Ostseegrab
zu besuchen.
Tina hatte den Tisch auf der Terrasse gedeckt und zwischendurch Sophie und Stefan beobachtet. Sie war sich noch immer nicht sicher, ob es richtig gewesen war Hanjo anzurufen, doch Ben hatte Sophie anscheinend tatsächlich geholfen. »Kommt ihr? Das Essen ist fertig!«, rief sie den beiden zu. Sie stiegen von der Liege und kamen auf die Terrasse. »Geht es dir etwas besser?«
Sophie seufzte. »Ich weiß es nicht. Aber zumindest kann ich dir sagen, dass du einen tollen Mann hast. Er kümmert sich um Pelle. Sind die Kinder schon im Bett?«
»Nein. Sie dürfen heute ›Findet Nemo‹ gucken und vor der Glotze essen. Mit ausdrücklicher Genehmigung des Herrn Papa. So, und jetzt lass es dir schmecken.«
»Ich glaube nicht ...«
»Sophie! Du darfst nicht vom Tisch aufstehen, bevor du nicht zumindest ein Beinchen geknabbert hast. Sieh mal, dein Lieblingsessen – Butterhähnchen!« Sophie brummte und nahm sich dann eine Keule. »Iss!«
»Ja, Mum!«
Sie aß tatsächlich und trank ein Glas Wein. Tina fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte immer gedacht, dass die Freundin das große Los gezogen hatte. Sie war das bessere Model gewesen, sie hatte eine grandiose Karriere und einen berühmten Liebhaber. Sophie hatte die ganze Welt bereist, während sie auf Fehmarn Kinder stillte. Doch jetzt war Tina klar, dass sie einer der einsamsten Menschen unter der Sonne war. Und nun war auch noch ihr Pelle tot. Stefans Handy klingelte. Er nahm das Telefon und ging in den Garten. Nach fünf Minuten kam er zurück an den Tisch. »Ich muss leider nach Lübeck. Der Staatsanwalt will uns heute noch sprechen. Ingmar wird uns schön die Hölle heiß machen. Aber vorher begrabe ich Pelle. Sophie, willst du dabei sein?«
»Nein. Ich will diese Plastiktüte nicht sehen. Ich kann das nicht. Ich ...«
»Wir gehen in die Küche«, schlug Tina vor. »Nimm dein Glas mit!«
Sophie stand mechanisch auf und folgte ihr. In der Küche schenkte Tina ihr Glas nach und genehmigte sich selbst einen kleinen Schluck. »Auf Pelle! Er war wirklich der netteste Hund, den ich kannte. Er passte zu seinem Frauchen!«
Sophie lächelte matt. »Ihr seid so nett und ich komm und mach nur Schwierigkeiten.«
»Jetzt spinn doch nicht. Wir hatten doch wohl ein paar prima Tage hier, oder?«
»Ja, die hatten wir. Sei mir nicht böse, aber ich muss noch mal weg.«
»Zu Ben?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich. Danke, dass du Hanjo angerufen hast. Ben war auch ganz fertig.«
»Fertig?«
»Dass Pelle tot ist. Er ist die ganze Strecke gerannt, um mich zu trösten. Und ich war erst so gemein zu ihm. Ich erzähl dir das später. Bis dann.«
Tina hörte die Tür ins Schloss fallen. Ihr Herz pochte. Da war irgendein Fehler. Sie kam nicht drauf, aber irgendwas stimmte nicht.
Stefan ging in die Garage. Es stank bereits furchtbar und der Verwesungsgeruch hatte jede Menge Fliegen angelockt. Es wurde wirklich höchste Zeit, dass der Gute unter die Erde kam. Stefan schnappte sich schnell den Spaten und eine Schaufel und ging zu der alten Kastanie. Er zog sein Hemd aus und begann zu graben. Er fluchte leise. Das würde ein schönes Stück Arbeit werden. Die Grube musste mindestens einen Meter tief sein. Er hätte sich ein kaltes Bier mitnehmen sollen! Stefan buddelte und buddelte. Zum Glück war die Erde locker. Sein Handy klingelte wieder. Wütend warf er die Schaufel auf die Erde und nahm ab.
»Verdammt, Ingo. Was ist denn? Ich komm ja gleich.«
»Chef, wir dachten, du solltest auf dem Laufenden sein«, entschuldigte sich Ingo. »Gerdt ist die Personen alle noch mal durch und hat sie durch den Computer gejagt. Er hat da vielleicht etwas Interessantes gefunden.«
»Und zwar?«, schnaubte Stefan.
»Warte, ich reich dich weiter.«
»Hallo, Chef«, meldete sich Gerdt mit seiner viel zu hohen Stimme. Stefan wunderte sich jedes Mal, dass dieser Riesenkerl klang wie ein kleines Mädchen.
»Was gibt es denn?«
»Dieser Ben ... ähm ... seine Schwester ist ertrunken, ungefähr vor 28 Jahren.«
»Aha! Vor 28 Jahren!«
»Genau. Und die Tochter von Hanjo Peters ist auch ertrunken ... vor etwa 16 Jahren. Oliver Konrad kannte sie, diese Fenja. Er war so was wie ihr fester Teenagerfreund. Wir haben ihn verhört und alles. Der Typ ist komisch, aber wir mussten ihn, ähm wieder laufen lassen.«
Stefans Backenzähne mahlten. »Wenn du noch einmal ›ähm‹ sagst, häng ich dir ein Disziplinarverfahren an den Hals. Sonst noch was?«
»Nö!«
»Danke. Sucht weiter.
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