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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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möglich war. Für die Verlorenen war kein Bestandteil meiner ›Andern Namen‹, wie sie sagten, trivial. Sie benannten mich mit sämtlichen Detailangaben und hatten dabei so wenig Ahnung vom Kontext wie ein Hund, der seinem Herrn durch sämtliche Zimmer des Hauses hinterherläuft, während dieser die Leine sucht.
    ›Und du bist Quan Li‹, fuhr die Stimme fort. Schier erschlagen von den banalen Einzelheiten hörten wir dem Aufmarsch der Zahlen und Kürzel von Quan Lis Zugangspfad zu, der mit der Angabe schloß: ›… von einem Ort namens Immersionspalast Wellen der sanften Wahrheit in Victoria, Hongkonger Sonderverwaltungsbezirk, China, vom andern Ufer des Schwarzen Ozeans …‹
    ›Florimel Margarethe Kurnemann … aus Stuttgart in Deutschland.‹ Stur wurden jetzt Florimels Daten heruntergebetet, ein Wust von Zahlen und Kontenangaben, der kein Ende zu nehmen schien. Wir hörten alle wie gelähmt zu.
    ›Javier Rogers‹, psalmodierte die Stimme, ›von einem Ort namens Phoenix, Arizona, in den USA.‹ Erst als ich ihn resigniert aufstöhnen hörte, als ob man ihm etwas entrissen hätte, wurde mir klar, daß das T4bs richtiger Name war.
    Die Stimme der Verlorenen leierte noch minutenlang weiter und führte eine Serie von Stationen auf, die so obskur und weitschweifig klang wie eine Entdeckungsreise des sechzehnten Jahrhunderts und die T4bs vielverschlungene Route in das Otherlandnetzwerk darstellte. Als sie schließlich verstummte, hatte es uns allen die Sprache verschlagen. Ein vager Gedanke regte sich in mir, doch bevor ich ihn zu fassen bekam, ergriff die eine Stimme aus vielen Stimmen das Wort, und was sie sagte, verscheuchte alle anderen Überlegungen aus meinem Kopf.
    ›Weshalb seid ihr gekommen? Sollt ihr uns über den Weißen Ozean führen?‹
    Das verstand ich nicht. ›Über den Weißen Ozean?‹ fragte ich. ›Nicht den Schwarzen, wie ihr eben sagtet? Wir kennen keinen Weißen Ozean. Wir sind in eurem Netzwerk gefangen.‹
    ›Wir haben gewartet‹, fuhr sie fort. ›Wir sind die Verlorenen. Aber wenn wir den Weißen Ozean überqueren können, wird es ein großes Zusammenholen geben. Wir werden zuhause sein. Alles wird wieder gut werden.‹ Es lag ein schauriges, hohles Sehnen in der gemeinsamen Stimme, das mich erschütterte.
    ›Von alledem haben wir keine Ahnung‹, sagte ich ratlos. Wir verlieren Zeit, schrien meine Sinne jetzt; etwas geschah oder drohte zu geschehen, während dieser Irrsinn uns ablenkte. Ich wußte nicht, woher dieses Gefühl kam, aber es war da, und es wurde mit jedem Augenblick stärker. ›Wer seid ihr?‹ fragte ich. ›Was hat euch alle hierhergeführt? Seid ihr Kinder – die Kinder, die von dem Netzwerk gefangengenommen wurden?‹
    ›Wir sind die Verlorenen‹, sagte die Stimme laut, beinahe zornig. ›Ihr alle seid Anders, und ihr müßt uns helfen. Der Eine, der Anders ist, hat uns im Stich gelassen, und wir sind verloren … verloren …!‹ An dem Punkt zerfaserte die Stimme, und ich konnte einzelne Elemente darin schwingen hören.
    Eine Hand zupfte mich am Arm, aber ich war völlig von der Situation in Anspruch genommen und konnte für nichts anderes Aufmerksamkeit aufbringen. ›Was soll das heißen, wir sind Anders, doch der Eine, der Anders ist, hat euch im Stich gelassen? Das verstehen wir nicht!‹
    ›Der Eine, der Anders ist, hat uns hierher geführt‹, sagte die Stimme, doch jetzt waren es viele Stimmen, die dissonant durcheinanderredeten. ›Er hat uns aus der Dunkelheit des Schwarzen Ozeans hinausgeführt, aber er hat uns im Stich gelassen. Er ist gestört, er kennt und mag uns nicht mehr …‹ Einzelne Teile schienen innerhalb des Gesamtakkords der Stimme miteinander zu streiten. ›Wir müssen den Weißen Ozean finden, hinter dem großen Berg – erst da werden wir wieder ganz sein. Nur da können wir unser Zuhause finden …‹ In der Stimme traten jetzt Störungen auf, so daß sie aussetzte wie eine nicht richtig eingestellte Funkübertragung. Immer noch zog jemand an meinem Arm. Ich drehte mich um und nahm die Datengestalt von Florimel wahr.
    ›Martine, William ist weg!‹
    Im ersten Augenblick konnte ich mit der Bemerkung überhaupt nichts anfangen. ›Was ist los?‹
    ›William ist verschwunden! Die Stimmen, sie haben ihn nicht genannt – das hast du doch gehört!‹ Auch Florimel hatte Mühe, nicht die Fassung zu verlieren. ›Und jetzt ist er weg!‹
    ›Die Dings auch, die aus China die‹, fügte T4b mit vor Angst bebender Stimme

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