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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kann die Sauerstoffmaske nicht fühlen, aber die Tränen auf meinen Wangen – auf den nackten Wangen! – kann ich fühlen. Was geht hier vor? Renie schüttelte den Kopf, zog die Nase hoch und schämte sich, daß sie vor diesen so gut wie unbekannten Leuten die Selbstbeherrschung verloren hatte, aber wenn sie die physischen Gegenstände, die sie mit dem RL verbanden, nicht mehr fühlen konnte, dann konnte sie diese Horrorgeschichte nicht verlassen, ganz gleich wie furchtbar sie wurde. Ich bin nicht eingesteckt wie die andern. Wie kann das sein?
    »Ich weiß nicht, ob Selbsthypnose das richtige Wort ist. Posthypnotische Suggestion – du weißt schon, was ich meine. Wie es die Bühnenzauberer machen.«
    »Aber wer könnte sowas tun? Und wie?« gab Florimel zu bedenken. »Das gibt doch keinen Sinn.« Ihr Ärger klang wie Verachtung, und Renie war es gleich noch peinlicher, daß sie vor dieser Frau geweint hatte.
    »Vielleicht ist es ja das gleiche wie mein Schmerz, als ich rausgeholt wurde«, meinte Fredericks. »Aber was es auch war, es hat nicht… phantastisch weh getan. In der Phantasie – ihr wißt schon, was ich meine. Es hat echt mega weh getan.«
    »Ja, das würde durchaus passen«, sagte William. »Etwas, das zusammen mit dem Trägersignal reinflutscht, eine superstarke unterschwellige Suggestion. Wenn sie überhaupt an unsern Gehirnen was drehen können – und irgendwie müssen sie dazu in der Lage sein, sonst wären wir niemals hier aufgekreuzt, um nach Antworten zu suchen –, dann wette ich, sie können das, ohne daß wir was davon merken.«
    Renie wischte sich die Augen und putzte sich die Nase, wobei sie versuchte, die lächerlichen, unmöglichen Aspekte des Vorgangs zu ignorieren. Ein paar weitere Insekten brummten taumelnd über sie dahin, jedes im Verhältnis so groß wie ein kleiner Pkw. Sie schienen sich für die dort unten so eifrig debattierenden Menschlein nicht zu interessieren – wenigstens etwas, fand Renie, wofür man dankbar sein konnte.
    »Und was heißt das jetzt?« fragte sie laut. »Ich bilde mir nur ein, daß ich mir die Nase putze, willst du das damit sagen? So wie Fredericks hier sich nur eingebildet hat, daß ihm Schmerzen wie Elektroschocks durchs Rückgrat schossen?«
    »Hast du eine bessere Erklärung, meine Liebe?«
    Sie verengte die Augen. »Wie kommt es, daß du soviel über das alles weißt…?«
    »Renie!« rief !Xabbu vom Rand des Blattes. »Dort hinten am Ufer sind noch mehr von diesen Insekten, und ein ganzer Schwarm von ihnen fliegt auf den Fluß hinaus. Insekten dieser Art habe ich noch nie gesehen. Sind sie gefährlich, was meinst du?«
    Renie spähte zu einem der rundleibigen Geschöpfe empor, das gerade über das Blatt surrte. Obwohl seine Flügel kräftig und schillernd waren, sah es mit seiner merkwürdigen Beinhaltung und seinem plumpen Kopf eigenartig ungeformt aus.
    »Was sie auch sein mögen, sie sind frisch geschlüpft«, erklärte Florimel. »Sie fressen nichts von unserer Größe, da bin ich sicher, falls sie überhaupt etwas fressen. Sie wollen sich paaren – seht nur, wie sie tanzen!« Sie deutete auf ein Paar, das ein Stück von der Stelle entfernt, wo sie und die anderen saßen, für ihre Verhältnisse weniger als hundert Meter, einen rasanten Pas de deux aufführte.
    »Bist du Biologin?« fragte Renie. Florimel schüttelte den Kopf, aber äußerte sich nicht weiter. Bevor Renie sich entscheiden konnte, ob sie weiterfragen sollte, fuchtelte Fredericks mit den Händen herum, als ob er sich verbrannt hätte.
    »Orlando atmet nicht mehr!«
    »Was? Bist du sicher?« Renie krabbelte auf die regungslos daliegende Gestalt zu. Fredericks kniete neben seinem Freund und zerrte an seinem dickbemuskelten Arm, um ihn zu wecken.
    »Ja, bin ich, bin ich! Ich hab eben hingeschaut, und da hat er nicht mehr geatmet!«
    »Es ist ein Sim«, sagte Sweet William, aber in seiner Stimme klirrte die Angst. »Sims brauchen nicht zu atmen.«
    »Er hat aber vorher geatmet«, entgegnete Fredericks heftig. »Ich hab ihn beobachtet. Seine Brust hat sich bewegt. Er hat geatmet, und jetzt atmet er nicht mehr!«
    Renie trat an Orlandos Seite, doch da wurde sie roh von Florimel weggeschubst, die sich neben den massigen Körper kniete und mit brutalen Stößen die Brust zu bearbeiten begann.
    »Es ist ein Sim, verdammt nochmal!« schrie William. »Hast du sie noch alle?«
    »Wenn er Taktoren hat, kommt davon was rüber, wenigstens ein bißchen«, stieß Florimel zwischen

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