Ostseegrab
uns ganz gut. Ich bin mir sicher, dass er sich mehr Mühe gibt, sich an Ollis Bekanntenkreis oder Ähnliches zu erinnern, wenn ich ihn drum bitte statt der Polizei.«
Stefan fragte sich, ob er sie richtig verstanden hatte. Schlug Sophie ihm ein Geschäft vor? Sie würde diesen Ben aushorchen, wenn er ihr verriet, was Ollis Problem war?
»Wenn du was weißt und es mir nicht sagst, steck ich dich in den Knast.«
»Bis jetzt weiß ich ja gar nichts. Aber ich könnte mich natürlich bemühen, etwas herauszufinden.«
Stefan zündete sich eine Zigarette an. »Ich kann dir nichts sagen! Und das weißt du auch.« Ach, zum Teufel! Stefan klopfte die Asche ab. »Gut! Stell dir einfach vor, jemand hatte ein Verhältnis mit einem Mordopfer und erwähnt das in seiner Aussage mit keinem Wort.«
»Sondern taucht ab.« Sophie schnalzte mit der Zunge. »Ich verstehe. So rein theoretisch wäre das nicht sehr clever, wenn derjenige nichts mit dem Tod seiner Freundin zu tun hätte. Aber es beweist auch nichts.«
»So, und nun ist die Plauderstunde beendet.«
Stefan ließ den Hörer auf die Gabel krachen und fluchte. Hatte er zu viel gesagt? Wahrscheinlich hatte Sophie sich die Zusammenhänge schon gedacht. Herumschnüffeln würde sie sowieso. Er konnte nur hoffen, dass sie wirklich zuerst mit ihm reden würde, falls sie von diesem Ben etwas erfahren sollte, und nicht auf die Idee kam, selbst nach Olli zu suchen.
Ben stand in der Bucht und gab einem Touristen aus Bremen Einzelunterricht. Der Typ machte sich wirklich gut. In kürzester Zeit hatte er den Bogen raus und den Kite vollkommen unter Kontrolle.
»Nicht schlecht!«, lobte Ben.
»Ich war vor zwei Jahren schon mal ziemlich weit, aber dann musste ich pausieren«, erklärte sein Schüler. »Bandscheibenvorfall.«
Ben verzog das Gesicht. »Aua! Was ist? Soll ich ein Board holen?«
»Wenn du meinst! Ich würde es schon gerne versuchen.«
Ben stiefelte an Land. Seine Gedanken drehten sich schon den ganzen Morgen nur um Sophie. Nicht mal den Namen seines Schülers hatte er sich merken können. Er musste Sophie unbedingt heute noch sehen. Er wollte wissen, woran er bei ihr war. Ob sie die Nacht bereute? Statt zum Schuppen zu gehen und das Brett zu holen, steuerte er die Hütte an und wühlte sein Handy aus der Tasche. Gut, dass sie am Morgen noch daran gedacht hatten ihre Nummern auszutauschen. Es klingelte gerade einmal. Dann hörte er ihre Stimme.
»Willst du mir plötzlich doch noch was sagen?«
Sie klang schrecklich sachlich. Ben lief es kalt den Rücken runter. »Was?«
»Ben? Sorry, ich dachte, es wäre jemand anderes«, erklärte Sophie freundlicher.
»Was ist denn los?«
»Hör mal, nur weil wir die Nacht zusammen verbracht haben, musst du nicht alles wissen.«
Ben schnappte nach Luft.
»Entschuldige! Du bist gerade der Dumme , der meinen ganzen Frust zu spüren kriegt.«
Ben wurde ruhiger. Es war alles in Ordnung. »Ist schon gut«, erklärte er erleichtert. »Ich wollte dich auch nicht stören, sondern eigentlich nur zum Abendessen einladen.«
»Sehr gern. Wann und wo dinieren wir?«
»Um halb acht auf der Terrasse vor meinem Anwesen.« Ihr wunderbares Lachen schallte durch den Hörer direkt in sein Ohr.
»Ich komme sehr gern! Sag mal, hast du überlegt, wo Olli stecken könnte?«
»Jein. Ich bin noch nicht so richtig dazu gekommen. Ich habe hier gerade Unterricht und außerdem war ich zu lange weg, um alle Freunde von Olli zu kennen. Um ehrlich zu sein, schweifen meine Gedanken auch immer wieder ab. Kann mich kaum auf den Kurs konzentrieren, wenn du verstehst.« Sophie schwieg einen Moment und er hatte Angst, dass er zu weit vorgeprescht war.
»Na, vielleicht fällt dir ja noch was ein. Ich freu mich jedenfalls auf heute Abend. Sehr sogar. Bis dann.«
Sie hatte aufgelegt. Ben seufzte und ging endlich zum Schuppen, um das Board zu holen. Er musste jetzt erst mal den Unterricht zu Ende bringen und am Nachmittag den Verleih von Surfbrettern und Kiteequipment organisieren. Dann konnte er sich auf den Abend freuen. Er konnte es kaum noch erwarten, sie wieder bei sich zu haben. Er würde sich für sie etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er würde sie überraschen. Ben lächelte. Damit würde sie nie und nimmer rechnen.
Felix stand in seinem begehbaren Kleiderschrank und wählte schlecht gelaunt die Klamotten aus, die er auf dieser elenden Vietnamreise brauchte. Bei dem Gedanken an den stundenlangen Flug wurde er so wütend, dass er die
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