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Osama (German Edition)

Osama (German Edition)

Titel: Osama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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ging.

Henkersmahlzeit
    Er ging zum Red Lion zurück. Es war noch früh. Das Pink Pussycat hatte geschlossen. Das zerbrochene Fenster des Red Lion war immer noch mit Brettern zugenagelt. Zwei Afrikaner gingen vorbei, eine Frau im Sari, ein rothaariges Mädchen mit blasser irischer Haut, eine Gruppe Bauarbeiter, auf dem Weg zum Red Lion – Joe überließ es ihnen.
    An die Mauer gesprüht war da wieder diese Zahl. 7/7 , die Glückszahl verdoppelt. Er überlegte, was das wohl bedeutete. Da war wieder dieses Buchhandlungsschild. Er ging die Great Windmill hinauf, trat durch die Tür in den Laden. Ein Glöckchen klingelte leise.
    Das Innere dunkel, leicht muffig. Staubige Bücher auf dem Boden aufgetürmt, Filmrollen auf Regalen hinter einem Tresen gestapelt, eine schwarze Katze, die in einem Schaukelstuhl schlief. Lederklamotten wie aus dem Zweiten Weltkrieg hingen lose an Haken. Hinter der Theke, sich aufrichtend: ein alter Mann, wie weiße Zuckerwatte abstehende Haare, Brille ganz vorne auf der Nase. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Was für eine Art Bücher haben Sie?«
    »Schmutzige Bücher«, sagte der Mann rundheraus.
    Joe fuhr mit dem Finger über einen Buchrücken, hinterließ einen Strich in der Staubschicht, sagte: »Das sehe ich.«
    »Sehr witzig. Wollen Sie was kaufen?«, was im Klartext hieß: falls nicht, verschwinden Sie.
    »Haben Sie irgendwelche Titel von Medusa Press?«
    Der alte Mann verzog das Gesicht. »Klar. Wir haben die neuesten Titel, die gerade aus Paris gekommen sind.«
    »Könnte ich sie sehen?«
    Der Mann zeigte auf einen Stapel Bücher neben der Tür, etwas weniger staubig als die übrigen. »Nur zu!«
    Warum sah er sich die Bücher von neuem an? Er wusste es nicht. Ihm war, als hätte er in seiner Unterhaltung mit Papa D. etwas übersehen. Er hockte sich hin und fing an, die Bücher durchzugehen, indem er sie eins nach dem anderen von oben wegnahm und einen neuen Stapel bildete.
    Bekenntnisse einer Lustsklavin .
    Alien-Sexperimente – ein Science-Fiction-Titel.
    Die Neuübersetzung des Kamasutra.
    Gräfin Szu Szus Führer zur erotischen Liebe.
    Papa D. war fleißig gewesen.
    Er ging noch ein paar weitere dieser Art durch. »Haben Sie welche von den Osama-bin-Laden-Büchern auf Lager?«
    » Vergelter ?« Der Eigentümer schnitt eine Grimasse. »Ich müsste das neueste irgendwo haben. Warten Sie einen Moment.«
    Der Mann kam hinter der Theke hervor. Hände voller Altersflecken. Ein dicker, grau melierter Schnurrbart. Ein Truthahnhals. Er hatte etwas an sich, was an eine wenig nahrhafte Henkersmahlzeit denken ließ. Ein Stapel ungeöffneter Post neben der Tür. »Da ist es. Ist letzte Woche reingekommen.« Er riss den Umschlag auf. Fünf dünne Taschenbücher rutschten heraus. Eins davon gab er Joe, die restlichen ließ er auf einem Haufen liegen und schlurfte wieder zurück zu seinem Hocker. Der Laden war von einem eindeutigen Geruch durchdrungen, der ihm inzwischen vertraut war. Joe versuchte, ihn zu ignorieren.
    »Geht das Geschäft gut hier?«, sagte er. Der alte Mann zuckte die Schultern. »Manchmal.«
    Gesprächig. Joe musterte das Buch in seinen Händen. Der europäische Feldzug . Darunter in großen fett gedruckten Buchstaben: Osama bin Laden: Vergelter . In kleineren Buchstaben darüber: Von Mike Longshott, Autor von »Einsatz: Afrika«, » Die Bombardierung des Sinai« etc. Das Cover zeigte einen explodierenden Doppeldeckerbus auf einer belebten Straße.
    »Mal gelesen?«, fragte er den alten Mann.
    Ein Schulterzucken. »Sicher.«
    »Was halten Sie davon?«
    »Ein Haufen Blödsinn, oder?«
    »Wie viel macht das hier?«
    Wieder zuckte der Alte die Schultern. »Wie wär’s mit einem Film?«, sagte er. »Ich habe Originalbänder.«
    Originalbänder wovon?, fragte sich Joe.
    »Filmplakate? Erinnerungsstücke?«
    »Nur das Buch, das ist alles.«
    »An Büchern verdiene ich nichts«, sagte der alte Mann.
    »Über der Tür steht aber Buchhandlung «, hielt Joe dagegen. Der Alte zuckte die Schultern. »Das ist nur wegen der Seriosität, sozusagen.«
    »Aha.«
    Der Mann nannte einen Preis. Joe zahlte. »Haben Sie sonst noch was?«, fragte er, ohne zu wissen, warum. Der alte Mann blinzelte ihn an. »Wie zum Beispiel?«
    »Stoff«, antwortete Joe.
    »Stoff«, sagte der alte Mann. »Was zum Teufel soll das sein?«
    Joe zuckte die Schultern. »Vergessen Sie’s.«
    Der alte Mann kicherte plötzlich. »Meinen Sie Opium?«
    »Genau«, sagte Joe. »Opium.«
    »Habe in zwei Kriegen um Opium

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