Oryx und Crake
Lieblingskombination; aber es war aufgeklappt und rund, ein Erdnussbutterkopf mit einem lächelnden Gesicht aus rotem Gelee. Seine Mutter war sorgfältig gekleidet, ihr Lippenstiftlächeln ein Echo des Geleelächelns auf dem Sandwich, und sie war ganz sprudelnde Aufmerksamkeit für ihn und seine dummen Geschichten, sah ihn direkt an, und ihre Augen waren blauer als blau. In solchen Momenten erinnerte sie ihn an ein Porzellan Waschbecken: sauber, glänzend, hart.
Es wurde von ihm erwartet, dass er die viele Mühe, die sie in dieses Essen gesteckt hatte, honorierte, das wusste er; und deshalb gab auch er sich Mühe. »Oh Mann, mein Lieblingsessen!«, rief er, rollte die Augen, rieb sich in einer Karikatur von Bärenhunger den Magen, übertrieb natürlich in allem. Aber er bekam, was er wollte, denn dann lachte sie.
Als er älter und verschlagener wurde, merkte er, dass er an den Tagen, an denen er sie nicht zum Lachen brachte, zumindest eine Reaktion auslösen konnte. Alles war besser als diese tonlose Stimme, die leeren Augen, das müde Aus-dem-Fenster-Starren.
»Kann ich eine Katze haben?«, fing er an.
»Nein, Jimmy, du kannst keine Katze haben. Das haben wir doch schon oft besprochen. Katzen können Überträger von Krankheiten sein, die schädlich für die Organschweine sind.«
»Aber dir kann das doch egal sein, oder?« Dies in listigem Ton.
Ein Seufzen, ein Zug an der Zigarette. »Anderen aber nicht.«
»Kann ich dann einen Hund haben?«
»Nein. Auch keine Hunde. Hast du nichts in deinem Zimmer zu tun?«
»Kann ich einen Papagei haben?«
»Nein. Hör jetzt auf.« Sie hörte kaum zu.
»Kann ich nichts haben?«
»Nein.«
»Oh, gut!«, krähte er dann. »Ich kann nicht nichts haben! Also krieg ich was! Was krieg ich?«
»Jimmy, manchmal bist du eine sagenhafte Nervensäge, weißt du das?«
»Kann ich eine kleine Schwester haben?«
»Nein!«
»Dann einen kleinen Bruder? Bitte?«
»Auf gar keinen Fall! Hast du nicht gehört? Ich habe nein gesagt!«
»Wieso nicht?«
Das war der Auslöser, das klappte immer. Denn nun brach sie in Tränen aus, sprang auf, rannte hinaus und knallte die Tür hinter sich zu, wuff. Oder sie fing an zu weinen und umarmte ihn.
Oder sie schleuderte die Kaffeetasse quer durchs Zimmer und brüllte:
»Das ist alles Scheiße, das ist total Scheiße, das ist hoffnungslos!« Es kam vor, dass sie ihn sogar schlug und gleich darauf weinte und ihn umarmte. Es konnte jede beliebige Kombination der verschiedenen Reaktionen sein.
Oder sie legte den Kopf auf die Arme und brach in ein schreckliches Weinen aus. Zitterte am ganzen Leib, rang nach Luft, schluchzte und japste. Dann wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Er liebte sie über alles, wenn er sie unglücklich machte, oder auch wenn sie ihn unglücklich machte: In solchen Augenblicken konnte er das kaum unterscheiden. Er tätschelte sie mit gebührendem Abstand, wie einen fremden Hund, streckte die Hand aus und sagte: »Es tut mir Leid, es tut mir Leid!« Es tat ihm wirklich Leid, aber nicht nur: Gleichzeitig empfand er eine diebische Freude und gratulierte sich, weil er so eine enorme Wirkung zu Stande gebracht hatte.
Er hatte aber auch Angst. Es stand immer auf Messers Schneide: War er zu weit gegangen? Und wenn ja, was kam als Nächstes?
Mittagstunden
Am schlimmsten ist der Mittag mit seinem grellen Licht, seiner schwülen Hitze. Wenn es ungefähr elf Uhr sein muss, zieht sich Schneemensch in den Wald zurück, ganz weg vom Meer, denn die bösartigen Strahlen prallen vom Wasser ab und erwischen ihn, auch wenn er vor dem Himmel geschützt ist, und dann wird seine Haut rot und wirft Blasen. Was er wirklich brauchen könnte, ist eine Tube Hochleistungs-Sonnenschutzkrem, sofern sich so etwas überhaupt auftreiben lässt.
In der ersten Woche, als er noch mehr Energie hatte, baute er sich aus abgefallenen Ästen, einer Rolle Isolierband und einer Plastikplane aus dem Kofferraum eines zertrümmerten Autos einen Unterstand. Damals hatte er noch ein Messer, aber das verlor er eine Woche später. Oder waren es zwei Wochen? Er muss solche Dinge wie Wochen besser im Auge behalten. Es war ein Taschenmesser, aufklappbar, mit zwei Klingen, einer Ahle, einer winzigen Säge, einer Nagelfeile und einem Korkenzieher. Auch eine kleine Schere war dabei, mit der er sowohl seine Zehennägel als auch das Isolierband schnitt. Der Verlust der Schere ist schmerzlich.
So ein Messer hat er von seinem Vater zum neunten Geburtstag bekommen.
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