Ostseegrab
jemand irgendwas gehört oder gesehen oder kann uns zumindest etwas über diese Sarah Müller sagen.«
»Kannst du mir vielleicht verraten, worum es hier geht?«
Stefan atmete tief durch. »Dieser Fehmarnfall ist etwas komplizierter, als ich im ersten Moment gedacht habe.« Stefan wusste, dass er gleich eine Bombe platzen lassen würde. »Unsere Wasserleiche ist nicht in der Ostsee ertrunken, sondern im Süßwasser.«
Olli stand im hüfthohen Wasser und beobachtete seine Schüler, die mit mäßigem Erfolg mit den Drachen hantierten. Immer wieder knallten die Schirme auf die Wasseroberfläche und er musste durch die Bucht waten, um beim Start Hilfestellung zu geben und den Kite wieder in die Luft zu bringen. Zum Glück kam Sophie ziemlich gut alleine klar. Sie hat wirklich Biss, stellte er bewundernd fest. Der Kite hatte sie bereits mehrmals durchs Wasser geschleift. In ihrem Haar klebten Algen und sie musste unfreiwillig schon ein paar Liter Ostseewasser geschluckt haben. Trotzdem machte sie tapfer weiter. Nach zwei Stunden war sie die Beste. Sophie hatte kapiert, was sie beachten musste. Olli bemerkte plötzlich, dass sie aus der Ferne große Ähnlichkeit mit Sarah hatte. Sein Magen zog sich für einen Moment zusammen. Er versuchte, ruhig zu atmen. Die Schüler brauchten seine ganze Aufmerksamkeit. Er konnte jetzt nicht zusammenbrechen. Jede blonde Frau mit nassen langen Haaren in einem Neoprenanzug ähnelt ihr, sagte er sich. Und das machte es nicht leichter. Schöne tote Sarah! Das alles war so unwirklich. Vorgestern hatten sie noch zusammen am Strand gesessen. Warum hatte sie Schluss gemacht? Sie hatten sich doch super verstanden, viel gelacht und konzentriert trainiert. Was wollte sie denn mehr? Ein anderer Mann? Wer war der Kerl? Er hatte immer gehofft, dass sie eines Tages ein richtiges Paar werden würden und davon geträumt, mit ihr zusammenzuleben, sie Tag und Nacht um sich zu haben. Vielleicht hätten sie sogar irgendwann geheiratet und Kinder bekommen. Vielleicht eine kleine Tochter mit langen blonden Haaren. So ein wildes Mädchen, das eher schwimmen als laufen würde. Ein lautes Platschen riss Olli aus seinen Gedanken. Wieder lag ein Kite im Wasser. Die beiden Schüler zerrten an den Leinen, doch der Schirm klebte mit der falschen Seite auf der Wasseroberfläche. »Ich komm schon!«, brüllte Olli und setzte sich in Bewegung. Er warf noch schnell einen Blick auf Sophie. Bei ihr war alles in Ordnung. Sie flog ruhig kleine saubere Achten. Bei den beiden Anfängern angekommen, kontrollierte er die Leinen und drehte den Schirm um. Er erklärte, wie man ihn jetzt in den Wind treiben lassen sollte, bevor man ihn erneut startete. Diesmal schafften sie es. Als Olli sicher sein konnte, dass alles okay war, marschierte er zurück zu Sophie. Sie bemerkte ihn gar nicht. Ihre ganze Aufmerksamkeit war auf den blauen Schirm gerichtet.
»Hey, das läuft doch super!«
Sophie ließ den Kite nicht aus den Augen. »Ha ha!«, lachte sie ironisch. »Du weißt doch, wie oft mir das Teil schon abgeschmiert ist. Ich hatte mir das etwas einfacher vorgestellt, um ehrlich zu sein. Meine Beine fühlen sich an wie Pudding.«
»Du machst das wirklich gut. Morgen stehst du garantiert auf dem Brett!«
Sie guckte skeptisch. »Ich mache bestimmt bald schlapp. An morgen will ich gar nicht denken. Wahrscheinlich komm ich nicht aus dem Bett.«
»Unsinn! Gleich machen wir eine Mittagspause und dann geht es mit neuer Power weiter. Ich erkenn doch ein Talent. Warte, ich zeig dir noch mal eben was.« Olli stellte sich dicht hinter Sophie und nahm ihr die Bar, die Lenkstange, aus der Hand. Sein Oberkörper lehnte sich an ihren Rücken. Eine ganz normale Sache, wenn er Schülern etwas mit der Bar zeigen wollte. Doch jetzt fühlte er trotz der dicken Gummihaut, dass ihr Körper ihn nicht kalt ließ. Entschlossen lenkte er den Drachen in eine Kurve. Der Schirm bekam genug Kraft, um beide einen Meter aus dem Wasser zu heben. Sophie kreischte auf.
»Alles unter Kontrolle!«, beruhigte er sie, als sie wieder gelandet waren.
»Ich hab fast einen Herzinfarkt erlitten!«, lachte Sophie. »Ich kapiere langsam, dass der Sport süchtig machen kann.« Sie strahlte ihn an.
»Aber hast du kapiert, wie ich das gemacht habe?« Olli freute sich, dass sie so begeistert war. »Du musst ihn in einer weiten Acht nach unten ziehen. Und gleich wieder rauf. Nachher zeig ich euch, wie ihr euch so durch das Wasser ziehen lassen könnt.«
»Ich weiß schon,
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