Ostfriesengrab
Fischbude eröffnen.«
Ann Kathrin lachte. Wahrscheinlich war das die schönste Liebeserklärung, die sie je bekommen hatte. Und sie hoffte nur, dass er es nicht bereuen würde. Gleichzeitig zweifelte sie jetzt daran, ob sie sein Angebot überhaupt annehmen konnte. Jetzt hörte sich das noch so romantisch an: gemeinsam eine Fischbude in Norddeich eröffnen. Aber sie waren keine Kaufleute, sie waren Kripobeamte mit Leib und Seele.
Vielleicht wird er mir das ewig vorwerfen, dachte sie.
Es war nicht schwer für ihn, ihre Gedanken zu erraten. Er breitete die Arme aus und versicherte: »Das wird nicht irgend so eine Fischbude, das verspreche ich dir. Unsere Bratrollmöpse werden eine Legende werden, von unseren Matjes ganz zu schweigen. Weiche Brötchen, frische Zwiebeln, ein Salatblatt und … «
Der Gefangenentransport aus Duisburg-Hamborn traf ein.
»Der Regen ist auf unserer Seite«, sagte Weller. »Lass mich nur machen. Keiner von ihnen wird jetzt Lust haben, da rauszugehen, um euch zu begleiten.«
»Du meinst … «
Weller nickte. Seine Angst, alles falsch zu machen, wich einem spitzbübischen Gefühl der Durchtriebenheit. Er sah jetzt aus wie der Schelm, der er in seiner Kindheit gern gewesen wäre, wenn sein strenger Vater ihn nicht so sehr an der kurzen Leine gehalten hätte.
»Wir müssen nicht auf die Anwältin warten, Ann. Du kannst ihn alleine haben. Jetzt. Im Regen. Da draußen. Pass auf dich auf. Wenn die Anwältin kommt, schicke ich sie hinterher.«
»Ich glaube kaum, dass sie Lust hat, mit ihren High Heels durch die matschige Wiese zu laufen«, orakelte Ann Kathrin.
»Lass dir Zeit, Ann. Ich werde die Kollegen in unserem Dienstwagen zurückschicken und ihnen sagen, dass wir den Rücktransport übernehmen. Und wenn ich es nie wieder tue.«
Obwohl er immer noch nach Erbrochenem roch, hätte sie ihn jetzt am liebsten geküsst. Sie sahen sich tief in die Augen. Noch einen Augenblick zögerte Ann Kathrin. »Bist du dir sicher, Frank? Du setzt eine Menge aufs Spiel, wenn du jetzt mit mir … «
»Wenn ich jetzt nicht tue, was mein Herz mir sagt, Ann, werde ich mich den Rest meines Lebens als Feigling und mieser Versager fühlen. Lass uns das hier gemeinsam durchziehen.«
Sie gaben sich die Hände, wie um einen Vertrag zu besiegeln.
Einmal im Leben, sagte Weller sich selbst, wirst du nicht das Vernünftige tun, Frank. Nicht das Richtige und politisch Korrekte, sondern alles auf eine Karte setzen. Volles Risiko spielen. Und vielleicht fährst du ja den Hauptgewinn ein.
Er sank bis zu den Knöcheln im Matsch ein, als er zum Gefangenentransport ging. Seine Kollegen stiegen gar nicht erst aus. Die Fahrt von Duisburg-Hamborn nach Lütetsburg bei dem Wetter hatte sie geschafft.
In der Fahrerkabine roch es nach Rauch. Weller sah grinsend darüber hinweg. Er fühlte sich merkwürdig frei und leicht. Vielleicht ein bisschen zu aufgeräumt begrüßte er seine Kollegen. Ihre mürrischen Gesichter ließen ihn hoffen.
Benninga maulte: »Wir sollen jetzt ernsthaft mit dem Scheißtypen da hinten raus in den Park? Wir haben nicht mal Regenschirme dabei.«
»Stell ich mir auch nicht witzig vor. Uniformierte Polizisten, die mit dem Regenschirm bewaffnet einen Mörder zum Tatort begleiten«, lachte Weller. »Wollen wir denn, dass das morgen im Kurier steht?«
»Wieso? Ist dieser Holger Bloem etwa auch da?«, knurrte Benninga und wischte sich das staubfeuchte Gesicht ab.
Den Artikel, den Holger Bloem über Ann Kathrin Klaasen geschrieben hatte, kannte jeder Polizeibeamte in Ostfriesland. Wer wünschte sich nicht so eine Presse! Die einen sahen es mit Neid, die anderen mit Bewunderung.
Schrader rückte ein Stückchen und machte Platz, sodass Weller vorne neben ihm sitzen konnte. Sie schlossen die Tür.
Weller zwinkerte den beiden vielsagend zu. »Jungs, das bleibt jetzt unter uns, klar? Die ganze Nummer kann Stunden dauern. Wir holen uns da den Tod weg. Und bei unserer dünnen Personaldecke können wir uns nicht noch mehr Kranke leisten.«
»Soll das heißen, wir fahren zurück und bringen den Typen bei uns in die Ausnüchterungszelle?«
»Nein. Er muss heute Abend wieder in Hamborn sein. Länger leihen die uns ihren kleinen Liebling nicht aus.«
»Aber ohne mich. Mir geht es ohnehin seit Tagen schon nicht so gut. Außerdem hab ich heute Abend … «
»Wenn mein Bankkonto so gut aussehen würde wie mein Überstundenkonto, wäre ich ein wohlhabender Mann. Es ist ein bisschen viel verlangt, dass wir den heute
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