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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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den schlauchartigen Beinen und dem hohlen Kopf. Sie steckte den fast leeren Oberkörper zwischen zwei Hemdknöpfen auf die Düse, pfählte ihn förmlich wie das Opfer einer mittelalterlichen Folter, und hielt ihn dann dort fest. Nichts geschah. Eine der Hände der Vogelscheuche zeigte schwach auf ein Schwungrad. Als Azador daran drehte, füllte ein Zischen den Raum.
    Der Oberkörper der Vogelscheuche schwoll als erstes an, dann blähte sich auch ihr Kopf auf. Ihre Beine entknäuelten und streckten sich, bis der Overall prall wie eine Wurstpelle war. Zuletzt drückte sich der König von Kansas mit gliederlosen Ballonarmen von der Düse herunter und wandte sich steif Renie und den anderen zu. Er zog seinen Finger aus dem Loch in seiner Brust und ließ etwas Luft entweichen, bis er seiner alten Sackgestalt wieder ein wenig ähnlicher sah, ehe er es mit Stroh aus seinem verlorenen Fuß zustopfte.
    »Was ich für Blasen hab, könnt ihr euch gar nicht vorstellen«, sagte er zur Erklärung mit einer hohen, gepreßten Stimme. »Ich kann sie mit Affenzahn aufblasen – und Affenzähne könnte ich jetzt weiß Gott gebrauchen.« Er zwinkerte, aber sein Kopf war so rund, daß das Augenlid nicht ganz zuging. »Das wird nicht lange halten, aber wenigstens so lange, bis ich dafür gesorgt habe, daß keiner von diesen Drecksäcken Smaragd gewinnt – es sei denn, einer von ihnen wollte sein Campingzelt auf Schutt und heißer Asche aufschlagen.«
    »Was hast du vor?« Renie trat näher heran und hatte gute Lust, den Strohstöpsel wieder herauszureißen. »Willst du die Stadt abbrennen? Was wird dann aus uns?«
    Die Vogelscheuche winkte ab. Ihr Grinsen, das ihre aufgeblähten Züge noch mehr straffte, quietschte regelrecht. »Das wäre nicht sehr freundlich, nachdem ihr mich gerettet habt, was? Klarer Fall, ich laß euch erst abhauen. Aber ihr geht lieber gleich, weil mir höchstens noch ein paar Minuten bleiben. Diese Bauer-Wutz-Latzhosen sind nicht gerade hundertprozentig druckdicht, wenn ihr versteht, was ich meine.«
    »Wir wissen nicht, wie wir hier rauskommen«, sagte Renie. »Gibt es… gibt es eine Übergangsstelle? Wie auf dem Fluß?«
    »Ein Gateway?« Der grinsende Mund der Vogelscheuche wurde noch breiter. »Wißt ihr nicht mal, wie die heißen? Ihr seid wirklich von ’nem andern Stern, was?«
    »Ich weiß, was ein Gateway ist«, erklärte Azador bissig. »Und ich weiß, daß du eins hier in deinem Palast hast.«
    »Palast!« Die Vogelscheuche japste und klopfte sich aufs Knie. Ein winziges Strohstaubwölkchen stob auf. »Der ist gut. Ihr hättet mal mein Cot in der richtigen Smaragdstadt sehen sollen – das war ein Palast! Das hier – liebe Güte, ich denke, es ist eine Ingenieursversion eines alten Dienstgebäudes der Nationalgarde oder so. Wir haben es billig bekommen, als wir das ganze Ding konfigurierten.«
    »Aber es gibt hier ein Gateway?« bohrte Renie nach.
    »Es gab. Oder vielmehr, es gibt es immer noch, wenn es euch nichts ausmacht, durch ungefähr zweihundert von diesen verdammten Automatenheinis zu stiefeln. Es befindet sich in meinem Thronsaal, hinter dem Wandbildschirm. Aber die Aufziehpuppen des Blechmanns haben es jetzt in der Hand, wie fast alles. Was meint ihr, wieso ich meine traurige Gestalt den ganzen Weg hierher geschleift hab?« Er hob ein paar seiner Schläuche hoch und schlenkerte sie traurig. »Ich kann’s noch gar nicht glauben, daß es nach dieser ganzen Zeit aus sein soll.«
    »Ich höre die klickenden Männer ganz in der Nähe«, meldete !Xabbu . »In dem großen Raum unter uns.«
    »Sie werden hier nicht reinkommen«, sagte die Vogelscheuche wegwerfend. »Wenn die Türen erstmal zu sind, brauchen sie Tage, um durchzubrechen.«
    »Und wie kommen wir raus?« wollte Renie wissen.
    Da ihr Hals immer noch ein wenig zu voll war, mußte die Vogelscheuche ihren ganzen Körper drehen, um sie anzuschauen. »Darüber muß ich nachdenken. Und ihr wollt ein Gateway, stimmt’s?« Sie stützte ihr formloses Kinn auf eine Hand und legte den Zeigefinger an ihre bleiche Schläfe.
    »Herrgott nochmal!« schrie Azador aus einer Ecke des Raumes. »Halt mir jemand diese Kreatur vom Leib!«
    Als Renie sich umdrehte, sah sie, wie Emily mit zitternder Lippe einen Schritt zurück tat. Das Mädchen schien endlich begriffen zu haben, daß ihre Zuwendung unerwünscht war. Renie stellte sich zwischen die beiden. »Bleib einfach in meiner Nähe«, sagte sie zu dem Mädchen.
    »Aber er war mein Herzenshenry«, sagte

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