Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
die alle rumlaufen, seit das BKA bei uns mitmischt. Die reinste Modenschau ist das bei uns in Aurich im Fischteichweg.«
Beate stellte sich anders hin. »Ja, das glaub ich gerne. Ich stelle mir das gerade bildlich vor. So eine Unterwäscheshow im Büro. Sind ja auch schwülwarme Tage. Kommt Ann Kathrin auch in Dessous zur Dienstbesprechung, oder ist das bei euch eine reine Männersache? Habt ihr so eine Art Schwulenclub gegründet?«
Rupert warf einen flüchtigen Blick auf die Armbanduhr. Auch das registrierte Beate und kommentierte bissig: »Oh, drängt die Zeit? Kann sie es gar nicht mehr abwarten, bis du sie endlich flachlegst?«
Rupert bäumte sich auf und erinnerte Beate in seiner übertriebenen Pose an den großen schwarzen Gorilla, der die blonde Jane aus Tarzans Hütte entführen möchte.
Sie kannte ihren Mann nur zu gut. Wenn ihm ihr gegenüber die Argumente ausgingen, blähte er sich gerne so auf und spielte den Brüllaffen. Die Zeiten, in denen sie das beeindruckt hatte oder gar einschüchtern konnte, waren vorbei. Jetzt erkannte sie in diesen Gesten nur seine Unsicherheit.
War er, der so gerne den Starken spielte, vielleicht nur auf der verzweifelten Suche nach einer Partnerin, die ihm zeigte, wo es langging? Vielleicht lag es an seinem schuldbewussten, unterwürfigen Ton, der gar nicht zu seiner Pose passte. Vielleicht war auch seine vorherige Haltung der Auslöser, als er suchend, mit nur einer Socke in der Hand, vor dem Nachtschränkchen kniete.
Etwas löste in ihr erneut eine Phantasie aus. Auf RTL 2 hatte sie einen Filmbericht über eine Domina gesehen. Die Dame trug eine Maske wie aus dem venezianischen Karneval und vertrat ein abenteuerliches Männerbild. Je stärker sich Männer nach außen gaben, je mehr sie den Macho spielten und beruflich aufstiegen, umso größer sei ihre Sehnsucht nach Unterordnung, behauptete sie.
Sie hatte von Chefärzten erzählt, die zu devoten Sklaven wurden und von erfolgreichen Rechtsanwälten und Architekten, die unbedingt bestraft werden wollten.
Beate sah sich jetzt in hautenger schwarzer Lederkleidung. Sie trug Highheels und eine geflochtene Lederpeitsche. Rupert kniete vor ihr und winselte um Gnade. Er sagte »Herrin« zu ihr und sah mit seinem Hundeblick zu ihr auf, während sie die Peitsche über seinen Rücken gleiten ließ, wie eine Schlange auf der Suche nach einem lebenden Organismus, der klein genug war, um von ihr verschlungen zu werden.
Die Vorstellung tat ihr gut. Wahrscheinlich, so dachte die gut erzogene Gymnasiastin in ihr, würde sie es gar nicht schaffen, die Peitsche wirklich auf sein nacktes Fleisch klatschen zu lassen. Aber der Gedanke, ihn völlig zu beherrschen, und sei es nur für einen kurzen, klar umgrenzten Zeitraum, gefiel ihr. Auf paradoxe Weise stimmte diese sado-masochistische Phantasie sie milde.
Vor ein paar Tagen hatte sie ihre alte Klassenkameradin Silke Meiser wiedergesehen. Silke war inzwischen Reiki-Meisterin geworden. Beate hatte sich bei ihr die erste Reiki-Behandlung ihres Lebens geben lassen.
Es war ein verwirrendes Erlebnis für sie gewesen. Noch immer fühlte sie sich merkwürdig durchflutet, als sei etwas in ihr in Fluss gekommen.
Vielleicht, dachte sie, ist es das, was mein Rupert braucht. Tiefe Entspannung und liebevolle Annahme.
Sie bückte sich und half ihm beim Suchen. Er glaubte, sie sei vor seiner beeindruckenden Persönlichkeit eingeknickt. Aber sie schwankte zwischen dem Wunsch, ihm seine Fremdgeherei nachzuweisen. Ganz eindeutig. Am besten mit Fotos. Und ihn dann fertigzumachen. Und deshalb würde sie der Reiki-Regel folgen, die sie von Silke gelernt hatte: Gerade heute ärgere dich nicht.
»Es kommt nicht darauf an«, hatte Silke gesagt, »den Ärger einfach zu unterdrücken. Dann staut sich nur alles auf, und man wird krank. Sondern den Ärger zulassen, sich selbst beim Ärgern beobachten, sich den Grund bewusst machen, um schließlich dieses Gefühl loszulassen. Denn die erste Reiki-Regel lautet: Gerade heute sorge dich nicht.«
Sie fand seinen sexy Slip zwischen den langen Unterhosen, nur die zweite Socke blieb verschwunden.
Er begann, sich vor ihr umzuziehen. Sie blieb stehen und genoss diese Peep-Show.
»Weißt du«, sagte Rupert fast ein bisschen verschämt, als sei es ihm peinlich, vor seiner Frau solche Intimitäten auszuplaudern, »weißt du, ich fühle mich einfach wohler, wenn ich unten drunter wertvolle Sachen trage. Das gibt mir ein gutes Gefühl im Büro, wenn alle diese Angeber
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