Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer
Himmelsaffe kommen, wo es den himmlischen Quatsch mit Soße geben sollte. Onkel Jingle versuchte gerade mit Hilfe der Kinder einen weinenden Zoomer Zizz zu trösten, als das Kopfweh mit großer Heftigkeit wieder einsetzte.
Sie stellte wegen der messerscharf schneidenden Schmerzen die Ansprechstärke ihrer Gesichtstaktoren kleiner – es war ziemlich egal, ob Onkel Jingle sein starres Grinsen ein bißchen länger als gewöhnlich beibehielt. Sie hielt den Atem an, bis sie sich darüber im klaren war, wie schlimm es werden würde. Es war nicht ganz so stark wie einige der anderen Male. Sie würde wahrscheinlich überleben.
»Zoomer weint immer noch!« kreischte eines der kleineren Kinder, gerührt von dem kläglichen Anblick eines heulenden Zebras mit einer Bommelmütze.
Unsichtbar unter der elektronischen Maske biß Onkel Jingle die Zähne zusammen und strengte sich an, halbwegs normal zu klingen.
»Das ist doch doof – er ist doof, nicht wahr, Kinder? Wir helfen ihm, das Zippy-Zappy-Zoomermobil zu reparieren!«
Das Zustimmungsgebrüll ließ sie abermals zusammenfahren. Gott, was war das bloß? Es fühlte sich an wie ein Gehirntumor oder sowas, aber die Ärzte hatten ihr versichert, ihre Ultras seien in Ordnung.
»Nei-ei-ein!« jammerte Zoomer. »Ich werd z-z-zu spät k-kommen! Nein, nein, nein! Wir verpassen das Picknick bei König Himmelsaffe. Und es ist alles meine Schuld!« Die gestreifte Schnauze stieß ein abermaliges langes, nervtötendes Wehegeheul aus.
Onkel Jingle verdrehte die Augen. Der Zoomer Zizz, der im Augenblick dran war – Onkel Jingle meinte sich vage zu erinnern, daß dies die Schicht des Neuen in Südkalifornien war –, trieb es mit seinem Gegröle wirklich zu weit. Was bezweckte er damit? Wollte er eine eigene Serie bekommen? Er tat so, als wären ihm die Beine abgefallen. (In einer Sendung war das einem der anderen Zoomer einmal passiert, und der betreffende Schauspieler hatte der Sache eine sehr nette komische Wendung gegeben.) Diese neuen Leute hatten einfach keine Ahnung, wie man eine Szene wirkungsvoll optimierte. Alle wollten sie Stars sein und jeden Furz mit einer Pointe krönen. Und sie verstanden überhaupt nichts davon, mit Kindern zu arbeiten.
Das Kopfweh, ein Schmerz hinter dem linken Auge wie eine heiße Nadel, wurde immer schlimmer. Onkel Jingle schaute nach der Zeit. Noch zehn Minuten. In ihrem Zustand konnte sie das nicht durchstehen.
»Da dürftest du recht haben, Zoomer. Außerdem werden sie wahrscheinlich sowieso kein olles müffelndes Zebra bei ihrem Picknick haben wollen, meint ihr nicht auch, Kinder?«
Die Kinder jubelten im Chor, aber zögernd, weil sie nicht recht wußten, worauf das hinauslief.
»Eigentlich denke ich, wir lassen dich lieber hier am Straßenrand stehen und heulen, Herr Streifenpopo. Wir gehen einfach ohne dich zu dem Picknick und haben Spaß, Spaß, Spaß. Aber erstmal gucken wir uns alle die ganz spezielle Einladung an, die uns König Himmelsaffe und Königin Wolkenkatze geschickt haben. Kommt, wir gucken uns jetzt diese Einladung an, okay?« Sie räusperte sich suggestiv. »Einladung jetzt!«
Sie hielt den Atem an und blieb dran, bis einer der Techniker das Signal empfing und die Einladung abspielte – eine kurze Aufzeichnung vom Königshof, eine Showeinlage mit singenden und tanzenden Katzen und Affen. Onkel Jingle drückte ihren Krisenknopf, und die Stimme einer Technikerin flötete ihr ins Ohr.
»Was gibt’s, Frau P.?«
»Tut mir furchtbar leid, aber ich muß aufhören. Ich … mir geht’s nicht gut.«
»Na, dem Zoomer hast du ja ordentlich eine reingewürgt. Vielleicht können wir sagen, du wolltest ihm zeigen, wie albern er sich aufgeführt hat mit seinem Selbstmitleidsgetue und so.«
»Gewiß. Irgendwas halt. Roland wird bestimmt was einfallen.« Roland McDaniel war als nächster Onkel Jingle an der Reihe und hing schon einsatzbereit in den Gurten. Er mußte nur ein paar außerplanmäßige Minuten vor seiner regulären Sendezeit ausfüllen.
»Chizz. Wirst du morgen wieder auf dem Posten sein?«
»Ich weiß nicht. Doch, werde ich bestimmt.« Sie schaltete sich aus, zog den Onkel-Jingle-Stecker und wurde wieder Olga Pirofsky. Sie löste mit zitternden Händen das Gurtzeug, ließ sich zu Boden und stolperte ins Badezimmer, wo sie sich erbrach, bis sie nichts mehr im Magen hatte.
Als sie sich gewaschen und Teewasser aufgesetzt hatte, ging sie ins Schlafzimmer, um Mischa herauszulassen. Der kleine Hund mit den Fledermausohren
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