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Oscar

Oscar

Titel: Oscar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Dosa
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vom Gängigen ab, und das musste deutlich geworden sein. Auf der Zugfahrt zurück nach Providence hatte ich mir bereits ausgemalt, wie ich den Preis als Druckmittel einsetzen konnte, um meinen Chef dazu zu bringen, mir die verdiente Gehaltserhöhung zu genehmigen. In früheren Zeiten hätte ich mir wahrscheinlich eine Zigarre angesteckt.
    Dann jedoch hatte ein einziger Telefonanruf alles zunichtegemacht. Schon als es morgens geläutet hatte, war es mir kalt über den Rücken gelaufen. Das Läuten hatte etwas Unheilvolles an sich. Vielleicht war es zu früh gekommen, oder ich hatte eine Vorahnung gehabt. Atemlos hob ich den Hörer ab und sagte meinen Namen. Die Frau am anderen Ende klang schon bei den ersten Worten ausgesprochen ernst. Als ich ihre Stimme hörte, verstand ich, wie die Angehörigen meiner Patienten sich fühlen mussten, wenn ich sie anrief, um ihnen schlechte Neuigkeiten mitzuteilen.
    »Wir möchten Ihnen dafür danken, dass Sie nach New York gekommen sind, um sich dem Komitee vorzustellen. Die Mitglieder waren von Ihrer Arbeit sehr beeindruckt.«
    Die folgende Pause kam mir endlos vor.
    »Aber … wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Sie nicht ausgewählt wurden.«
    Anschließend plapperte sie noch eine kleine Weile über die vielen »talentierten Kandidaten«, mit denen man gesprochen habe, aber ich hörte schon nicht mehr zu. Ich konnte nur noch daran denken, dass ich gescheitert war.
    Keine Beförderung. Keine Gehaltserhöhung.
    Ein weiterer Rückschlag in meiner Laufbahn.
    Ich hatte das Gefühl, wieder völlig bei null anfangen zu müssen.
    Noch Stunden nach dem Telefongespräch bekam ich es nicht aus dem Kopf. Klar, ich kannte den Spruch »Nein heißt nein«, aber den wollte ich momentan überhaupt nicht akzeptieren. Wie konnte man nur nicht begreifen, wie bedeutsam meine Arbeit war? Kaum jemand sonst interessierte sich für die Situation von Patienten in Pflegeheimen, und mein Antrag war gut, vielleicht sogar der beste, den ich jemals eingereicht hatte. Wie hatten die anderen Kandidaten bloß etwas vorlegen können, was wichtiger war? Lag es an meinen Unterlagen? An der Art und Weise, wie ich mich im Gespräch ausgedrückt hatte? An meinem Anzug?
    Ich zwang mich, den Blick vom Fenster abzuwenden und mich an meinen Schreibtisch zu setzen. Dort starrte ich auf die blinkende Leuchtdiode meines Computers. Ich befand mich nun schon über eine Stunde in meinem Büro und hatte mich nicht einmal eingeloggt. Die Diode blinkte wie die versagende Kurve eines Herzmonitors.
    Ob es wohl an meiner Krawatte gelegen hatte?
    Ich griff nach dem Telefon, um bei der Stiftung anzurufen und herauszufinden, was das Problem gewesen war. Als ich die Nummer wählte, war ich wild entschlossen, jemanden zu finden, der bereit war, meine Bitte anzuhören, die Entscheidung noch einmal zu überdenken.
    Plötzlich piepte mein Pager. Gerettet!
    Es war das Pflegeheim.
    Ich ignorierte das Piepen, legte aber trotzdem den Telefonhörer auf. Würde ich durch den Anruf wirklich etwas Neues erfahren? Nein hieß nein, das war mir eigentlich schon klar. Vielleicht hatte die Stiftung einfach kein Interesse.
    Der Pager meldete sich erneut.
    Dieselbe Nummer.
    Wissen die denn nicht, dass das kein guter Augenblick ist?
    Frustriert griff ich zum Telefon und wählte die Nummer des Heims.
    »Hallo, Dr.Dosa, wie geht es Ihnen?«
    »Gut, Mary, was gibt’s denn?« Meine Stimme klang deutlich verärgert, das hörte ich selbst.
    »Ah, da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden. Ist irgendetwas schiefgelaufen?«
    »Es ist einfach ein schlechter Tag, Mary. Was ist bei euch los?«
    »Wollen Sie mit mir darüber sprechen?«, fragte sie ernsthaft.
    Ich war nicht in der Stimmung, etwas zu erklären, geschweige denn mich für meine Ruppigkeit zu entschuldigen. »Heute nicht«, sagte ich. »Aber danke der Nachfrage.«
    »Na schön. Ich wollte Ihnen sagen, dass Ellen Sanders gestorben ist.«
    »Da hat wenigstens jemand einen noch schlechteren Tag als ich.«
    Darauf folgte ein langes Schweigen, während Mary sich wahrscheinlich überlegte, was sie – falls überhaupt – erwidern sollte.
    Ich griff mir mit der Hand an die Stirn. »Verzeihung, Mary. Es tut mir wirklich leid. Achten Sie einfach nicht auf meine Sprüche.«
    »Schon gut, David.« Mir war nicht klar, ob Mary sich auf die Zunge biss oder ob sie einfach Nachsicht walten ließ. Ich wusste, dass sie schlimmere Tage erlebt hatte, als ich mir vorstellen konnte. Jedenfalls ging sie

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