Ort des Grauens
herauszuholen.
»Warum? Was ist mit Sandy?«
»Ich kenne ihn nicht«, erwiderte Frank.
»Sie kennen niemanden«, entgegnete Bobby. »Das ist Dir Problem. Erinnern Sie sich? Sie leiden unter Amnesie.«
Nachdem sie Frank als Klienten angenommen hatten, hatten sie ihn wegen einer Voruntersuchung direkt zu Sandy Freeborn gebracht. Alles, was Sandy wußte, war, daß Frank sich an nichts als seinen Namen erinnern konnte. Von den Taschen voller Geld, dem schwarzen Sand, den roten Edelsteinen, dem unheimlichen Insekt oder den sonstigen Rätseln hatten sie ihm nichts erzählt. Sandy hatte nicht gefragt, warum sich Frank an sie gewandt hatte, statt zur Polizei zu gehen, oder warum sie einen Fall angenommen hatten, der so weit entfernt war von ihrem üblichen Tätigkeitsfeld. Einer der Gründe, warum er ein so guter Freund war, war seine verläßliche Diskretion.
Frank zupfte nervös die Laken zurecht. »Meinen Sie wirklich, daß ein Privatzimmer notwendig ist?« fragte er.
Julie nickte. »Sie wollen doch, daß wir herausfinden, was Sie nachts tun, wohin Sie gehen - und das bedeutet, daß wir Sie unter ständiger Beobachtung haben müssen, bedeutet strengste Sicherheitsvorkehrungen.«
»Privatzimmer sind teuer«, sorgte sich Frank.
»Sie können sich die beste Pflege leisten«, sagte Bobby.
»Möglich, daß das Geld in diesen Taschen gar nicht mir gehört.«
Bobby zuckte mit den Schultern. »Dann werden Sie die Krankenhausrechnung eben abarbeiten müssen - ein paar hundert Betten beziehen, ein paar tausend Bettpfannnen leeren, eine Gehirnoperation kostenlos durchführen. Sie könnten ein Gehirnchirurg sein. Wer weiß? Bei Amnesie ist es genausogut möglich, daß Sie vergessen haben, ein Chirurg zu sein, wie Sie ebenso vergessen haben können, daß Sie Gebrauchtwagen verkaufen. Es ist einen Versuch wert. Nehmen Sie eine Knochensäge, sägen Sie den Kopf irgendeines Kerls auf, werfen Sie einen Blick hinein und sehen Sie, ob Ihnen irgendetwas vertraut erscheint.«
Julie lehnte sich gegen das Bettgitter. »Wenn Sie nicht gerade in der Röntgen- oder in einer anderen Abteilung sind und sich irgendwelchen Tests unterziehen, wird immer einer unserer Männer bei Ihnen sein und auf Sie aufpassen. Heute Nacht ist es Hal.«
Hal Yamataka hatte bereits Posten bezogen, und zwar in einem unbequem wirkenden Polsterstuhl, der für Besucher gedacht war. Er saß neben dem Bert, zwischen Frank und der Tür, so daß er sowohl Frank im Auge behalten als auch fernsehen konnte, falls Frank in Stimmung war.
Hal sah aus wie eine japanische Version von Clint Karaghiosis: ungefähr 1,68 bis 1,70 Meter groß, breite Schultern, breite Brust, so stabil, als hätte ihn ein Maurer zusammengesetzt, der wußte, wie man Steine zusammensetzen mußte, ohne daß der Mörtel sichtbar wird.
Für den Fall, daß es nichts Ordentliches im Fernsehen gab und sich herausstellte, daß sein Schützling ein lausiger Gesprächspartner war, hatte er sich einen Roman von John D. MacDonald mitgebracht.»Ich schätze, ich habe einfach - Angst«, sagte Frank nach einem Blick zu dem regennassen Fenster.
»Kein Grund, Angst zu haben«, meinte Bobby. »Hal ist nicht so gefährlich, wie er aussieht. Er hat noch nie jemanden umgebracht, den er mochte.«
»Bis auf einmal«, warf Hal ein.
»Sie haben einmal jemanden umgebracht den Sie mochten?« fragte Bobby. »Um was ging's?«
»Er wollte sich meinen Kamm ausleihen.«
»Da haben Sie's Frank. Versuchen Sie nicht, sich seinen Kamm auszulernen, und Sie sind vor ihm sicher.«
Frank war nicht in der Stimmung für dumme Scherze. »Ich kann nicht aufhören, darüber nachzudenken, wie ich da mit Blut an den Händen aufgewacht bin. Ich habe Angst, daß ich vielleicht bereits jemandem etwas angetan habe. Ich will aber niemandem etwas antun.«
»Oh, Hal können Sie nichts antun«, erklärte Bobby. »Er ist ein unempfänglicher Orientale.« »Unerforschlich«, wandte Hal ein. »Ich bin ein unerforschlicher Orientale.«
»Ich wollte nichts von Ihren Sexproblemen hören, Hal. Aber egal, wenn Sie nicht soviel Sushi essen würden, würde Ihr Atem nicht ständig nach rohem Fisch riechen, und dann würden Sie bestimmt so häufig erforscht werden wie jedermann sonst.«
Julie faßte über das Gitter und nahm Franks Hände.
Er lächelte schwach. »Ist Ihr Mann immer so. Mssis Dakota?«
»Nennen Sie mich Julie. Meinen Sie, benimmt er sich immer wie ein Scherzkeks oder ein Kind? Nicht immer, aber leider meistens.«
»Haben Sie das
Weitere Kostenlose Bücher