Ostseegrab
sah sich um. Tatsächlich, alles lief wie am Schnürchen. Ben stand hinter dem Tresen und bongte die Rechnungen für die verschiedenen Tische ein. Nebenbei flirtete er mit zwei jungen Mädchen. Olli war nun auch da. Er räumte das benutzte Geschirr von den Tischen. Hanjo fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass das Verhältnis zu dieser Sarah tiefer gegangen war. Der Verlust eines geliebten Menschen war die Hölle und er wusste das. Olli war fast wie sein eigener Sohn. Er kannte den Bengel schon so lange. Damals war er fast noch ein Kind gewesen. Die Surfschule hatte es noch gar nicht gegeben, nur sein kleines Café und ein paar Bretter und Segel, die für ein paar Stunden gemietet werden konnten. Olli war schon damals besessen gewesen von der Surferei. Er hatte sich fast täglich Surfbrett und Segel geliehen. Statt mit Geld hatte er mit kleinen Dienstleistungen bezahlt. Wasser und Wind waren schon damals seine Leidenschaft gewesen – und Fee. Er hatte Fee viel zu sehr geliebt.
15
Sophie betrat das kleine Bistro. Alle Tische waren besetzt und zumeist junge Leute in Shorts und T-Shirts ließen es sich schmecken. Es wurde geplaudert und gelacht. Die toten Frauen schienen vergessen. Pelle ging begeistert von Tisch zu Tisch und kümmerte sich um heruntergefallene Krümel. Sophie blieb stehen und sah sich nach Ben um. Er stand hinter der Theke und kassierte gerade. Dann sah er sie und winkte. »Kitekurs? Bitte hier entlang!« Sie begrüßte ihn lächelnd.
»Kaffee?«, fragte er und deutete auf die große Kanne.
»Sehr gerne!«
»Hast du schon gefrühstückt?«, fragte er und biss herzhaft in ein Marmeladebrötchen.
Sophie nickte. »Ich bin bestens vorbereitet und tatsächlich ein bisschen nervös. Was ich da gestern gesehen habe, hat an meinen Ehrgeiz appelliert. Ich habe fest vor, heute noch auf dem Brett zu stehen.«
Ben grinste. »Alles klar! Solche Schüler lieben wir! Aber sei nicht zu enttäuscht, wenn es heute noch nicht so klappt. Dann wärst du nämlich ein Naturtalent!«
Sophie wollte eben bestätigen, dass sie sicher eins war, als sie Olli rufen hörte.
»So, mal alle herhören, die an den Kursen teilnehmen!« Olli stand mitten im Bistro und hielt ein Blatt Papier in seiner Hand. »Die Anfänger kommen bitte zu mir an den Ecktisch da hinten. Nehmt euren Kaffee und eure Brötchen ruhig mit. Die Fortgeschrittenen gehen schon mal raus zum Equipment. Ben kommt gleich nach!«
Sophie nahm ihre Tasse. »Dann müssen wir wohl los.«
Ben nickte. »Hals- und Beinbruch! Bis später.«
Plötzlich trabte Pelle begeistert an ihr vorbei und verschwand in der Küche. Sie stürzte hinterher. »Pelle!«
Hanjo kam ihr entgegen. Er hatte ihren Hund am Halsband gepackt und lachte. »Ist schon gut, Mädchen. Ich kümmere mich um ihn. Mach du deinen Kurs. Pelle und ich machen ›Klar Schiff‹! Er klopfte dem Hund den Rücken. »Stimmt doch? Du reinigst den Boden und ich deck die Tische ab. Ich bin übrigens Hanjo.«
»Danke, Hanjo, aber ich warne dich. Du wirst ihn nicht mehr los! Ich bin Sophie.«
Hanjo lachte und tätschelte Pelles Kopf. Sophie ging zu ihrer Gruppe und nahm auf dem letzten freien Stuhl Platz.
»Herzlich willkommen zum Kitekurs. Hat einer von euch es schon mal probiert?«, wollte Olli wissen. Alle schüttelten schweigend den Kopf. »Schon mal gesurft?« Zwei Typen meldeten sich. »Und? Könnt ihr mir etwas über Thermik erzählen?«
Beide verneinten. »Das war im Urlaub! Nur so ein erster Versuch.«
»Gut. Im Grunde hat hier niemand eine Ahnung. Dann fangen wir von vorne an. Luv und Lee.« Er rollte ein großes Blatt Papier aus und begann verwirrende Pfeile zu zeichnen. »Es ist wichtig, dass ihr den Wind begreift. Er ist euer Antrieb. Ihr müsst lernen, ihn auszunutzen, ihn zu beherrschen. Er ist wie ein Pferd. Wenn ihr reiten könnt, geht es in eure Richtung. Könnt ihr es nicht, geht es bestenfalls, wohin es will oder es wirft euch ab. Kapiert? Ich erzähl euch jetzt, worauf es ankommt!«
Luv, Lee, Segelfläche und Windgeschwindigkeit. Die Theorie war verwirrend. Alles war tatsächlich viel komplizierter, als Sophie gedacht hatte. Sie hatte fast das Gefühl einen Pilotenschein zu machen. Nach einer Stunde hatte sie eine vage Vorstellung, was in der Praxis alles zu bedenken war.
»Also gut«, endete Olli. »Wenn wir auf dem Wasser sind, wird euch das eine oder andere noch klar werden. So, dann los! Wer keinen eigenen Anzug hat, kriegt einen von mir.«
Sie gingen
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