Osterfeuer (German Edition)
Luft auflöst? Weißt du das?«
Sie schnipste mit den Fingern.
»Ich mach einmal so und du sitzt
wieder auf der Straße! Nix is mit Ruhm und Geld! Du glaubst mir nicht?«, fragte
sie boshaft, als Iris mit dem Kopf schüttelte.
»Soll ich es dir beweisen? dein
zukünftiger Chef, Diddi, ist ein sehr alter, sehr guter Freund wie du weißt und
…«
Sie machte eine kleine Pause, »…
er ist mir noch was schuldig. Glaubst du, da wird er für dich auch nur einen Finger
rühren, wenn ich plausible Gründe habe, die an deiner Eignung zweifeln lassen?«
Iris antwortete nicht auf die ohnehin
nur rhetorisch gemeinten Fragen. Sie stand da wie betäubt. Nach einer langen Pause
sagte sie tonlos: »Margot sei jetzt endlich still! Du bist kein Mensch …«
Ein kurzes, höhnisches Lachen war
die Antwort und dann die Drohung:
»Jetzt hilf mir hoch oder glaubst
du ich bluffe? Du wirst es erleben! Oh Mann, wie ihr mich alle ankotzt in eurer
langweiligen Ehrpusseligkeit! Nun mach schon! Soll ich noch morgen früh hier liegen?«
Iris hatte wie unter Schock in einer
reglosen Starre verharrt. Der harsche Befehlston von Margot ließ wieder Bewegung
in sie kommen. Ein langes Stück Draht hing lose von dem Zaunpfahl herunter, an dem
Margots Kopf ruhte. Iris bückte sich danach.
»Ich hab dir gesagt, du sollst still
sein.«
Mehr zu sich selbst murmelte sie
diese Worte. Sie packte den Draht mit entschlossenem Griff und legte ihn Margot
um den Hals.
»Ich habe zugezogen. Immer fester habe ich den Draht zugezogen und
irgendwann war sie endlich ruhig. Dann habe ich sie zu dem Weiher geschleift und
ihren Kopf unter Wasser gedrückt, um ganz sicher zu gehen, dass es endlich zu Ende
ist … Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst. Ich konnte gar nicht mehr anders
… Es war wie ein innerer Zwang. So wie bei ihr. Margot konnte es nicht ertragen,
wenn andere glücklich waren. Nur wenn sie anderen etwas wegnehmen konnte, war sie
zufrieden. Dafür hat sie gelogen, betrogen, Beziehungen zerstört, das allein hat
sie befriedigt. Selbst mein lächerliches bisschen Glück – den neuen Job – hat sie
kaputt machen wollen! Sie war nichts als ein böswilliges Monster.«
Iris machte eine kurze Pause und
sagte dann:
»Für jede von uns gab es mehr als
einen Grund, sie umzubringen … Ich habe es auch für euch getan …«
Trude schluckte. Die verschiedensten
Gefühle stürmten auf sie ein. Trauer, Mitleid, Entsetzen, Wut, Verzweiflung, Angst.
»Aber warum musste Elsbeth sterben?
Was hatte sie damit zu tun?«
»Ich sagte bereits, dass es mir
leid tut. Die alte Dame hatte mich in der Nacht am Weiher beobachtet, mich aber
mit dir verwechselt. Deshalb hat sie sich bei der Polizei selbst bezichtigt. Als
du mir davon erzählt hast, war mir sofort klar, dass sie früher oder später auf
mich kommen würde. Gestern Nachmittag ging ich zu ihr. Da wusste sie es bereits.
Wir haben geredet. Sie teilte meine Meinung über Margot durchaus. Trotzdem wollte
sie sofort die Polizei benachrichtigen, damit du nicht länger verdächtigt würdest.
Du warst ihr so wichtig, wichtiger als alles andere. Ich habe alles versucht, aber
ich konnte sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen …«
Ein verzweifeltes Schluchzen erfasste
Trude und es dauerte eine ganze Weile bis sie wieder sprechen konnte:
»Oh Iris! Was hast du da nur getan?«
Sie drehte sich um zu der hinter
ihr stehenden Freundin, die ihren langen, schwarzen Seidenschal in beiden Händen
hielt und an ihre Brust presste.
»Und was passiert jetzt mit mir?«,
fragte Trude, der in dem ganzen Gefühlschaos zu dämmern begann, dass die Lage für
sie vielleicht nicht ganz ungefährlich war.
»Bitte sei so freundlich und dreh
dich wieder um«, bat Iris sie höflich,
»Ich mag es nicht, wenn du mich
ansiehst.«
Trude tat, wie ihr geheißen, nahm
den sich rötlich färbenden Abendhimmel draußen über den Feldern wahr und gleichzeitig
schossen Hunderte von Bildern durch ihren Kopf. Was konnte sie nur tun? Schweigen?
Reden? Worüber? Über die Tat? Über Iris’ geliebte Literatur? Wie konnte sie Iris
auf ihrem Zwangsweg stoppen, sämtliche Zeugen ihrer Tat beseitigen zu wollen? Mit
anderen Worten, wie konnte sie verhindern, nun selbst Opfer zu werden? Die Sekunden
des Schweigens kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie spürte im Rücken Iris’ leise
Bewegungen und dann plötzlich, mit Erschrecken, ihre Hände auf ihren Schultern.
Das leichte Zusammenzucken von Trude war Iris nicht entgangen. Sie ließ einen
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