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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Bett aus mit ihm sprechen. In seinem Verlangen, die Vitalität zu spüren, die sie einst ausgestrahlt hatte, die einzigartige Energie, die aus ihr herausströmte wie Hitze aus einer offenen Ofentür, preßte er seinen Körper ganz fest an das unnachgiebige Erdreich. Aber er spürte nichts.
    Obwohl seine Mutter eine außergewöhnliche Frau gewesen war, wußte Candy, daß es absurd war, davon auszugehen, daß ihre Leiche nach sieben langen Jahren auch nur ein Fünkchen der Liebe ausstrahlen könnte, die sie ihm so verschwenderisch geschenkt hatte, als sie noch am Leben war. Trotzdem war er bitter enttäuscht, daß nicht einmal die schwächste Aura von ihren geheiligten Knochen durch den Dreck zu ihm aufstieg.
    Heiße Tränen brannten in seinen Augen, und er versuchte, sie zurückzuhalten. Doch dann ertönte ein leichtes Donnergrollen, und ein paar dicke Regentropfen begannen zu fallen, und weder der Sturm noch seine Tränen ließen sich eindämmen.
    Sie lag nur 1,50 oder 1,80 Meter unter ihm, und er wurde überwältigt von dem Gefühl, sie mit bloßen Händen wieder ausgraben zu müssen. Ihm war bewußt, daß ihr Fleisch inzwischen verwest sein mußte, daß er nur Knochen finden würde, die von einem abscheulichen, ekelhaften Zeug umgeben sein würden, über das er nicht nachzudenken wagte, doch er wollte sie in den Armen halten und umarmt werden, selbst wenn er die Arme ihres Skeletts selbst würde um sich legen müssen.
    Er fing tatsächlich an, das Gras auszurupfen und mit den Händen ein paar Handvoll Erde wegzuschaufeln. Bald jedoch wurde er von einem schrecklichen Schluchzen gepeinigt, das ihn völlig erschöpfte. Er war zu schwach, noch länger gegen die Realität anzukämpfen.
    Sie war tot.
    Gegangen.
    Für immer.
    Der kalte Regen, der jetzt mit größerer Wucht vom Himmel niederstürzte, prasselte heftig auf Candys Rücken. Er schien die heiße Trauer aus ihm herauszusaugen und erfüllte ihn statt dessen mit eisigem Haß. Frank hatte ihre Mutter getötet. Für dieses Verbrechen mußte er mit seinem eigenen Leben zahlen. Wenn er auf dem moderigen Grab liegenblieb und wie ein Kind weinte, würde ihn das der Rache keinen Schritt näherbringen. Deshalb rappelte sich Candy schließlich hoch, blieb mit zu Fäusten geballten Händen neben dem Grab stehen und überließ es dem Regen und dem Sturm, etwas von dem Schmutz von ihm abzuwaschen und die Trauer wegzublasen.
    Er versprach seiner Mutter, den Killer noch erbarmungsloser und gewissenhafter zu jagen. Das nächste Mal, wenn er Franks Fährte fand, würde er ihn nicht wieder entkommen lassen.
    »Ich werde Frankie finden, ihn töten, ihn zermalmen«, sagte er und schaute zu dem wolkenverhangenen Himmel auf, der seine Schleusen geöffnet hatte. Er war sicher, daß seine Mutter zu ihm niederschaute und jedes Wort hörte. »Ich schwöre es. Ich werde seinen Schädel zerschmettern, sein Gehirn in Streifen zerschneiden und es in der Toilette wegspülen.«
    Der Regen schien ihn nun geradezu zu durchbohren. Er spürte die Kälte bis tief ins Mark, und er fröstelte.
    »Ich werde jeden aufspüren, der für ihn einen Finger gekrümmt hat, und ich werde jedem einzelnen die Hände abhacken. Und jedem, der Frank mit Sympathie angesehen hat, werde ich die Augen herausreißen. Ich schwöre, das werde ich. Und den Mistkerlen, die ihm freundliche Worte gönnten, werde ich die Zungen abschneiden.«
    Der Regen fiel plötzlich mit größerer Macht als zuvor, walzte das Gras platt, prasselte durch die Blätter der Eiche, neben der er stand, und in der Kirschmyrtenhecke erhob sich ein flüsternder Chor. Er knallte mit solcher Wucht auf Candys ungeschütztes Gesicht, daß er blinzeln mußte, doch er blickte unbeirrt zum Himmel auf.
    »Falls er jemanden gefunden hat, der sich um ihn sorgt, irgend jemanden, werde ich ihm den - die - wegnehmen, so wie er dich mir weggenommen hat. Ich werde sie in Stücke reißen, ihnen das Blut aussaugen und sie dann wegwerfen wie Müll.«
    Diese Versprechen hatte er im Lauf der vergangenen sieben Jahre wieder und wieder und wieder abgegeben, und jetzt erfüllte ihn eine ebenso große Leidenschaft.
    »Wie Müll«, wiederholte er durch zusammengebissene Zähne.
    Sein Rachedurst war jetzt nicht weniger stark als an dem Tag ihrer Ermordung vor sieben Jahren. Sein Haß auf Frank war, wenn er sich denn überhaupt verändert hatte, nur noch schlimmer und stärker geworden.
    »Wie Müll!«
    Ein Blitzstrahl spaltete den Himmel. Ganz kurz klaffte eine gezackte

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