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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Flachwagens und blickten zurück. Vom Hauptquartier der Vogelscheuche lag der innerste Teil vollkommen in Trümmern, und das übrige war von einer aufsteigenden Wolke aus Staub und dunklem Qualm weitgehend verhüllt. Auf sie ging ein feiner Regen von Asche- und Schutteilchen nieder.
    »Lieber Gott«, sagte Renie. »Er hat’s getan. Er hat sich in die Luft gejagt.«
    »Na und?« Azador spuckte aus. »Nur Deppen vergeuden ihre Zeit mit Spielen. Wir gehen jetzt lieber, solange der Feind der Vogelscheuche noch damit beschäftigt ist herauszufinden, was passiert ist.« Wie zur Veranschaulichung seiner Worte schwärmten die Tiktaks, die von der Explosion verschont worden waren, bereits von allen Seiten auf den zerstörten Palast zu, und die Strahlen ihrer Bauchlampen schnitten kreuz und quer durch die Düsternis. »Wir werden uns durch das Werk stehlen, ohne daß der Blechmann uns überhaupt bemerkt.«
    »Wieso weißt du eigentlich über das Werk Bescheid?« wollte Renie wissen. »Woher weißt du überhaupt soviel über diese ganze Simwelt?«
    Azador zuckte mit den Achseln. »Ich komm halt rum.« Er warf ihr einen mürrischen Blick zu. »Schluß mit der Fragerei. Wenn ich du wäre, würde ich mich gut mit mir stellen. Wer hat euch aus der Zelle rausgeholt? Wer kennt die Geheimnisse hier? Azador.« Er zog eine Zigarette hervor und tastete nach seinem Feuerzeug.
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit.« Renie deutete auf den Himmel. »Schau dir die Wolken an – jeden Moment kann der nächste Tornado losgehen, und der würde uns draußen im Freien erwischen.«
    Azador verzog das Gesicht, aber steckte sich die Zigarette hinters Ohr. »Na schön. Dann darfst du jetzt vorgehen.«
    Als ob ich was davon hätte, dachte Renie. Schönen Dank auch, Herr Azador. Den riesigen Güterbahnhof zu überqueren, dauerte über eine Stunde. Die offenen Stellen waren besonders gefährlich, und mehrmals konnten sie sich gerade noch in ein Versteck ducken, ehe einer der umherstreifenden Trupps mechanischer Männer sie erspähte. Als der Himmel sich immer mehr verdunkelte, glühten überall auf dem Gleisgelände orangegelbe Sicherheitslampen auf und verwandelten Güterwaggons und Stellwerke und ausrangierte Lokomotiven in unheimliche schwarze Silhouetten. Renie begriff nicht, wieso die Vogelscheuche und ihre Freunde Strom und Rechenkapazitäten für einen solchen Ort verschwendet hatten, selbst wenn sie die Elemente tatsächlich billig bekommen hatten. Sie konnte verstehen, daß jemand Oz nachbauen wollte – aber einen Güterbahnhof in Kansas?
    Das war einer der Unterschiede zwischen den Reichen und den anderen Leuten, sagte sie sich. Diese Anderlandtypen konnten in alles, was ihnen gerade in den Sinn kam, beliebig viel Geld und Arbeit investieren. Anders als normale Leute konnten sie es sich leisten, verrückt zu sein.
    Die Flüchtlinge setzten sich kurz zum Verschnaufen in einen gedeckten Güterwagen. Die vom zerstörten Hauptquartier der Vogelscheuche aufsteigenden finsteren Rauchschwaden hatten sich über den ganzen Horizont verbreitet, obwohl schwer zu sagen war, wo der Schmutzschleier aufhörte und der düstere Himmel anfing. Trotz der zunehmenden Dunkelheit war die Luft jetzt heißer als noch eine halbe Stunde zuvor.
    Von den Wänden des Güterwagens vor spähenden Augen abgeschirmt, hatte Azador sich seine Zigarette angezündet und blies Rauchringe zur niedrigen Decke empor. Er vermied es demonstrativ, die in geringer Entfernung kauernde Emily 22813, die jede seiner Bewegungen mit jammervollen Blicken verfolgte, anzusprechen oder auch nur anzuschauen.
    »Er kennt sich aus«, sagte !Xabbu leise zu Renie. »Auch wenn du ihn nicht magst, sollten wir herausfinden, ob er uns helfen kann, unsere Freunde zu finden. Je länger wir noch von ihnen getrennt sind, um so größer, glaube ich, wird die Gefahr für uns alle.«
    Renie beobachtete, wie Emily auf Azador zurutschte, die Hand so fest zur Faust geballt, daß ihre Knöchel ganz weiß waren. Zuerst dachte Renie, das Mädchen wolle ihn schlagen (wogegen sie nicht das geringste hatte, abgesehen von der Möglichkeit brutaler Vergeltung), aber Emily stieß lediglich ihre Faust vor Azadors schnauzbärtiges Gesicht. Etwas glitzerte, als sie die Hand öffnete.
    »Siehst du?« sagte Emily flehentlich. »Ich hab’s aufgehoben. Du hast gesagt, ich soll es ja nicht verlieren, und ich hab’s nicht verloren.«
    »Na klar«, hauchte Renie, während sie das kleine goldene Ding anstarrte. »Das hatte ich

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