Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
nachdem sie sie eingeschaltet hatte, wieder aus.
    »Vielleicht noch eine Stunde bis Santa Barbara«, sagte sie, »solange uns kein Bulle mit Pflichtgefühl in die Quere gerät.«
    Ihr Nacken schmerzte, und sie war ungeheuer erschöpft, trotzdem wollte sie Bobby das Steuer nicht überlassen. Sie hatte heute nicht die Geduld, Beifahrer zu sein. Ihre Augen brannten, waren aber nicht schwer. Sie hätte gar nicht schlafen können. Die Ereignisse des Tages hatten sie um den Schlaf gebracht. Und die Angst vor dem, was vor ihr liegen mochte - nicht nur auf dem Highway, sondern in El Encanto Heights -, hielt sie wach.
    Bobby war niedergeschlagen, seit ihn geweckt hatte, was er den »Wortschwall« nannte. Sie war sicher, daß er sich wegen irgend etwas Sorgen machte, doch er schien noch nicht darüber sprechen zu wollen.
    Nach einer Weile unternahm er jedoch den Versuch, ein Gespräch über etwas völlig anderes zu beginnen. Offenbar wollte er sich von dem Wortschwall und anderen trüben Grübeleien ablenken. Er stellte die Stereoanlage leiser und zerstörte damit den beabsichtigten Effekt von Glenn Millers »American Patrol«. Hast du jemals darüber nachgedacht, daß vier unserer elf Angestellten Asien-Amerikaner sind?« fragte er.
    Sie nahm den Blick nicht von der Straße. »Ja, und?«
    »Warum ist das so, was meinst du?«
    »Weil wir nur erstklassige Leute anheuern und nun mal vier der erstklassigen Leite, die für uns arbeiten wollten, Chinesen, Japaner und Vietnamesen waren.«
    »Das ist nur die halbe Wahrheit.«
    »Nur die halbe?« fragte sie zurück. »Was ist die andere  Hälfte? Glaubst du vielleicht, der böse Fu-Man-Chu hätte  irgendeinen Strahl aus seinem geheimen Fort in den  Bergen  Tibets auf uns gerichtet, uns einer Gehirnwäsche  unterzogen und uns so gezwungen, sie einzustellen?«
    »Auch das gehört dazu«, meinte er. »Und ein weiterer Teil ist, daß ich mich von der asiatischen Art angezogen fühle. Vielleicht aber auch nur davon, wie man die Asiaten einschätzt: Intelligenz, ein hoher Grad von Disziplin, Sauberkeit, starkes Traditionsgefühl und ein ungeheurer Ordnungssinn.«
    »Das sind die Charakterzüge von so gut wie jedem, der für uns arbeitet, nicht nur die von Jamie, Nguyen, Hal und Lee.«
    »Ich weiß. Aber warum fühle ich mich unter Asien-Amerikanern so wohl, daß ich der Vorstellung verfallen bin, alles liefe ganz ruhig und ordentlich ab, solange ich mit ihnen zusammenarbeite? Ich brauche diese Vorstellung geradezu, weil... Nun, weil ich eben nicht der Kerl bin, der ich immer zu sein meinte. Bist du bereit, etwas Schockierendes zu hören?«
    »Immer«, erwiderte Julie.
    Wenn Lee Chen im Computerraum arbeitete, legte er häufig eine CD in seinen Sony-Discman und hörte durch Kopfhörer Musik. Die Tür hielt er immer geschlossen, um nicht abgelenkt zu werden, so daß ihn etliche seiner Kollegen mit ziemlicher Sicherheit für recht ungesellig hielten. Wenn er jedoch damit beschäftigt war, aus einem komplexen und vor Zugriff geschützten Datennetz - wie beispielsweise aus dem der zahlreichen Polizeisysteme, die er gerade anzapfte Informationen herauszuholen, brauchte er absolute Konzentration.
    Gelegentlich lenkte ihn Musik dabei ebenso ab wie alles andere, doch meist war sie seiner Arbeit sogar förderlich. Die minimalistischen New-Age-Piano-Soli von George Winston waren dafür manchmal das Richtige, aber noch häufiger brauchte er Rock'n'Roll. Heute waren es Huey Lewis and The News: »Hip to Be Square« und »The Power of Love«, »The Heart of Rock & Roll« und »You Crack Me Up«. Ganz auf den Bildschirm des Terminals vor sich konzentriert (sein Fenster in die faszinierende Welt des kybernetischen Raums), wobei »Bad Is Bad« durch die Kopfhörer in seine Ohren dröhnte, hätte er selbst dann nichts von dem gehört, was in der Außenwelt passierte, wenn Gott den Himmel beiseite geschoben und die unmittelbar  bevorstehende Ausrottung der menschlichen Rasse verkündet hätte.
    Durch das zerbrochene Fenster wehte kühle Luft ins Zimmer. Candy war es aufgrund seiner wachsenden Enttäuschung ausgesprochen heiß. Er bewegte sich langsam durch den großzügigen Büroraum, nahm etliche Objekte in die Hand, berührte die Möbel und versuchte, aus jedem Gegenstand eine Vision herauszuholen, die ihm Aufschluß über den Aufenthaltsort der Dakotas geben konnte -und über Franks. Bis jetzt hatte er kein Glück gehabt.
    Natürlich hätte er den Inhalt der Schreibtischschubladen und Aktenschränke

Weitere Kostenlose Bücher