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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einen Augenblick lang und überlegte. »Soviel kann ich dir sagen: Die Mitglieder der Gralsbruderschaft haben an Dinge gerührt, haben Dinge verletzt, die sie nicht einmal verstehen. Und aus diesem Grund haben einige sich zusammengetan, um ihnen entgegenzutreten. Wir sind der Kreis.« Er schloß die Finger der erhobenen Hand zu einem Ring und spähte mit einem scharf blickenden braunen Auge hindurch. Die Wirkung war beinahe komisch. »Wo du uns findest, findest du Sicherheit, jedenfalls soviel wir geben können, denn ganz offensichtlich bist du ein Feind unseres Feindes.«
    »Wieso?« Die Furcht, die er unterdrückt hatte, erfaßte ihn wieder. »Wieso sollten solche Leute mich überhaupt zur Kenntnis nehmen? Ich bin niemand! Ich arbeite in einem Kunstmuseum, Herrgott nochmal!«
    Jetzt, wo der Fluß schmaler wurde und die Felsen sich hoch über ihnen auftürmten, gewann das Boot an Fahrt. Im Schatten einer Trauerweide stand auf einem Felsvorsprung über dem Wasser ein verlassenes Teehaus wie ein kostbares Schmuckstück, das ein Riese dort vergessen hatte. Es war fast zu schön, dachte Paul mit einem erneuten Anflug von Panik. Zum erstenmal erkannte er, daß dieser Ort in der Tat unwirklich sein konnte, sein mußte.
    »Ich weiß nicht, womit du ihre Aufmerksamkeit erregt hast«, räumte Nandi ein. »Es hat wahrscheinlich mit der Zeit zu tun, an die du dich nicht erinnern kannst. Aber was die Gestalten betrifft, die dich durch mehrere Simulationen verfolgt haben, so zweifele ich nicht daran, daß sie Agenten des Größten der Bruderschaft sind, da du die ganze Zeit über in seinen Welten warst. Wie jetzt auch.«
    »Sie gehören alle einem einzigen Mann? Die Marswelt, das Alice-Wunderland, alle?«
    »An Reichtum mangelt es ihm nicht.« Nandis Lächeln war bitter. »Er hat sich Dutzende davon gebaut.«
    »Wie heißt er?«
    Der dunkelhäutige Mann schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Wenn wir an einen anderen Ort übersetzen, werde ich es dir sagen, aber es empfiehlt sich nicht, Worte auszusprechen, die seine Agenten gewiß mit als erste überprüfen, denn nur Personen, die von außerhalb des Systems kommen, können wissen, daß dieser Ort in Wirklichkeit einen menschlichen Schöpfer hat.« Eine Bewegung auf den Höhen über ihnen ließ Nandi scharf aufblicken, aber es war nur ein Schäfer, der eine Herde über einen Bergrücken führte. Der Mann sah nicht hinunter, aber dafür mehrere Schafe. Paul ging auf, daß er der erste Mensch außer ihnen war, den sie seit dem Eintritt in Xanadu gesehen hatten.
    »Agenten«, sagte er laut. »Also diese beiden … Dinger, die mir von einer Simulation zur nächsten folgen, waren Agenten? Von diesem Bruderschaftler beauftragt?« Er runzelte die Stirn. »Meinst du, daß die Pankies, dieses englische Ehepaar, auch Agenten waren? Sie hatten nicht im geringsten die gleiche Wirkung auf mich. Und ich habe eine ganze Nacht neben ihnen geschlafen, ohne daß etwas passiert ist.«
    »Auch darauf weiß ich keine Antwort.« Nandi mußte sich eine Weile konzentrieren, um das Boot zwischen den Felsen hindurchzusteuern, die an dieser Stelle zahlreicher wurden. Als ein freies Stück Wasser kam, fuhr er fort. »Wir haben Nachforschungen über diese Leute angestellt, aber unsere Kenntnisse sind immer noch gering – schließlich haben sie viel Arbeit und Geld investiert, damit ihre Werke geheim bleiben. Aber irgend etwas hat mit den beiden, dem Mann und der Frau, nicht gestimmt. Ich fühlte, wie die Hand meines Gottes mich berührte.« Er sagte das so schlicht und so überzeugt, als handelte es sich nur darum, daß er als erster irgendwo eine Parklücke erspäht hatte. »Wenn du den Göttern nicht vertraust – wenn du Gott nicht vertraust –, dann hast du dich selbst aufgegeben.«
    Nandi mußte sich wieder ums Steuern kümmern. Paul setzte sich auf der glatten, blanken Bank zurück und sah zu, wie die grünen Hügel und die schroffen Felswände vorbeistrichen. Er wußte kaum, wo er anfangen sollte, über all das nachzudenken. Es hätte eine ziemlich fragwürdige Filmhandlung abgegeben, und als Verlauf seines tatsächlichen und einzigen Lebens war es völlig unannehmbar. Aber auf eine entsetzliche Weise leuchtete es auch ein: Wenn man einmal akzeptiert hatte, daß es eine derart gute Simulation geben konnte, beantwortete das viele seiner übrigen Fragen.
    Er empfand sogar eine kurze Enttäuschung, als ihm aufging, daß er gar nicht den Anfang der Geschichte in der Eiszeit miterlebt hatte, sondern nur

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