Orks vs. Zwerge
schwerer verständlich, fand Ragroth. Und mal ehrlich, wer wollte einen Anführer, bei dem man jeden zweiten Befehl erraten musste?
Rechts neben dem Shirach stand Raut Urumai, die Arme vor der fassförmigen Brust verschränkt und wie üblich mit einem unlesbaren Ausdruck in der nachtschwarzen Visage. Der Held des Abends. Der Ayubo hatte seinen rechten Hauer komplett vergoldet, und die schwarze Haut war fast lückenlos mit wulstigen Ritualnarben verziert. Überhaupt war er das augenfällige Gegenstück zu Drangog: beinahe genauso hässlich, noch ein Stück größer und ebenso beschissen gelaunt. Noch ein Grund, warum Ragroth lieber nicht am Tisch stand.
Rund um Urumai hatten sich die anderen drei Raut der Ayubostämme aufgestellt und zeigten Stärke, frische Wunden und jede Menge Goldschmuck. Eine ziemlich zwergische Vorliebe für jemanden, der die Wühler hasste.
»Ich verlange, dass wir sofort in die Stadt einmarschieren«, grollte Urumai gerade. »Unsere Krieger haben gut gekämpft. Sie sollten den ersten Zugriff auf die Beute haben.«
Die anderen Ayubo nickten, dass die verfilzten Zöpfe flogen, und schlugen sich mit den Fäusten auf die nackte Brust.
Drangog drehte ihm langsam den Kopf zu. »Du verlangst viel, Raut. Ziemlich viel dafür, dass der Turm, den du einnehmen solltest, immer noch halb voller Wühler ist.«
Ragroth horchte auf. Das war neu.
»Der Mauerabschnitt ist gesichert«, verteidigte sich Urumai, »und das Tor offen. Deine Truppen haben ungehinderten Zugang zur Stadt und strömen hinein wie die Schakale, nachdem die Jäger die Beute verwundet haben.«
»Deine Scheißbeute wehrt sich aber noch!«, blaffte Gorotak. »Macht eure Arbeit, dann könnt ihr plündern.« Er gehörte zu Drangogs Anhängern. Ein bulliger Steppenaerc, der wie Ragroth die schwarzen Gesichtstätowierungen der Hyänenstämme trug. Auf seinen massigen Armen und Schultern wuchsen sandfarbene Haare, beinahe so dicht, dass es aussah, als hätte er Fell, und seine breite Nase war so oft gebrochen gewesen, dass sie kaum noch einen Knochen zu enthalten schien. Das fette Schwein war gut einen Kopf kleiner als Urumai, aber mindestens genauso schwer. Außerdem hatte er die widerliche Angewohnheit, sich mit den abgeschnittenen Ohren seiner Feinde zu behängen. Leider verzichtete er darauf, sie vorher ordentlich zu trocknen, sodass sie still vor sich hin faulten und den speckigen Aerc mit einer durchdringenden Wolke von Verwesungsgestank umgaben. Für gewöhnlich hatte er schon deshalb nicht viele Freunde unter den anderen Raut. Doch diesmal nickten einige. Alles Aerc aus den Steppenstämmen.
Urumai ignorierte ihn. »Es ist eine Frage der Zeit, bis wir die oberen Stockwerke des Turms ebenfalls erobert haben. Aber bis dahin plündern eure Krieger die Beute, die von Rechts wegen uns gehört! Wir werden um unser Recht betrogen!«
Natürlich werdet ihr das. Genauso wie ich. Das ist Shirach-ich-scheiß-auf-euren-Anteil-Drangog, mit dem du hier redest. Ragroth kratzte sich getrocknete Blutkrusten vom Unterarm. Er hätte sich gern jetzt schon verdrückt, aber heute würde es sich Drangog nicht nehmen lassen, ihn als seinen Erfolg zu verbuchen.
»Euer Recht? Weißt du, wer den Turm erobert hat, in dem du deine Forderungen stellst, Ayubo?«
Und da kommt es schon.
»Ein einfacher Broca. Ragroth, einer meiner Broca, mit nur zwei Kriegern«, Drangog deutete auf ihn, »während du zwei Doppelfäuste verloren hast und wir den Turm immer noch nicht vollständig kontrollieren! Zwei Doppelfäuste Ayubokrieger, drei Oger und einen der Skrag! Das bezeichnest du als Erfolg? Meinst du, dass Kriegsherr Rogoru deine Ansicht teilen wird?«
Vermutlich schon. Ragroth verdrehte die Augen. Sie sind im Kampf gegen Zwerge gefallen, das wird bei seinen Stämmen immerhin als große Ehre gehandelt. Die Ahnen wissen vielleicht, warum. Nur den toten Skrag könnte man dir eventuell übel nehmen.
»Solange noch Wühler im oberen Turm sitzen, verlieren wir für alle drei Krieger, die wir durch das Tor bringen, einen weiteren. Das ist nicht akzeptabel!«
Warum? Tote Aerc der Weststämme haben die Kriegsherren doch bisher nicht interessiert. Warum sollten sie es jetzt?
Urumai setzte zu einer Entgegnung an, doch der Shirach rammte ein Messer in den Tisch und brüllte: »Kein Wort mehr davon! Wir sind in einem heiligen Krieg aller Stämme, und euch fällt nichts Besseres ein, als darum zu streiten, wer wann und wo plündert? Seid froh, wenn die Kriegsherren nicht
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