Ostfriesengrab
auch wieder … «
»Beruhigt euch, Kollegen. Wir werden dem Knaben jetzt ein
paar Handschellen anlegen und dann übergeben wir ihn unserer geschätzten Kollegin.«
»Und was machen wir in der Zeit?«
»Wir setzen uns hinten rein und dreschen einen Skat.«
Benningas Augen blitzten kurz auf und auch das Gesicht von Schrader erhellte sich.
»Du meinst, sie lässt uns das durchgehen?«
»Na klar. Und zurückbringen müsst ihr ihn auch nicht. Ihr könnt meinen Dienstwagen nehmen und zu Hause die Füße hochlegen. Ann Kathrin und ich bringen die wertvolle Fracht zurück nach Hamborn.«
»Ich wusste immer, dass du ein Pfundskerl bist, Frank«, lachte Benninga und klopfte Weller auf die Schulter.
Ann Kathrin saß noch immer im Dienstwagen auf dem Beifahrersitz. Durch den dichten Regen beobachtete sie die Szene. Sie hörte die Stimmen der Männer nicht und sah auch ihre Gesichter nicht. Doch ihre Körperhaltungen und Gesten verrieten ihr genug. Franks Plan war aufgegangen.
Ann Kathrins Handy klingelte. Meulings Anwältin war dran. Sie entschuldigte sich, weil sie bei dem Wetter nicht so gut vorwärtskam. Sie war erst kurz vor Emden.
»Kein Problem«, sagte Ann Kathrin und verließ den Wagen, um ihre Chance zu nutzen. Sie hielt ihr Gesicht in den Regen. Dies war genau das richtige Wetter, um dem Mörder ihres Vaters einen Schritt näher zu kommen.
Nur Weller stieg aus, um ihr zu helfen. Die Kollegen Schrader und Benninga blieben in der Fahrerkabine sitzen. Einerseits wollten sie sich nicht diesem ostfriesischen Unwetter aussetzen, andererseits hatte zumindest Schrader keine Lust, Ann Kathrin in die Augen zu sehen, denn er wusste sehr wohl, dass es seine Aufgabe gewesen wäre, jetzt bei ihr zu sein und nicht mit Weller hinten im Gefangenentransporter Skat zu spielen. Aber genau das hatte er vor.
Ann Kathrin glaubte, ein überlegenes Grinsen in Meulings Gesicht zu sehen, und eigentlich gefiel ihr das ganz gut, denn je sicherer er sich fühlte, umso unvorsichtiger würde er werden und umso leichteres Spiel würde sie mit ihm haben.
»Schönes Wetter haben Sie sich ausgesucht, Frau Kommissarin«, lachte er. »Echt Ostfriesland, was?«
»Wenn Sie erst mal in der Hölle sitzen, werden Sie sich Regen und Wind zurückwünschen, glauben Sie mir.«
Ohne jeden Protest ließ Meuling sich von Weller Handschellen anlegen.
Ann Kathrin beschloss, den Regen ab jetzt einfach zu ignorieren. Wenn man erst einmal bis auf die Haut durchnässt ist, macht es nichts mehr, dachte sie. Sie stellte sich vor, wie es wäre, heute Abend in der Badewanne zu liegen. Ein Schaumbad. Vielleicht gemeinsam mit Weller und mit einer Flasche Jever in der Hand.
Ich werde dann wissen, wie du heißt, dachte sie grimmig und sah die Bilder, wie ihr Vater mit einer Waffe am Hals vorgeführt wurde.
Sie überquerte mit Meuling die Straße zum Schloss. Der Regen hatte im Moment nur Vorteile für sie.
Ich werde mit ihm ganz alleine im Schlosspark sein, dachte sie.
Sie warf einen Euro für Meuling in die Box und schob ihn durchs Drehkreuz. Als er sich vergewissert hatte, dass sie allein und außer Sichtweite der anderen Polizeibeamten waren, veränderte sich seine Körperhaltung. Er kam Ann Kathrin bedrohlich nahe, wie sie fand. Sie machte sogar einen Schritt rückwärts, um mehr Abstand zu ihm zu gewinnen.
»Wir gehen jetzt dahin, wo wir die Leiche gefunden haben, und Sie erzählen mir, wie Sie es gemacht haben, Herr Meuling. Von wo sind Sie in den Park gekommen? Haben Sie die Tote getragen? Oder auf einer Schubkarre transportiert? Ich nehme
nicht an, dass Sie durch den offiziellen Eingang gekommen sind. Der Park ist über 30 Hektar groß. Da gibt es viele Möglichkeiten, sich unbeobachtet Zugang zu verschaffen.«
»Was soll der Scheiß?«, brüllte Meuling sie an. »Jetzt sind wir alleine. Sollen wir hier ernsthaft länger in Wind und Wetter rumstehen und uns den Tod holen? Lassen Sie uns ins Schlosscafé gehen oder sonst wohin. Einen Tee trinken und ein Schnaps wäre auch nicht schlecht. Ich denk, ihr Ostfriesen habt so’n guten Grog? Da warten wir eine Weile zusammen, und später erzählen Sie denen dann, was ich gesagt habe. War clever von Ihnen, die drei nicht mitzunehmen. Wie haben Sie das überhaupt hingekriegt? Mussten Sie mit denen in die Pfanne springen oder nehmen die einfach Geld? Und wo ist überhaupt meine Anwältin?«
Ann Kathrin atmete tief durch und kämpfte gegen den Impuls an, Meuling ins Gesicht zu schlagen. Sie packte ihn hart an
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