Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
lachten ihr befreiendes Lachen lauthals heraus.
Ann Kathrin fühlte sich, als seien sie unschuldig Verurteilte, denen gerade der Gefängnisausbruch gelungen war …
Danke, Frank, dachte sie, danke. Ich hab dir, verdammt nochmal, Unrecht getan.
Weller wollte zurück nach Aurich, um bei einer ersten Tatortbesprechung alle bisher bekannten Daten und Fakten zu sammeln.
Er stand draußen ans Auto gelehnt und sah sich das Institut für Pathologie an. Jetzt erinnerte ihn das Gebäude noch viel mehr an das Elternhaus von Norman Bates. Die Dachform war genauso geschnitten, es fehlte nur das heruntergekommene Motel. Weller sah sich um, als würde er es in der Taubenstraße suchen.
Er ahnte, wo Rupert war, und konnte es doch gleichzeitig nicht glauben. Hatte er wirklich diese Reinemachfrau abgeschleppt? War das eine Übersprunghandlung, weil er mit dem Anblick der Kinderleiche nicht fertig wurde, oder war er einfach nur notgeil?
Völlig egal. Sie mussten zurück. Sie hatten einen Fall zu lösen. Rupert durfte Affären haben, so viel er wollte, aber nicht während der Dienstzeit.
Weller drückte auf seinem Handy die Kurzwahltaste für Rupert.
Rupert ging auch sofort ran.
Weller schimpfte: »Hey, ich warte hier auf dich wie so ein dummer Junge! Wo bist du?«
Rupert antwortete: »Ich verstehe deine Unsicherheit. Aber ich vertrau dir vollkommen. Du schaffst das auch ohne mich. Es wird ja Zeit, dass du selbständiges Arbeiten lernst.«
»Ey, spinnst du?!«
Weller war sofort klar, dass Rupert keineswegs wirklich ihm antwortete, sondern dass seine neue Freundin neben ihm saß und er sie beeindrucken wollte, indem er sich als großer Zampano aufspielte.
»Ich erwarte deinen Bericht heute Abend auf meinem Schreibtisch. Ich werde später nochmal im Büro vorbeikommen und mir anschauen, wie du den Fall gehandelt hast. Wenn du dich jetzt klug verhältst, wird es einen positiven Eintrag in deine Personalakte geben.«
Weller sprach Klartext: »Meinetwegen kannst du während der Dienstzeit mit deiner kleinen Schnecke herummachen, solange du willst. Mich stört das nicht. Aber glaub ja nicht, dass ich hier in Oldenburg warte, bis du fertig bist. Dann musst du schon zusehen, wie du nach Hause zurückkommst.«
»Du musst einfach mehr Vertrauen in dich haben. Als ich angefangen habe, war das auch ein Riesenproblem für mich, aber Erfahrung sammelt man nur, indem man Dinge selbständig tut. Trau dich!«
»Meinst du, die ist so blöd und kauft dir den Schmus ab?«
»Ich weiß, dass ich wie ein Vater für dich bin, aber ich kann nicht immer alle Probleme für dich lösen. Wir sind fast gleich alt. Werd erwachsen!«
»Soll ich unserem Chef sagen, dass du eine Verdächtige verhörst oder …«
»Da wird dir schon was einfallen!«
»Wenn du danach entspannter bist und dich wieder auf die Arbeit konzentrieren kannst, soll’s mir recht sein.«
Weller hörte noch ein Kichern von Frauke, dann beendete er das Gespräch.
Bevor Weller über die E 22 in Richtung Aurich fuhr, hielt er am großen Einkaufscenter an. Hier vor dem Famila-Markt im Posthalterweg gab es eine Würstchenbude, die er in guter Erinnerung hatte. Nach einem Besuch im Horst-Janssen-Museum hatte er hier mit Ann Kathrin noch den versäumten Wochenendeinkauf nachgeholt, und der Duft dieser Bratwurst hatte es ihm unmöglich gemacht, einfach ins Auto zu steigen und nach Hause zu fahren.
Jetzt hielt er auf dem großen Parkplatz. Das Gelände war unübersichtlich. Er sehnte sich zurück nach kleinen Tante-Emma-Läden. Das hier hatte in seiner Fülle etwas Erschlagendes an sich. Bei zu viel Werbung und Lichtern wusste er plötzlich nicht mehr, was er eigentlich wollte und wofür er sich entscheiden sollte.
Er wollte schon umkehren, aber dann war wieder dieser Bratwurstgeruch da.
Er aß gleich zwei, und dann ging es ihm besser.
Vielleicht, überlegte er, sollte ich noch einkaufen und heute Abend für Ann und mich etwas kochen. Sie wird völlig fertig sein nach der Geschichte mit ihrer Mutter.
Er wollte etwas Leichtes für sie kochen. Er stellte sich ein Fischgericht vor.
Im Eingangsbereich gab es eine große, offene Buchhandlung. Oltmanns. Die Sehnsucht nach einem ruhigen Leseabend überkam ihn. Ja, einen guten Krimi wollte er in der Hand halten, die Füße auf dem Sofa hochlegen und vielleicht mit einem guten Tropfen Rotwein …
Wie um ihn zu locken, lagen auch noch Neuerscheinungen ostfriesischer Krimiautoren direkt im Eingangsbereich. Barbara Wendelkens »Tod an
Weitere Kostenlose Bücher