Osterfeuer (German Edition)
das is ja man ’ne gute Nachricht!«
Angermüller sagte nichts mehr, aber
ein seliges Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Epilog
Friedlich schlummerte der Hund in seinem Körbchen, bis auf sein gelegentliches
Schnarchen war es still im Haus. Eine strahlende Nachmittagssonne erhellte und wärmte
die an drei Seiten von Fenstern umgebene Küche des Mühlenhofes und im Garten draußen
perlten die glitzernden Spuren des letzten Regenschauers von Bäumen, Sträuchern,
Tulpen und Narzissen. Mit einer Tasse Tee in der Hand saß Trude an dem großen Küchentisch,
vor sich den Laptop und darum herum ein unübersichtliches Stillleben aus Kochbüchern,
ausgerissenen Kalenderblättern, handbeschriebenen Zetteln, Zettelchen und Schulheften
mit fleckiger Patina. Sie hatte sich Arbeit als Therapie verordnet und versuchte,
mit dem Stöbern in kräftigen, holsteinischen Eintopfrezepten wie Lübecker National
und Birnen, Bohnen und Speck, die dunklen Gedanken zu verscheuchen, die sich immer
wieder in den Vordergrund ihres Kopfes drängen wollten.
Allein, es wollte nicht so recht
gelingen. Heute Morgen hatten sie Elsbeth zu Grabe getragen und mit aller Wucht
war Trude noch einmal die Endgültigkeit ihres Verlustes deutlich geworden. Zahlreiche
Freunde aus Elsbeths großem Kreis waren erschienen, um ihre Anteilnahme zu bekunden.
Bei dem anschließenden Lunch für die Trauergäste im Strandhotel machten Anekdoten
und Ereignisse aus Elsbeths Leben die Runde und man konnte zumindest die Gewissheit
mitnehmen, dass es ein erfülltes und glückliches Leben war und Elsbeth einen wichtigen
Platz im Gedächtnis aller einnehmen würde.
Es führte nicht weiter, länger mit
der Sinnlosigkeit ihres Todes zu hadern, warum ausgerechnet Elsbeth, die so viel
zu geben hatte und auch mit ihren fünfundsiebzig Jahren noch so intensiv lebte,
dieses Schicksal treffen musste. Es blieb nur, ihr tragisches Ende als Laune eines
irrwitzigen Zufalls zu akzeptieren. Dass Trude auch gegenüber Iris keinen Groll
empfinden konnte, sondern eher Mitleid und Trauer fühlte, machte das Verstehen nicht
leichter.
Aus dem Flur war ein zaghaftes Klingeln
zu hören. Trude schob ihren Stuhl zurück und als Lollo bemerkte, dass sie zur Haustür
ging, stürzte er mit einem wilden Gebell aus seinem Körbchen, um als Erster dort
zu sein.
Auf zwei Krücken gestützt, um Kopf
und Arm einen Verband, stand Betty draußen vor der Tür. Sie bot ein wahres Bild
des Jammers, das durch die mittlerweile blaugrünen Blutergüsse um ihre Augen noch
verstärkt wurde. Unsicher sah sie von Trude zu Lollo, der sich immer noch wie ein
Verrückter gebärdete. Erst auf Trudes Befehl gab er Ruhe. Fragend blickte Trude
ihre Besucherin an, die behindert durch die Krücken, nur mit Schwierigkeiten einen
riesigen Strauß aus Hyazinthen und weißen Rosen in ihren Händen halten konnte.
»Ja, hallo. Also, ich bin gekommen,
um unsere Sachen zu holen. Michael, ein Kollege, fährt mich heute mit meinem Auto
nach Berlin zurück.«
Betty deutete nach hinten, wo in
einiger Entfernung der besagte Michael wartete. Ihre Stimme klang zittrig, sie schien
sehr aufgeregt zu sein und sie mied es, Trude in die Augen zu sehen. Dann fuhr sie
fort:
»Leider konnte ich nicht zur Beerdigung
kommen heute Morgen, es hat mit der Entlassung aus dem Krankenhaus so lange gedauert.
Sie haben noch alle möglichen Untersuchungen gemacht … ja …«
Als Trude immer noch nichts erwiderte,
drückte Betty ihr den Blumenstrauß in die Hand und sagte schnell:
»Mein herzliches Beileid noch! Würdest
du die Blumen bitte Elsbeth aufs Grab legen? Es tut mir alles so leid, bitte verzeih
mir!«
Und dann war es mit ihrer Beherrschung
vorüber und sie begann hemmungslos zu heulen. Verzweifelt kramte sie nach einem
Taschentuch in ihrer Hosentasche. Eine Krücke fiel dabei um, direkt vor Lollo auf
den Kies, der erschrocken zurücksprang.
»Die Ferienwohnung ist offen und
ihr könnt den Schlüssel einfach stecken lassen, wenn ihr fertig seid. Die Blumen
kannst du selbst zum Friedhof bringen, wenn es dir wirklich wichtig ist. Euer Weg
führt ohnehin daran vorbei.«
Trude sprach ruhig und in sachlichem
Ton und gab der verdutzten Betty, deren Tränen vor Schreck versiegt waren, den Strauß
wieder zurück in die Hand.
»Ich weiß nicht, ob ich dir verzeihen
kann. Wahrscheinlich kann ich es sogar. Eines weiß ich aber inzwischen ganz genau:
Dass ich eine ganz andere Vorstellung von Freundschaft habe als du. Ich denke nicht,
dass wir
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