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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sein Verlangen zu groß sein würde, um dagegen ankämpfen zu können. Seine Mutter im Himmel würde sich seiner schämen, und sie würde sich für eine Weile von ihm abwenden, verleugnen, daß sie ihn jemals geboren hatte.
    Er blickte hinauf zur Decke, hinauf zum Himmel und dem Platz an Gottes Seite, an dem seine Mutter weilte. »Ich schaffe es«, sagte er. »Ich werde die Kontrolle nicht verlieren. Ich werd's nicht.«
    Dann kehrte er seinen Schwestern und den Katzen den Rücken und ging nach draußen, um zu sehen, ob er in der Nähe der Kirschmyrtenhecke noch irgendeine Spur von Frank fand. An dem Stützpfeiler etwa, an dem er Samantha zerschmettert hatte.

19
    Bobby und Julie aßen in Orange bei Ozzie's zu Abend und gingen dann in die sich anschließende Bar hinüber. Für die Musik sorgte Eddie Day, der eine sanfte, weic he und geschmeidige Stimme hatte; er spielte modernen Kram, aber auch Melodien aus den Fünzigern und frühen Sechzigern. Es war kein Big-Band-Sound, doch einige der frühen Rock-and-Roll-Stücke hatten Swing-Qualitäten. Zu Nummern wie »Dream Lover« konnten sie swingen, zu »La Bamba« Rumba tanzen und zu jedem Disco-Liedchen, das sich in Eddies Repertoire verirrt hatte, Chahaha. Deshalb amüsierten sie sich köstlich.
    Wann immer es möglich war, wollte Julie tanzen gehen, nachdem sie Thomas in Cielo Vista besucht hatten. Im Bann der Musik, unter dem Zwang, den Takt halten, sich auf die Tanzschritte konzentrieren zu müssen, war sie in der Lage, alles andere zu verdrängen -sogar Schuldgefühle, sogar Trauer. Nichts anderes vermochte sie so völlig zu befreien. Auch Bobby tanzte gern, besonders Swing. Heranziehen, wegstoßen, herumwirbeln, kurz wippen, wieder heranziehen, wegdrehen, Positionswechsel, wobei man sich an beiden Händen hält, zurück in die Grundstellung ... Musik beruhigte, aber der Tanz hatte die Macht, das Herz mit Freude zu erfüllen und jene Teile zu betäuben, die angeknackst waren.
    Während der Tanzpause nippten Bobby und Julie an einem Tisch nahe der Parkettfläche an ihrem Bier. Sie sprachen über alles, nur nicht über Thomas, und schließlich kamen sie auf »den Traum« zurück - ganz besonders, wie sie den Bungalow am Meer möblieren würden, wenn sie ihn denn jemals kauften. Obwohl sie nicht vorhatten, ein Vermögen ins Mobiliar zu investieren, waren sie sich doch einig, daß sie sich zwei Teile aus der Swing-Ära leisten könnten: vielleicht eine Art-Deco-Vitrine aus Bronze und Marmor von Emile-Jacques Ruhlmann und ganz bestimmt eine Jukebox von Wurlitzer.
    »Das Modell neunhundertfünfzig«, sagte Julie. »Es war prachtvoll. Glasröhren. Springende Gazellen auf der Frontverkleidung.«
    »Davon wurden nicht einmal tausend hergestellt. Hitlers Fehler. Wurlitzer stellte seine Produktion auf Kriegsgüter um. Das Modell fünfhundert ist auch ganz hübsch -oder das siebenhunderter.«
    »Hübsch, aber sie sind eben nicht das Neunhundertfünfziger.«
    »Auch nicht so teuer wie das Neunhundertfünfziger.«
    »Du schaust auf den Groschen, wenn wir über elementare Schönheit reden?« »Die Wurlitzer neunhundertfünfzig ist das, was du unter elementarer Schönheit verstehst?« fragte er.
    »Richtig. Was sonst?«
    »Für mich bist du die elementare Schönheit.«
    »Süß«, entgegnete sie. »Aber ich möchte trotzdem die Neunhundertfünfziger.«
    »Verkörpere denn nicht ich für dich die elementare Schönheit?« Er klimperte mit den Wimpern.
    »Für mich bist du nur ein schwieriger Mann, der mir meine Wurlitzer neunhundertfünfzig nicht gönnt«, erwiderte Julie. Sie genoß das Spiel.
    »Wie war's mit einer Seeburg? Einer Packard Planor? Okay. Einer Rockola?«
    »Rockola hat ein paar wunderschöne Boxen gebaut«, stimmte sie zu. »Wir werden eine davon kaufen und die Wurlitzer neunhundertfünfzig.«
    »Du schmeißt unser Geld zum Fenster raus wie ein besoffener Seemann.«
    »Ich bin geboren, um reich zu sein. Der Storch hat sich nur geirrt. Hat mich nicht bei den Rockefellers abgeliefert.«
    »Würdest du dem Storch nicht heute gern den Hals umdrehen?«
    »Hab' ich schon vor Jahren getan. Hab' ihn gekocht und zu Weihnachten gegessen. Er war köstlich, aber trotzdem wäre ich immer noch gern eine Rockefeller.«
    »Glücklich?« fragte Bobby.
    »Irre glücklich. Und es ist nicht nur das Bier. Ich weiß nicht, warum, aber heute abend fühle ich mich so gut wie lange nicht mehr. Ich denke, wir werden erreichen, was wir uns wünschen, Bobby. Ich glaube, wir werden uns früh zur

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