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Oscar

Oscar

Titel: Oscar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Dosa
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auf der Etage lebte. Manchmal bemerkte ich ihn im Stationszimmer, wo seine Futter- und seine Wasserschüssel standen, oder er schlief in seinem Eck unter einer zerschlissenen alten Decke. Kurz, Oscar hatte nicht gerade den Ruf, ein besonders geselliger Kater zu sein.
    »Wahrscheinlich gewöhnt er sich endlich an uns«, sagte ich. »Gut, ich bin zwar nicht gerade ein Experte für Katzen, aber aus Erfahrung weiß ich, dass die tun, was sie wollen. Wahrscheinlich liegt er einfach hier, weil er jemanden gefunden hat, der ihm seine Ruhe lässt.«
    »Ich weiß, es ist merkwürdig, David, aber es geht mir darum, dass Oscar sich normalerweise nie mit irgendwelchen Patienten abgibt. Sonst versteckt er sich meist irgendwo, vor allem im Stationszimmer. In letzter Zeit haben einige von uns allerdings bemerkt, dass er mehr Zeit bei bestimmten Patienten verbringt.«
    Ich zuckte die Achseln. »Und was soll daran merkwürdig sein?« Als ich Oscar so an Mrs.Davis geschmiegt daliegen sah, kamen mir die Katzen in den Sinn, die man im alten Ägypten gemeinsam mit ihren Besitzern ins Grab legte. Die Szene wirkte friedlich, ja geradezu tröstlich.
    »Um auf den Punkt zu kommen«, sagte Mary zögernd, »Oscar verbringt viel Zeit bei Patienten, die kurz vor dem Tod stehen.«
    Mir ging ein Licht auf. »Sie wollen also behaupten, dass Mrs.Davis heute noch sterben wird?« Ich warf erneut einen Blick auf die Patientin und bedauerte sofort, was ich gesagt hatte. Sie atmete eindeutig schwer, und ich fühlte mich schuldig, weil ich so wenig Anstand zur Schau gestellt hatte. Mir wurde klar, dass Mrs.Davis tatsächlich noch am selben Tag sterben konnte, was allerdings mehr mit ihrer Demenz und ihrer rasch fortschreitenden Krebserkrankung zu tun hatte als mit der Anwesenheit eines Katers auf ihrem Bett.
    Mary lächelte, doch ich spürte, dass es ihr peinlich war. Es tat mir leid, ihre Bemerkung so abgetan zu haben.
    »Tja, wahrscheinlich ist es durchaus möglich, dass eine Katze merkt, wenn jemand sterben wird. Erinnern Sie sich an den Artikel über Krebsspürhunde, der neulich in der Zeitung stand? Außerdem gibt es diese japanischen Fische, die im Voraus auf Erdbeben reagieren. Ganz zu schweigen von Lassie, die auch immer gewusst hat, wenn Timmy in den Brunnen gefallen war.«
    Das fand Mary nicht besonders komisch. »Hören Sie, gestern ist Oscar ins Zimmer einer anderen Patientin gegangen, nicht lange bevor sie gestorben ist.«
    Mein Gesichtsausdruck sagte offenbar alles, weshalb Mary es aufgab, mich zu überzeugen. Eine kleine Weile betrachteten wir gemeinsam schweigend die Szene, die sich uns bot. Der an das Bein von Mrs.Davis geschmiegte Kater schnurrte leise.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch, Mary«, sagte ich, um den Bann zu brechen. »Die Vorstellung, dass ein Tier bei mir ist, wenn ich sterbe, finde ich sehr schön. Als Kind hatte ich einen Hund, der mich überallhin begleitete.« Ich trat wieder zum Bett und bückte mich, um Oscar zu streicheln. Blitzschnell hieb er mit der Vorderpfote nach meiner Hand. Ich zuckte zurück und suchte nach nicht vorhandenen Blutspuren.
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass er nicht besonders freundlich ist«, meinte Mary grinsend.
    »Nicht besonders freundlich!«, erwiderte ich mit einer dramatischen Geste. »Er hat versucht, mich zu zerfleischen!«
    »Ach, so schlimm ist er auch wieder nicht. Wenn er will, kann er sich sogar sehr liebevoll verhalten. Mit so etwas versucht er bloß, seine Patienten zu beschützen.«
    »Mary, er ist eine Katze, und Katzen tun nichts, wenn sie keinen Vorteil davon haben. Wahrscheinlich hat er nur nach einem ruhigen Platz und einer warmen Decke gesucht, um sich gemütlich niederzulassen.«
    Ich warf wieder einen Blick auf meine Hand, auf der immer noch kein Kratzer zu sehen war.
    »Meine Güte, sind Sie empfindlich!«, rief Mary. »Er hat Sie doch kaum berührt.«
    »Ehrlich gesagt, mag ich Katzen nicht besonders, Mary. Und allem Anschein nach sieht es so aus, als ob diese Katze da mich ebenfalls nicht besonders mag.«
    Mary lachte. »Katzen haben nichts gegen Menschen, sie merken bloß, ob man Angst hat oder nicht. Und wenn man Angst hat, dann reagieren sie entsprechend.«
    »Lachen Sie nicht«, sagte ich. »Als Kind habe ich nämlich eine üble Erfahrung mit einer Katze gemacht, und daher bin ich ein wenig traumatisiert.«
    Einen Moment lang überlegte ich, ob ich Mary von dem Kater meiner Großmutter erzählen sollte, doch ihre spöttische Miene überzeugte mich davon, dass es

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