überflog es stirnrunzelnd. »Das ist das Siegel von General Variscit«, stellte er überrascht fest. »Hätte nicht gedacht, dass noch jemand vom Generalstab hier bei uns auftaucht. Ist doch noch nicht alles verloren?«
»Hüte deine Zunge, Mann«, funkelte Kearn ihn zornig an. Er trat einen Schritt nach vorn und ließ den Streitkolben auf die Tischplatte donnern.
Talus hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte nicht unverschämt erscheinen. Ich hatte nur geglaubt, dass wir die Letzten sind, die kampflos von diesem elenden Ort hier abziehen. Doch plötzlich stehen Sie vor meinem Tor und wollen hindurchgelassen werden. Darf man fragen, wieso?«
»Wir müssen zum Tempel«, knurrte Kearn. »Alles andere interessiert Sie einen Scheißdreck.«
Axt seufzte. Man hatte sie gewarnt, dass Hertig Kearn kein einfacher Brocken sein würde. Es sah aus, als wollte der Einäugige ihre Erwartungen nicht enttäuschen. Sie räusperte sich. »Wir dürfen Ihnen nichts darüber erzählen.«
Talus schaute sie zweifelnd an. »Sie wollen also in die Kernstadt? Wissen Sie überhaupt, wie es dort aussieht?« Er winkte einen seiner Männer heran und ließ sich eine grob gezeichnete Karte von Derok reichen. Nachlässig wischte er seine Mahlzeit vom Tisch. Mit lautem Klirren zerbarst der Bierkrug auf dem Boden, der Inhalt schwappte über die Reste des Bratens. Talus ließ die Karte auf die frei gewordene Tischplatte fallen und rollte sie aus.
»Das hier ist die Situation der Stadt, wie sie sich uns heute Mittag darstellt. Hier ist das Zentrum, dort die Weststadt und direkt darunter das Hafenviertel, in dem wir uns befinden. Sehen Sie dort oben die vielen roten Kreuze? Das sind die Armeen des Feindes. Die Gartenvorstadt ist bereits gefallen. In der Oststadt führen sie Rückzugsgefechte, und von den Menschen, die den Westwall besetzt halten, bekommen wir nur bruchstückhafte Informationen. Aber selbst die müssen wir mehr als anzweifeln, wenn man bedenkt, was für ein verlogenes Pack das ist. Und sehen Sie das dort?« Sein Zeigefinger zog eine Fettspur schräg über die Karte bis zu dem mächtigen Mauerring, der die Kernstadt umgab. »An dieser Stelle hat der Feind die Mauer bereits überrannt und schickt sich an, in das Zentrum vorzudringen. Daran gibt es wohl nichts mehr zu rütteln.« Talus schaute auf. »Kurz: Wir sind von drei Seiten vom Feind umgeben und ziemlich im Arsch. Was Sie auch vorhaben, es ist zum Scheitern verurteilt. Ich rate Ihnen, gehen Sie zurück in die Südstadt, zapfen Sie sich ein gutes Bier und schauen Sie zu, wie die Ingenieure die Brücken sprengen. Das ist jedenfalls das, was ich in Kürze vorhabe. Und es ist allemal schöner als alles, was Sie dort draußen vorfinden.«
»Wir wissen Ihre Ehrlichkeit zu schätzen, Heetmann.« Axt rollte das Schreiben des Generals zusammen und steckte es in den Ärmel. »Aber unsere Mission ist zu wichtig.«
Der Heetmann hob eine Augenbraue. »Na wenn Sie das sagen. Ich halte es trotzdem nicht für klug, das Tor zu öffnen.«
Axt lächelte. »Lassen Sie das uns entscheiden.«
»Wie Sie wollen.« Der Heetmann zuckte mit den Schultern, stemmte sich ächzend in die Höhe und stapfte auf die Straße. »Unteroffizier Dvergat! Stell endlich dieses verdammte Fass zur Seite und lass die Männer antreten. In Schildformation. Dahinter die Armbrustschützen. Dann öffne das Tor für diese Herrschaften hier.«
Als sich die massiven Flügel des Tors mit widerstrebendem Knarren öffneten, gaben sie den Blick auf einen Platz frei, in dessen Mitte sich eine große Menschenmenge versammelt hatte. Sie standen dicht gedrängt und schwer beladen mit ihren Habseligkeiten. Manche zogen Handkarren hinter sich her, ein paar sogar Schweine, Ziegen und andere Nutztiere. Zwei der Menschen hatten zwischen sich einen langen Stab auf die Schultern gelegt, von dem ein gewaltiger Kupferkessel baumelte. Es waren viele Alte, Frauen und Kinder unter ihnen, mit abgehärmten, verdreckten Gesichtern, die Augen voller Angst und Verzweiflung. Als sie sahen, dass sich das Tor öffnete, ging ein Ruck durch ihre Reihen, und die Ersten drängten eilig nach vorn.
»Was sind das für Leute?«, fragte Axt irritiert. »Was machen die da draußen?«
»Flüchtlinge aus der Weststadt«, erklärte Talus. »Sie wollen zum Hafen, was sonst?«
»Und warum werden sie nicht hereingelassen?«
Talus zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich. Vielleicht weil die Boote voll sind oder die Notunterkünfte in der Südstadt sie
Weitere Kostenlose Bücher