Ostseegrab
gehörte, vielleicht doch nicht so spießig sein musste, wie er immer befürchtet hatte. Er hatte ernsthaft überlegt ein Surferhotel zu eröffnen und Verantwortung zu übernehmen. Sarah! Nach so vielen Jahren hatte er sich tatsächlich wieder verliebt. Vorher hatte es mit keiner anderen wirklich gefunkt. Am Anfang hatte er sich fast schuldig gefühlt, so, als hätte er seine wahre Liebe verraten. Aber er war damals erst 15 gewesen. Kein Mensch würde erwarten, dass er für alle Ewigkeit allein blieb. Und seine Kleine hätte das am wenigsten gewollt. Trotzdem war er eines Nachts ans Wasser gegangen und hatte sie gebeten, ihm zu verzeihen. Er wollte frei sein für Sarah. Und nun war Sarah tot. Alles war umsonst gewesen. Er war wieder allein und stand vor demselben Problem. Wenn er nur sein Leben so aufräumen könnte wie sein Wohnmobil! Er sollte endlich damit anfangen. Er hatte sich damals geschworen, die Insel nie zu verlassen. Sie sollte immer wissen, wo er war. Aber nun? Er musste endlich aufhören, sich an Erinnerungen zu klammern. Warum konnte er nicht sein wie Ben? Einfach mal abhauen! Der schien nie zu zweifeln. Ben handelte einfach und fürchtete nie die Konsequenzen. Er wurde anscheinend mit allem fertig. Olli ärgerte sich über seine eigene Feigheit. Wenn er doch nur den Mut aufbringen könnte, endlich mal etwas zu ändern. Es würden noch andere Frauen in sein Leben treten und dann würde er alles richtig machen. Seine große Liebe würde nie zurückkehren, das war ihm nach 15 Jahren klar. Es würde kein Wunder geben. Er musste aufhören, sich schuldig zu fühlen. Er musste aufhören, eine Tote zu lieben.
Sophie versuchte, zumindest ein Brötchen zu essen. Eigentlich war sie viel zu aufgeregt. Dass auch die erste Frau nachts ertrunken war, war beunruhigend. Zwei tote Frauen in drei Tagen, das konnte doch kein Zufall sein! Antonia und Paul tobten schon durch das Esszimmer. Sophie trank den letzten Schluck Kaffee und stand auf. »Ich sollte jetzt abzischen! Ich will Pelle am Strand noch etwas müde toben, damit er keinen Mist baut, wenn ich auf dem Wasser bin.« Im selben Moment knallte es. Tina zuckte zusammen.
»Nichts passiert, Mami!«, krähte Antonia. »Pelle braucht eine Brille! Der hat den Stuhl umgerannt.«
Sophie lachte. »Das nützt auch nichts, fürchte ich. Aber es würde toll aussehen.«
»Es vergeht eigentlich kein Tag mehr, an dem nichts zu Bruch geht«, seufzte Tina. Die Kinder waren schon wieder dabei, Pelle um den Tisch zu jagen. »Sophie? Bevor du gehst ...«, Tina suchte nach den richtigen Worten. »Über eins musste ich die ganze Nacht nachdenken.Wenn ihr euch nicht mehr gesehen habt, Felix und du, dann muss er doch davon ausgehen, dass du noch schwanger bist.«
»Ja, theoretisch schon. Aber er wird sich erkundigt haben. Mach dir um ihn keine Sorgen. Er ist doch immer über alles im Bilde.«
»Ich werde seine dumme Show jedenfalls nie wieder einschalten!«
»Da sind wir ja schon zwei! Wenn das so weitergeht, wird die wegen schlechter Quote noch eingestellt.«
Tina grinste. »Was ich an dir immer bewundert habe, ist dein rabenschwarzer Humor. Ich hab dich vermisst. Versprich mir, dass wir uns in Zukunft häufiger sehen, ja?«
»Ganz bestimmt!«
»Wir fahren heute Nachmittag an den Strand. Stefan versucht, rechtzeitig zu Hause zu sein. Und heute Abend grillen wir. Sei pünktlich zurück, sonst gehst du leer aus.«
»Natürlich bin ich rechtzeitig da! Ich mach den Salat. Ich werde bestimmt Hunger haben wie ein Wolf! Außerdem habe ich Antonia und Paul doch was versprochen.«
»Ach ja, der Geheimdeal!«, erinnerte Tina sich. »Tu mir doch den Gefallen und denk dir wieder einen aus.«
»Ich werde es versuchen! Bis heute Abend!« Sie rief Pelle und verließ mit ihm das Haus. Die Sonne brannte bereits vom Himmel. Sophie öffnete das Verdeck ihres Cabriolets und stieg ein. Eigentlich sollten sie nach Gold laufen, doch sie hatte Angst, dass sie am Abend zu kaputt sein würde, um den Weg noch einmal zu gehen. Sophie gab Gas und brauste los. Sie parkte ihren Wagen auf der Wiese neben dem freien Campingplatz und lief an den Strand. Die ersten Surfer und Kiter waren bereits auf dem Wasser. Bunte Schirme zogen über den blauen Himmel und weiter draußen rasten Surfer durch die Bucht. Sophie nahm Pelles Lieblingsball aus der Jackentasche und schleuderte ihn in die See. Begeistert stürmte der braune Labrador los. Kraftvoll schwamm er dem Ball hinterher, schnappte ihn und brachte ihn
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