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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Balance verloren. Er stolperte ins Büro und kollidierte mit Julies Schreibtischstuhl, der wie die vier anderen Stühle immer noch mitten im Raum stand, in genau dem Halbkreis, den Jackie Jaxx für die Hypnosesitzung mit Frank verlangt hatte. Er griff nach dem Stuhl, um sich daran festzuhalten. Der stand auf Rollen, die sich, wenn sie sollten, nur widerwillig über den Teppichboden bewegten. Jetzt allerdings rutschten sie weg.
    Der Psychopath krachte gegen Hal, stieß ihn gegen den Stuhl und den Stuhl gegen den Schreibtisch. Ein ganzer Hagel von Boxhieben ging auf Hals Mitte nieder. Immer wieder ließ Candy seine Fäuste, die sich anfühlten wie Holzhämmer mit Eisenköpfen, auf ihn niedersausen.
    Hals Arme hingen herunter. Für den Moment war er nicht in der Lage, sich zu verteidigen. Doch dann ballten sich seine Hände zu Fäusten, die Daumen justiert, rammte er sie nach oben zwischen Candys Armen hindurch, die wie Rammböcke niedersausten, und erwischte ihn an seinem Adamsapfel. Der Schlag war so hart, daß Candy fast an seinem eigenen Schmerzensschrei erstickt wäre, und dann rissen Hals Daumennägel das Fleisch des Irren fast bis unters Kin auf. Candy würgte und war kaum in der Lage, Luft einzuatmen. Seine Speiseröhre war aufgeschürft und zuckte wild. Er stolperte rückwärts, beide Hände an der Kehle.
    Hal stieß sich von dem Stuhl ab, gegen den er gedrückt worden war, aber er ging nicht auf Candy los. Nachdem der Schlag auf die Schnauze des Bullen mit den Hummeln im Hintern bei dem nicht mehr Eindruck hinterlassen hatte als ein Klaps mit einer Fliegenklatsche, würde ein zu selbstbewußter Angriff zweifellos damit enden, daß er ins Aus geschmettert würde.
    Deshalb lief er um den Schreibtisch herum, auch wenn die Hiebe in seiner Magengrube entsetzlich schmerzten und er den sauren Geschmack der Pizzasauce im Mund hatte. Er war zu wild darauf, diesen Browning endlich zu packen.
    Der Schreibtisch war riesig, und die Knieöffnung war entsprechend groß. Er wußte nicht, wo die Pistole befestigt war, und er wollte sich nicht bücken, um unter die Platte zu schauen, weil er dann den Blick von Candy hätten wenden müssen. Er ließ die Hand von links nach rechts unter der Platte entlanggleiten, reichte dann tiefer darunter und versuchte es noch einmal.
    Gerade in dem Augenblick, als er den Griff der Pistole er tastet hatte, sah er, wie Candy beide Hände ausstreckte, mit den Handflächen in seine Richtung, als wisse der Kerl, daß Hal eben die Waffe gefunden hatte und wollte nun sagen: Schieß nicht, ich ergebe mich!
    Doch als Hal den Browning aus der Metallklemme gelöst hatte, merkte er, daß Candy keineswegs vorhatte, sich zu ergeben: blaues Licht entströmte den Handflächen des Wahn sinnigen.
    Der schwere Schreibtisch reagierte darauf wie eine an Fäden hängende Requisite aus Balsaholz in einem Poltergeist-Film.
    Gerade als Hal die Waffe hob, wurde er von dem Schreibtisch geradezu gerammt. Er schob ihn rückwärts auf das riesige Fenster zu, das sich hinter ihm befand. Der Schreibtisch war breiter als die Fensteröffnung, seine Kanten blieben an der Wand hängen, was ihn hinderte, direkt durch das Glas zu brechen.
    Hal jedoch war genau im Zentrum des Fensters. Mit den Knien knallte er gegen den niedrigen Sims, sonst gab es nichts, was seinen Sturz hätte verhindern können. Für einen kurzen Moment sah es zwar so aus, als könnten ihn die Leichtmetallrolläden aufhalten, doch das war Wunschdenken. Er nahm die Rollos mit durch das Glas und in die Nacht hinaus und ließ den Browning fallen, ohne ihn auch nur einmal abgefeuert zu haben.
    Er war überrascht, wie lange es dauerte, sechs Stockwerke hinunterzufallen, was gar keine so schrecklich große Entfernung war, wenn auch eine tödliche. Er hatte Zeit, sich zu wundem, wie langsam die beleuchteten Bürofenster aus seiner Sicht verschwanden, hatte Zeit, an Menschen zu denken, die er liebte und an Träume, die sich niemals erfüllt hatten, sogar die Zeit zu bemerken, daß aus den Wolken, die mit der Abenddämmerung zurückgekehrt waren, ein leichter Sprühregen fiel.
    Sein letzter Gedanke galt dem Garten hinter seinem kleinen Haus in Costa Mesa, wo er das ganze Jahr hindurch eine Rahe von Blumen zog und heimlich jeden Moment genoß. Er sah die äußerst zarten Blütenblätter der korallenroten Springkrautgewächse vor sich und einzelne winzige Tropfen von Morgentau an ihren Rändern, die glitzerten ...
    Candy schob den schweren Schreibtisch zur Seite und

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