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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Seine Beine gaben unter ihm nach, und sie mußten ihn stützen. Er klagte über ein Schwächegefühl und Benommenheit.
    Hal war noch immer dabei, die anderen Anziehsachen in den Kissenbezug zu stopfen. »Wenn es nötig ist«, meinte er, »können Bobby und ich ihn ja tragen.«
    »Tut mir leid, daß ich Ihnen solche Umstände mache«, sagte Frank.
    Julie fand, er habe sich nie mitleiderregender angehört und nie erbarmungswürdiger ausgesehen. Und sie spürte ein Schuldgefühl, weil sie so lange gezögert hatte, ihn anzufassen.
    Zusammen mit Bobby stützte sie Frank und dann gingen sie mit ihm hin und her, immer an den regennassen Fenstern vorbei, um ihm die Chance zu geben, sich zu erholen, wieder zu lernen, wie man seine Beine benutzt. Allmählich kehrten seine Kräfte und sein Gleichgewichtssinn zurück.
    »Aber meine Hose rutscht immer wieder runter«, sagte Frank.
    Sie lehnten ihn gegen das Bett, und er stützte sich auf Julie, während Bobby den blauen Baumwollpullover anhob, um zu sehen, ob er den Gürtel vielleicht ein Loch enger schnallen müsse. Das Gürtelende war durch Unmengen kleiner Löcher ganz brüchig. Es sah aus, als hätten fleißige Insekten sie hineingebohrt. Aber welche Insekten fraßen schon Leder? Als Bobby die polierte Messing-Gürtelschnalle berührte, zerbröselte sie unter seinem Griff, als sei sie aus flockigem Blätterteig.
    Bobby starrte auf die glitzernden Metallbrösel an seinen Fingern und fragte: »Wo kaufen Sie Ihre Kleidung, Frank?
    Im Discountladen oder auf der Müllkippe?«
    Julie wußte, daß er entnervt war, obwohl er einen leichten Ton anschlug. Welche Substanz oder welche Umstände konnten die Konsistenz von Messing derart verändern? Als er seine Finger am Bettuch abwischte, um die eigenartigen Krümel loszuwerden, zuckte sie zusammen, hatte sie doch fast erwartet, sein Fleisch könne durch die Berührung mit dem Messing verseucht sein und wegkrümeln, so wie es die Gürtelschnalle getan hatte.
    Nachdem Hal in Franks Hose den Gürtel eingezogen hatte, der zu dem Anzug gehörte, mit dem er ins Krankenhaus gekommen war, half er Bobby, den Klienten aus dem Zimmer zu schaffen. Julie war vorausgeeilt, um sicherzustellen, daß sie niemandem begegneten. Sie folgten ihr schnell und geräuschlos durch den Korridor und den Notausgang, der zum Treppenhaus führte. Franks Haut fühlte sich nach wie vor kalt und klebrig vom Schweiß an, doch die Anstrengung trieb ihm die Röte in die Wangen, so daß er jetzt weniger einem wandelnden Leichnam glich.
    Julie hastete hinunter in den Treppenschacht, um zu sehen, was sich hinter den Türen da unten verbarg. Unter dem Knarren, Kratzen und Scharren ihrer Schritte, das hohl von den nackten Betonwänden zurückhallte, stiegen die drei Männer vier Stockwerke ohne Schwierigkeiten hinunter. Auf dem Treppenabsatz im vierten Stock hatten sie allerdings eine Pause einlegen müssen, damit Frank Luft schöpfen konnte.
    »Sind Sie immer so schwach, wenn Sie aufwachen und sich nicht erinnern können, wo Sie gewesen sind?« erkundigte sich Bobby.
    Frank schüttelte den Kopf. Seine Worte wurden von einem leichten Schnaufen begleitet: »Nein. Immer verängstigt, müde, aber nicht so schlimm - wie diesmal. Ich habe das Gefühl, daß - was immer ich auch tue - wohin ich auch gehe -, daß es mir einen immer größeren Tribut abverlangt. Ich werde es nicht - nicht überleben - noch mehr von dem hier.«
    Während Frank redete, fiel Bobby am blauen Baumwollpullover des Mannes etwas sehr Eigenartiges auf. Das Zopfmuster war teilweise sehr unregelmäßig, so als habe die Strickmaschine für kurze Zeit verrückt gespielt. Und am Rücken, in der Nähe des rechten Schulterblatts, fehlte ein ganzes Stück. Das Loch war etwa so groß wie ein Block von vier Briefmarken, obwohl die Kanten eher unregelmäßig waren. Doch es war nicht einfach ein Loch. Ein Stückchen Stoff, es sah aus wie Khaki, füllte die Lücke und war nicht etwa nur eingenäht, sondern schien mit dem es umgebenden Baumwollgarn säuberlich verwoben zu sein, als sei das in der Fabrik selbst ausgeführt worden. Das Khaki war vom selben Ton und wies dieselbe starre Appretur auf wie die Hose, die Frank trug.
    Ein Schauer der Furcht überlief Bobby. Er hatte jedoch keine Ahnung wovor er sich eigentlich fürchtete. Sein Unterbewußtsein schien zu wissen, wie der Flicken dahin gelangt war, und was er bedeutete. Und es schien sich auch der schrecklichen Konsequenz bewußt, die Frank noch bevorstand, wogegen sein

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