Ort des Grauens
damit zum Flattern gebracht. Und urplötzlich nahm Frank Pollard auf dem zerwühlten Bett wieder Gestalt an.
In Julies Ohr erklang ein »Plopp«.
»Heiliger Strohsack«, sagte Bobby, was genau das war, was Julie von ihm erwartet hatte.
Sie dagegen war unfähig, überhaupt zu sprechen.
Keuchend setzte sich Frank Pollard im Bett auf. Sein Gesicht war blutleer. Die Haut um seine feuchten Augen herum wirkte zerkratzt. Sauer riechender Schweiß glitzerte auf seinem Gesicht, und in seinen Bartstoppeln hingen Schweißtropfen.
Er hielt einen halbgefüllten Kissenbezug in den Händen. Eine Ecke war zusammengedreht und mit einem Stück Strick zusammengebunden.
Jetzt ließ er ihn los, und er fiel mit einem leisen Plumps auf der Seite vom Bett auf den Boden, an der das Gitter fehlte.
Als er sprach, war seine Stimme heiser und hörte sich eigenartig an: »Wo bin ich?«
»Sie sind im Krankenhaus, Frank«, erwiderte Bobby. »Es ist in Ordnung. Sie sind da, wo Sie hingehören.«
»Krankenhaus ...«, wiederholte Frank, ließ das Wort auf der Zunge zergehen, als hätte er es eben zum erstenmal gehört -und spräche es ebenfalls zum erstenmal aus. Er schaute sich um, augenscheinlich verwirrt. Er wußte immer noch nicht, wo er war. »Lassen Sie mich nicht noch einmal weg...«
Er verschwand mitten im Satz. Ein kurzes Zischen begleitete seinen abrupten Abgang, so als entwiche die Luft im Zimmer durch ein Loch in der Hülle der Realität.
»Verdammt!« sagte Julie.
»Wo war sein Pyjama?« fragte Hal.
»Was?«
»Er hat Schuhe getragen, Khaki-Hosen, ein Hemd und einen Pullover«, erklärte Hal, »doch als ich ihn vor ein paar Stunden zum letztenmal sah, hatte er noch seinen Pyjama an.«
Am anderen Ende des Zimmers begann die Tür sich zu öffnen, blieb aber an Hals leerem Stuhl hängen. Schwester Fulgham steckte den Kopf durch die Türspalt. Sie sah auf den Stuhl hinunter, erblickte dann Hal und Julie und dann auch Bobby, der ans Fußende des Bettes getreten war, um an seinen beiden Kollegen und dem halbvorgezogenen Vorhang vorbeizuspähen.
Es gelang ihnen wohl nicht, ihr Erstaunen über Franks Verschwinden zu verbergen, denn die Frau runzelte bei ihrem Anblick die Stirn und fragte: »Was ist denn hier los?«
Julie ging ihr schnell entgegen, denn Grace Fulgham hatte eben den Stuhl beiseite geschoben und war dabei die Tür ganz zu öffnen. »Alles in Ordnung«, sagte sie rasch. »Wir haben eben mit unserem Mann telefoniert, der die Suchaktion leitet, und der sagte uns, er habe jemanden gefunden, der Mister Pollard heute Nacht gesehen hat. Wir wissen, wohin er will, und so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir ihn gefunden haben.«
»Wir haben nicht erwartet, daß Sie so lange hierbleiben würden«, sagte Schwester Fulgham und spähte an Julie vorbei zu dem zugezogenen Vorhang hinüber.
Selbst durch die geschlossene Tür mochte sie das leise Tirilieren der Flöte gehört haben, die keine Flöte war. »Nun«, sagte Julie, »von hier aus läßt sich die Suche am besten koordinieren.«
Julie war direkt vor Hals leerem Stuhl stehengeblieben, um so unauffällig zu verhindern, daß die Schwester das Zimmer betrat. Denn wenn es Grace Fulgham gelingen sollte, bis an den Vorhang zu gelangen, würde sie das fehlende Gitter, den schwarzen Sand im Bett und den Kissenbezug bemerken, der weiß Gott was enthalten mochte. Und es könnte sich als sehr schwierig erweisen, Fragen zu irgendeiner dieser Tatsachen überzeugend zu beantworten, und wenn die Schwester zu lange im Zimmer blieb, wäre es auch möglich, daß sie noch da war, wenn Frank zurückkehrte.
»Ich bin sicher, daß wir die Patienten nicht gestört haben«, sagte Julie. »Wir sind sehr leise gewesen.«
»Nein, nein«, meinte Schwester Fulgham, »Sie haben niemanden gestört. Wir haben uns nur gefragt, ob Sie nicht vielleicht einen Kaffee möchten, um munter zu bleiben.«
»Oh!« Julie drehte sich zu Hal und Bobby um. »Kaffee?«
»Nein«, sagten die beiden Männer gleichzeitig. Dann folgte noch ein »Nein, danke«, von Hal und ein »Sehr nett von Ihnen« von Bobby.
»Ich bin hellwach«, sagte Julie hektisch, um die Frau loszuwerden, und setzte, um nicht brüsk zu klingen, hinzu: »Bobby, mein Mann, verträgt kein Koffein, er hat ein Prostataleiden.« Ich plappere, dachte sie. »Außerdem werden wir jetzt ohnehin bald gehen, da bin ich ganz sicher.«
»Nun«, sagte die Schwester, »sollten sie Ihre Meinung ändern ...«
Nachdem die Fulgham gegangen war und die Tür
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