Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
vom BKA da ihre Willi-Wichtig-Nummer aufführen und um ihren Chef Pirouetten tanzen. Mit solchen Klamotten unten drunter«, er klatschte auf seinen Po, »da können sie mich alle mal!«
Sie lächelte verständnisvoll. »Und ich dachte schon, du betrügst mich.«
Er stupste mit dem Zeigefinger gegen ihre Nase. »Willst du mich beleidigen? Die Zeiten sind vorbei. Ich schwöre es dir!«
»Das ist auch besser für dich. Oder willst du leben wie Weller? Dem sind nach der Scheidung doch nur noch Schulden geblieben.«
»Aber Schatz, wie redest du denn?«
»Du hast es mir selbst erzählt. Er hat nur noch neunhundert Euro monatlich zur Verfügung.«
Rupert küsste seine Frau flüchtig. »Wer redet denn von Scheidung? Um Himmels willen …«
Sie sah ihrem Mann nach und fragte sich, ob sie Silkes Angebot annehmen sollte. Vielleicht war so eine Einweihung in den ersten Reiki-Grad ja genau das, was sie brauchte, um mit sich selbst klarzukommen und schließlich auch mit ihrem Mann.
Vielleicht hatte es etwas mit dem Stoff zu tun, den sie geraucht hatten, oder mit den blauen Pillen, die Benne so gerne einnahm und die seinen Augen diesen fiebrigen Glanz gaben. Jedenfalls wollte die Vögelei einfach kein Ende nehmen.
Er verrenkte sie immer wieder aufs Neue, schob sie in andere Positionen und rammelte immer weiter, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob sie Gefallen daran fand oder nicht.
Sie hätte am liebsten »Aufhören!« geschrien, aber einerseits kam sie sich spießig dabei vor, so, als dürfe sie das jetzt nicht tun und müsse eben den Preis fürs Verstecktwerden bezahlen, andererseits wollte sie aber auch keine Spielverderberin sein und war so froh, endlich einen vorzeigbaren Freund zu haben, der in ihr bereits die erwachsene Frau sah und nicht das Kind. Dann fühlte sie sich wieder geschändet, missbraucht und ausgenutzt. Die Beine taten ihr weh, der Unterleib brannte, und hinter ihr hechelte Benne neuen Rekorden entgegen.
Er sah ihre Tränen nicht, und sie vermutete, dass es ihm auch wenig ausgemacht hätte, sie weinen zu sehen. Er hatte seinen Spaß und fühlte sich großartig, während der Wohnwagen wackelte und Lucy am liebsten von der Welt verschwunden wäre.
Als er endlich genug hatte, reckte er sich nackt auf dem Bett. Er war so lang, dass seine Füße und seine Hände jeweils gegen die Wohnwagenwände stießen.
Er trommelte einen Takt. Lucy drehte ihm den Rücken zu, wagte aber noch nicht, sich schon anzuziehen. Sie hatte Angst, von ihm weggeschickt zu werden.
»Na«, fragte er, »wie war ich?«
»Toll«, sagte sie ohne jede Ironie in der Stimme. »Ein echter Knaller.«
Er grinste. »Gib mir nur eine kleine Pause, dann können wir weitermachen. Ich weiß doch, was für ein unersättliches Luder du bist. Mir musst du nichts vormachen.«
Aber dann schlief er ein, und sie blieb ganz ruhig neben ihm liegen, ohne sich zu bewegen. Sie wog ihre Möglichkeiten und Chancen ab, ihrem Schicksal zu entkommen. Auf keinen Fall durfte sie in Thomas Schachts Nähe geraten, der war jetzt zu einem reißenden Tier geworden, das ein Opfer suchte. Sie traute sich aber auch nicht, ihrem richtigen Vater oder ihrer Mutter unter die Augen zu treten. Und hier bei Benne wollte sie auch nicht bleiben.
Sie musste weg. Einfach nur weg.
Sie war noch keine vierzehn Jahre alt. Sie hatte hundertsiebzig Euro in der Tasche und wurde vermutlich längst von der Polizei gesucht.
Sie überlegte, wem sie noch vertrauen konnte. Sie ließ eine Galerie von Gesichtern an sich vorüberziehen. Klassenkameraden. Lehrerinnen. Freundinnen.
Wer würde ihr Unterschlupf gewähren? Wer hatte überhaupt die Möglichkeit dazu? Wer würde sie auf keinen Fall verraten?
Und dann stellte sie fest, dass sie keine richtigen Freunde hatte.
Lucy war wund zwischen den Beinen. Ihr Rücken schmerzte. Etwas lief aus ihr heraus und klebte widerlich zwischen ihren Schenkeln fest. Sie hätte sich zu gerne geduscht. Es gab auch eine Dusche im Wohnwagen, doch sie hatte Angst, Benne zu wecken, deshalb blieb sie einfach liegen.
Es war warm und stickig, und eine dünne Schweißschicht bedeckte ihren ganzen Körper. Sie war durstig, und ihre Zunge wurde pelzig. Sie leckte sich den Schweiß von den Handgelenken.
Die Gelassenheit einer Reiki-Meisterin besaß Beate noch nicht. Die eifersüchtige Ehefrau ging mit ihr durch, und sie folgte Rupert mit dem Wagen ihrer Freundin. Entweder hatte er sie bemerkt, oder er war tatsächlich unschuldig, denn er fuhr geradewegs in den
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