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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eingehüllt in den Duft von Chanel No. 5, unter eben den Decken und Laken, die einst seine Mutter gewärmt hatten und die er so sorgsam gehegt und aufbewahrt hatte, döste Candy und schreckte wiederholt aus dem Schlaf auf, obwohl er sich an keinerlei Alpträume erinnern konnte.
    Zwischen den Perioden unruhigen Schlafs brütete er über den Zwischenfall nach, der sich nachts im Tal beim Jagen ereignet hatte: als die Anwesenheit eines unsichtbaren Geistes spürbar gewesen war, der ihm die Hand auf den Kopf gelegt hatte. Niemals vorher hatte er auch nur etwas Ahnliches erlebt. Er war verwirrt von dieser Begegnung und sich nicht sicher, ob sie bedrohlich war oder gutartig, und er war begierig, das zu erfahren.
    Zunächst fragte er sich, ob es wohl die Engelsgestalt seiner Mutter gewesen sein könnte, die da über ihm geschwebt hatte. Doch diese Erklärung verwarf er dann rasch. Wäre seine Mutter durch den Vorhang zwischen dieser Welt und der nächsten getreten, hätte er sie, ihren Geist, erkannt. Er hätte diese einzigartige Aura von Liebe, Wärme und Zuneigung gespürt. Unter dem Gewicht ihrer Geisterhand wäre er auf die Knie gefallen und hätte vor Freude über ihren himmlischen Beistand geweint.
    Dann erwog er kurz, ob eine seiner undurchschaubaren und unergründlichen Schwestern -oder auch beide -ein bislang verborgenes Talent für psychische Kontakte hatte und es aus unbekannten Gründen an ihm ausprobiert hatte. Immerhin waren sie irgendwie in der Lage, ihre Katzen zu beherrschen und schienen diesen Einfluß auf andere kleine Tiere ebenfalls ausüben zu können. Möglicherweise konnten sie in das menschliche Bewußtsein genausogut eindringen. Er wollte jedoch nicht, daß dieses blasse Pärchen mit den eiskalten Augen in seiner Privatsphäre herumschnüffelte.
    Manchmal schaute er die beiden an und mußte an Schlangen denken -geschmeidige Albino-Schlangen, geräuschlos und lauernd -, deren Verlangen und Bedürfnisse ihm so fremd erschienen wie die aller Reptilien. Die Möglichkeit, daß sie in sein Bewußtsein eingedrungen sein sollten, war erschreckend, auch wenn sie ihn nicht würden beherrschen können.
    Auch diese Idee verwarf er, nachdem er kurz geschlafen hatte. Wenn Violet und Verbina solche Fähigkeiten besaßen, hätten sie ihn längst in ein gefügiges Werkzeug verwandelt, so gründlich, wie sie das mit ihren Katzen getan hatten. Sie hätten ihn gezwungen, entwürdigende, obszöne Dinge zu tun. Sie verfügten nicht über seine Selbstkontrolle, was die Begierden des Fleisches betraf, und würden, wenn sie könnten, Gottes fundamentalste Gebote ständig übertreten.
    Er konnte ebensowenig verstehen, warum seine Mutter ihn hatte schwören lassen, für sie zu sorgen und sie zu beschützen, wie er verstehen konnte, daß sie sie harte lieben können. Natürlich war diese Zuneigung für ihre irrgläubigen und ruchlosen Nachkommen nur noch ein weiteres Beispiel für ihre Engelsnatur. Vergeben-und Vergessenkönnen flössen aus ihr wie klares, kühles Wasser aus einem tiefen Brunnen.
    Ein Weilchen döste er vor sich hin. Als er wieder aus dem Schlaf aufschreckte, drehte er sich auf die Seite und beobachtete, wie das schwache Licht der Morgendämmerung an den Rändern der zugezogenen Vorhänge vorbeidrang.
    Er dachte über die Möglichkeit nach, ob das Wesen, dessen Nähe er im Tal gespürt hatte, vielleicht sein Bruder Frank hätte gewesen sein können. Doch das war genauso unwahrscheinlich. Wenn Frank über telepathische Fähigkeiten verfügte, hätte er gewiß schon vor langer, langer Zeit einen Weg gefunden, sie einzusetzen, um Candy zu zerstören. Frank war weniger talentiert als seine Schwestern und weit weniger talentiert als sein Bruder Candy.
    Wer aber war ihm dann im Tal zweimal so nahe gekommen, wer hatte sich so intensiv in sein Bewußtsein gedrängt? Wer hatte diese zusammenhanglosen Worte ausgestoßen, die noch jetzt in seinem Kopf widerhallten: Was ... wo ... was ... warum ... was ... wo ... was ... warum ...?
    Letzte Nacht hatte er versucht, dieses Wesen geistig zu packen. Als er sich hastig von ihm zurückgezogen hatte, harte er versucht, einen Teil seines Bewußtseins mit ihm in die Nacht aufsteigen zu lassen, war jedoch nicht in der Lage gewesen, die Verfolgung auf dieser übersinnlic hen Ebene fortzusetzen. Er hatte allerdings das Gefühl, daß er möglicherweise imstande wäre, diese Fähigkeit zu entwickeln.
    Sollte dieses unwillkommene Wesen jemals zurückkehren, würde er versuchen eine

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